<lb n="1" xml:id="b57r_lb1"/>insofern er diese „andre Welt“ bejaht, wie? muß er nicht eben damit ihr Gegenstück, diese
<lb n="2" xml:id="b57r_lb2"/>Welt, <hi rend="underline">unsre</hi> Welt <add place="inline" xml:id="b57r_add_d2e48">–</add> verneinen?… Es ist immer noch ein <hi rend="underline">metaphysischer</hi> <hi rend="underline">Glaube</hi>, auf dem un<pc force="weak">-</pc>
<lb n="3" xml:id="b57r_lb3"/>ser Glaube an die Wissenschaft ruht, – auch wir Erkennenden von Heute, wir Gottlosen und
<lb n="4" xml:id="b57r_lb4"/>Antimetaphysiker, auch wir nehmen <hi rend="underline">unser</hi> Feuer noch von jenem Brande, den ein Jahr<pc force="weak">-</pc>
<lb n="5" xml:id="b57r_lb5"/>tausende alter Glaube entzündet hat, jener Christen-Glaube, der auch der Glaube Plato’s
<lb n="6" xml:id="b57r_lb6"/>war, daß Gott die Wahrheit ist, daß die Wahrheit <hi rend="underline">göttlich</hi> ist… Aber wie, wenn <subst xml:id="b57r_subst_d2e79"><add place="above" rend="insM" xml:id="b57r_add_d2e80">dies</add><del rend="hatching">Dies</del></subst>
<lb n="7" xml:id="b57r_lb7"/>gerade immer mehr unglaubwürdig wird, wenn Nichts sich mehr als göttlich erweist, es sei
<lb n="8" xml:id="b57r_lb8"/>denn der Irrthum, die Blindheit, die Lüge, – wenn Gott selbst sich als unsre <hi rend="underline">längste</hi>
<lb n="9" xml:id="b57r_lb9"/><hi rend="underline">Lüge</hi> erweist?“ – – An dieser Stelle thut es Noth, Halt zu machen und sich lange zu be<pc force="weak">-</pc>
<lb n="10" xml:id="b57r_lb10"/>sinnen. Die Wissenschaft selber <hi rend="underline">bedarf</hi> nunmehr einer Rechtfertigung<subst xml:id="b57r_subst_d2e106"><del rend="strikethrough" cause="insM">.</del><add place="above" rend="insM" xml:id="b57r_add_d2e109"> (womit noch nicht einmal gesagt sein soll, daß es eine solche für sie giebt).</add> <del rend="hatching">Es gab bisher keine </del><add place="above" xml:id="b57r_add_d2e114">Man sehe sich auf </add>
<lb n="11" xml:id="b57r_lb11"/><del rend="hatching">Philosophie, welche im Stande gewesen wäre, dies Bedürfniß, daß</del><add place="above" rend="insM" xml:id="b57r_add_d2e120">diese Frage die ältesten und die jüngsten Philosophien an: in ihnen allen fehlt ein Bewußtsein darüber, inwiefern</add></subst> der Wille zur Wahr<pc force="weak">-</pc>
<lb n="12" xml:id="b57r_lb12"/>heit <add place="above" rend="insM" xml:id="b57r_add_d2e128">selbst erst</add> einer <milestone unit="page" edRef="#Ed" n="170"/>Rechtfertigung bedarf, <del rend="hatching">zu begreifen<add place="inline" xml:id="b57r_add_d2e135">*;</add></del> <add place="above" rend="insM" xml:id="b57r_add_d2e139">hier ist eine Lücke in jeder Philosophie</add> – woher k<subst xml:id="b57r_subst_d2e142"><del rend="overwritten">a</del><add place="superimposed" xml:id="b57r_add_d2e145">o</add></subst>m<add place="inline" xml:id="b57r_add_d2e148">mt</add> das? Weil das asketische
<lb n="13" xml:id="b57r_lb13"/>Ideal über alle Philosophie bisher <hi rend="underline">Herr</hi> war, weil Wahrheit als Sein, als Gott, als o<pc force="weak">-</pc>
<lb n="14" xml:id="b57r_lb14"/>berste Instanz selbst gesetzt wurde, weil Wahrheit gar nicht Problem sein <hi rend="underline">durfte</hi>. Ver<pc force="weak">-</pc>
