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Sun, Dec 22, 15:23

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<p>
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<lb n="4" xml:id="a6r_lb4"/>in Stich gelassen worden sind! Sie denken allesammt, wie es <add place="above" rend="insM" xml:id="a6r_add_d2e76">nun einmal</add> alter Philosophen-Brauch ist, <hi rend="underline">wesentlich</hi> un<pc force="weak">-</pc>
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<lb n="6" xml:id="a6r_lb6"/>wo es sich darum han<milestone unit="page" edRef="#Cb #Ed" n="3"/>delt, die Herkunft des Begriffs und Urtheils „gut“ zu ermitteln. „Man hat ursprünglich – so de<pc force="weak">-</pc>
<lb n="7" xml:id="a6r_lb7"/>kretieren sie – unegoistische Handlungen von Seiten derer gelobt und gut genannt, denen sie erwiesen wurden,
<lb n="8" xml:id="a6r_lb8"/>also denen sie <hi rend="underline">nützlich</hi> waren; später hat man diesen Ursprung des Lobes <hi rend="underline">vergessen</hi> und die unegoistischen Handlungen
<lb n="9" xml:id="a6r_lb9"/>einfach, weil sie <hi rend="underline">gewohnheitsmäßig</hi> immer als gut gelobt wurden, auch als gut empfunden – wie als ob sie an sich
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<lb n="14" xml:id="a6r_lb14"/>dieser Theorie der eigentliche Entstehungsheerd des Begriffs „gut“ an falscher Stelle gesucht und angesetzt wird: das
<lb n="15" xml:id="a6r_lb15"/>Urtheil „gut“ rührt <hi rend="underline">nicht</hi> von denen her, welchen „Güte“ erwiesen wird! Vielmehr sind es „die Guten“ selber<del rend="strikethrough" instant="true">,</del> ge<pc force="weak">-</pc>
<lb n="16" xml:id="a6r_lb16"/>wesen, das heißt die Vornehmen, Mächtigen, Höhergestellten und Hochgesinnten, welche sich selbst und ihr Thun als
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<lb n="18" xml:id="a6r_lb18"/>meinen und Pöbelhaften. Aus diesem <hi rend="underline">Pathos</hi> <hi rend="underline">der</hi> <hi rend="underline">Distanz</hi> heraus haben sie sich das Recht, Werthe zu schaffen, Na<pc force="weak">-</pc>
<lb n="19" xml:id="a6r_lb19"/>men der Werthe auszuprägen, erst genommen: was gieng sie die Nützlichkeit an! Der Gesichtspunkt der Nützlich<pc force="weak">-</pc>
<lb n="20" xml:id="a6r_lb20"/>keit ist gerade in Bezug auf ein solches heißes Herausquellen oberster rang-ord<milestone unit="page" edRef="#Cb #Ed" n="4"/>nender, rang-abhebender Werthur<pc force="weak">-</pc>
<lb n="21" xml:id="a6r_lb21"/>theile so fremd und unangemessen wie möglich: hier ist eben das Gefühl bei einem Gegensatze jenes niedrigen
<lb n="22" xml:id="a6r_lb22"/>Wärmegrades angelangt, den jede berechnende Klugheit, jeder Nützlichkeits-<hi rend="latin">Calcul</hi> voraussetzt<subst instant="true" xml:id="a6r_subst_d2e286"><del rend="overwritten">.</del><add place="superimposed" xml:id="a6r_add_d2e289">, –</add></subst> und nicht für ein<pc force="weak">-</pc>
<lb n="23" xml:id="a6r_lb23"/>mal, nicht für eine Stunde der Ausnahme, sondern für die Dauer. Das Pathos der Vornehmheit und Distanz, wie
<lb n="24" xml:id="a6r_lb24"/>gesagt, das dauernde und dominirende Gesammt- und Grundgefühl einer höheren herrschen<retrace>d</retrace>en Art im Verhältniß zu
<lb n="25" xml:id="a6r_lb25"/>einer niederen Art, zu einem „Unten“ – <hi rend="underline">das</hi> ist der Ursprung des Gegensatzes „gut“ und „schlecht“. (Das Her<pc force="weak">-</pc>
<lb n="26" xml:id="a6r_lb26"/>renrecht, Namen zu geben, geht so weit, daß man sich erlauben sollte, den Ursprung der Sprache selbst als Macht<pc force="weak">-</pc>
<lb n="27" xml:id="a6r_lb27"/>äußerung der Herrschenden zu fassen: sie sagen „das <hi rend="underline">ist</hi> das und das“, sie siegeln jegliches Ding und Geschehen
<lb n="28" xml:id="a6r_lb28"/>mit einem Laute ab und nehmen es dadurch gleichsam in Besitz.) Es liegt an diesem Ursprunge, daß das Wort
<lb n="29" xml:id="a6r_lb29"/>„gut“ sich von vornherein durchaus <hi rend="underline">nicht</hi> nothwendig an „unegoistische“ Handlungen anknüpft: wie es der Aberglaube
<lb n="30" xml:id="a6r_lb30"/>jener Moralgenealogen ist. Vielmehr geschieht es erst bei einem <hi rend="underline">Niedergange</hi> aristokratischer Werthurtheile, daß sich
<lb n="31" xml:id="a6r_lb31"/>dieser ganze Gegensatz „egoistisch“ „unegoistisch“ dem menschlichen Gewissen mehr und mehr aufdrängt – es ist, um
<lb n="32" xml:id="a6r_lb32"/>mich meiner Sprache zu bedienen, <hi rend="underline">der</hi> <hi rend="underline">Heerdeninstinkt</hi>, der mit ihm endlich zu Worte (auch zu <hi rend="underline">Worten</hi>) kommt.