<lb n="15" xml:id="b57r_lb15"/>steht man dies „durfte“? – Von dem Augenblick an, wo der Glaube an den Gott
<lb n="16" xml:id="b57r_lb16"/>des asketischen Ideals verneint ist, <hi rend="underline">giebt</hi> <hi rend="underline">es</hi> <hi rend="underline">auch</hi> <hi rend="underline">ein</hi> <hi rend="underline">neues</hi> <hi rend="underline">Problem</hi>: das vom <hi rend="underline">Wer</hi><pc force="weak">-</pc>
<lb n="17" xml:id="b57r_lb17"/><hi rend="underline">the</hi> der Wahrheit. – Der Wille zur Wahrheit bedarf einer Kritik<subst xml:id="b57r_subst_d2e201"><del rend="strikethrough" cause="insM">,</del><add place="above" rend="insM" xml:id="b57r_add_d2e204"> – bestimmen wir hiermit unsre eigene Aufgabe –,</add></subst> der Werth der
<lb n="18" xml:id="b57r_lb18"/>Wahrheit ist <add place="above" rend="insM" xml:id="b57r_add_d2e209">versuchsweise</add> einmal <hi rend="underline">in</hi> <hi rend="underline">Frage</hi> <hi rend="underline">zu</hi> <hi rend="underline">stellen</hi>… <subst xml:id="b57r_subst_d2e225"><add place="inline" seq="1" change="version0" xml:id="b57r_add_d2e226"><subst xml:id="b57r_subst_d2e227"><del rend="hatching" seq="2">(Ich bitte hierzu</del><add place="above" rend="insM" seq="2" xml:id="b57r_add_d2e230">(Wem dies zu kurz gesagt <subst xml:id="b57r_subst_d2e232"><del rend="overwritten" seq="3">ist,</del><add place="superimposed" seq="3" xml:id="b57r_add_d2e235">scheint,</add></subst> dem sei empfohlen, <add place="inline" rend="insMExt" seq="3" xml:id="b57r_add_d2e238">*jenen</add></add></subst> <del rend="hatching" seq="3">den</del> <del rend="hatching" seq="3">ganzen</del> Abschnitt </add>
<lb n="19" xml:id="b57r_lb19"/><add place="inline" seq="1" change="version0" xml:id="b57r_add_d2e249">der „fröhlichen Wissenschaft“ nachzulesen, <subst xml:id="b57r_subst_d2e251"><add place="above" rend="insM" seq="3" xml:id="b57r_add_d2e252">welcher</add><del rend="hatching" seq="3">der </del></subst></add><del rend="hatching" seq="1" change="version0"><seg type="head">25.</seg></del><add place="inline" seq="1" change="version0" xml:id="b57r_add_d2e259"> den Titel trägt: „Inwiefern auch wir noch </add>
<lb type="addLine" n="20" xml:id="b57r_lb20"/><add place="inline" seq="1" change="version0" xml:id="b57r_add_d2e263">fromm sind“<del rend="hatching">.</del> S. 260 ff.<subst xml:id="b57r_subst_d2e268"><del rend="hatching" seq="2">)</del> <add place="inline" seq="2" xml:id="b57r_add_d2e272"><add place="above" rend="insM" seq="3" xml:id="b57r_add_d2e273">am besten das ganze fünfte Buch des genannten Werks,</add> insgleichen die Vorrede zur „Morgenröthe“.)</add></subst></add></subst>
<lb n="22" rend="indent" xml:id="b57r_lb22"/>Nein! Man komme mir nicht mit der Wissenschaft, wenn ich nach dem natürlichen Anta<pc force="weak">-</pc>
<lb n="23" xml:id="b57r_lb23"/>gonisten des asketischen Ideals suche, wenn ich frage: „<hi rend="underline">wo</hi> ist der gegnerische Wille, in dem
<lb n="24" xml:id="b57r_lb24"/>sich sein <hi rend="underline">gegnerisches</hi> <hi rend="underline">Ideal</hi> ausdrückt?“ Dazu steht die Wissenschaft lange nicht genug
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