<lb n="33" xml:id="a6r_lb33"/>Und auch dann dauert es noch lange, bis dieser Instinkt in dem Maaße Herr wird, daß die moralische Werth<pc force="weak">-</pc>
<lb n="34" xml:id="a6r_lb34"/>schätzung bei jenem Gegensatze geradezu hängen und stecken bleibt (wie dies zum Beispiel im gegenwärtigen Eu<pc force="weak">-</pc>
<lb n="35" xml:id="a6r_lb35"/>ropa der Fall ist: heute herrscht das Vorurtheil, welches „moralisch“, „unegoistisch“, „<hi rend="latin">désinteressé</hi>“ als gleichwerthige <milestone unit="page" edRef="#Cb #Ed" n="5"/>Be<pc force="weak">-</pc>
<lb n="36" xml:id="a6r_lb36"/>griffe nimmt, unter uns bereits mit der Gewalt einer „fixen Idee“ und Kopfkrankheit)</p>
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<p>
<lb n="38" xml:id="a6r_lb38"/>Zweitens aber: ganz abgesehn von der historischen Unhaltbarkeit jener Hypothese über die Herkunft <del rend="hatching" instant="true">jenes</del> des Werth<pc force="weak">-</pc>
<lb n="39" xml:id="a6r_lb39"/>urtheils „gut“, krankt sie an einem psychologischen Widersinn in sich selbst. Die Nützlichkeit der unegoistischen Hand<pc force="weak">-</pc>
<lb n="40" rend="flushRight" xml:id="a6r_lb40"/>lung soll </p>
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</line><line xml:id="srcD_line_a6r_lb33" start="#a6r_lb33" n="33">Und auch dann dauert es noch lange, bis dieser Instinkt in dem Maaße Herr wird, daß die moralische Werth<pc force="weak">-</pc>
</line><line xml:id="srcD_line_a6r_lb34" start="#a6r_lb34" n="34">schätzung bei jenem Gegensatze geradezu hängen und stecken bleibt (wie dies zum Beispiel im gegenwärtigen Eu<pc force="weak">-</pc>
</line><line xml:id="srcD_line_a6r_lb35" start="#a6r_lb35" n="35">ropa der Fall ist: heute herrscht das Vorurtheil, welches „moralisch“, „unegoistisch“, „<hi rend="latin">désinteressé</hi>“ als gleichwerthige <milestone unit="page" edRef="#Cb #Ed" n="5"/>Be<pc force="weak">-</pc>
</line><line xml:id="srcD_line_a6r_lb36" start="#a6r_lb36" n="36">griffe nimmt, unter uns bereits mit der Gewalt einer „fixen Idee“ und Kopfkrankheit)
<anchor corresp="#a6r_div2_GM0103"/>
</line></zone><zone xml:id="srcD_zone_a6r_div2_GM0103" start="#a6r_div2_GM0103" type="lastBlock" style="padding-bottom:5em;"><line xml:id="srcD_line_a6r_head_d2e376_a6r_lb37" start="#a6r_lb37" n="37"><zone xml:id="srcD_zone_a6r_head_d2e376_a6r_lb37" type="head"><choice corresp="#a6r_choice_d2e379"><sic change="#GM01formerVersion">4.</sic><corr change="#GM01finalVersion">3.</corr></choice>
</zone></line><line xml:id="srcD_line_a6r_lb38" start="#a6r_lb38" n="38">Zweitens aber: ganz abgesehn von der historischen Unhaltbarkeit jener Hypothese über die Herkunft <del rend="hatching" instant="true">jenes</del> des Werth<pc force="weak">-</pc>
</line><line xml:id="srcD_line_a6r_lb39" start="#a6r_lb39" n="39">urtheils „gut“, krankt sie an einem psychologischen Widersinn in sich selbst. Die Nützlichkeit der unegoistischen Hand<pc force="weak">-</pc>
</line><line xml:id="srcD_line_a6r_lb40" start="#a6r_lb40" n="40"><zone xml:id="srcD_line_a6r_lb40_flushRight_zone" type="flushRight">lung soll </zone></line><zone xml:id="srcD_zone_a6r_fw_d2e32" type="fw-bottom-left" start="#a6r_fw_d2e32"><fw type="folNumber" hand="#GSA_pencil" place="bottom-left" corresp="#a6r_fw_d2e32">6</fw></zone></zone></surface></sourceDoc></TEI>

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