2. Frühere Manuskriptbeschreibung (H. J. Mette)</ab>
<p>„D 20: Eigenhändiges Dm. zu E 40 (auf den Seiten V-VII finden sich offenbar von Nietzsche angeordnete Korrekturen von der Hand der Frau Louise Röder-Wiederhold); 34 einseitig, 4 doppelseitig beschriebene, z. T. aus mehreren Blättern zusammengeklebte Foliobogen (Format im allgemeinen 23×36) und 67 einseitig beschriebene Quartblätter (22×17,5), mit der Paginierung I-VII, 1-102.“ (<ref target="#Mette1932">Mette, Der handschriftliche Nachlass [1932]</ref>, 13)
<note type="msDesc">Identifizierung der fremden Hand als diejenige L. Röder-Wiederholds irrtümlich, Hand von Druckerei-Mitarbeiter, N.N.</note>
</p>
<p>„D 20: Eigenhändiges Dm. zu E 40 (auf den Seiten V-VII sowie den Seiten 27 und 33 der ersten Gruppe finden sich offenbar von Nietzsche angeordnete Korrekturen von fremder Hand); 34 einseitig, 4 doppelseitig beschriebene, z. T. aus mehreren Blättern zusammengeklebte Foliobogen (Format im allgemeinen 23×36) und 67 einseitig beschriebene Quartblätter (17,5×21,5), mit der Paginierung I-VII, 1-13, 13a-c, 14-33, 1-66.“ (<ref target="#Mette1933">Mette, Sachlicher Vorbericht, BAW I [1933]</ref>, XLIVf.)</p>
<material>Folioblatt</material>, <width>22,9</width>×<height>35,9</height>, liniiert. Verso vakat. Für Bogenkorrektur auseinandergeschnitten, nachträglich auf unterlegtem Papierstreifen wieder zusammengeklebt; Papierstreifen Makulatur, auf Klebeseite mit Maschine beschrieben.</desc>
<material>Folioblatt</material>, ca. <width>23</width>×<height>12,2</height>, liniiert, Trennkante unten. Verso vakat. Rekto und Verso geringfügige Eindruckspuren einer Heftklammer (Anheftung von a18rv). Ursprünglich unterer Blattteil: a19rv.</desc>
<material>Folioblatt</material>, <width>23,2</width>×<height>15,2</height>, liniiert, Trennkante unten. Rekto und Verso geringfügige Eindruckspuren einer Heftklammer (Anheftung an a17rv). Ursprünglich Zusatzblatt zum Blatt 17rv/19rv.</desc>
<material>Folioblatt</material>, ca. <width>23</width>×<height>24,2</height>, liniiert, Trennkante oben. Verso vakat. Ursprünglich oberer Blatteil: a17rv.</desc>
<material>Folioblatt</material>, ca. <width>22,8</width>×<height>30,6</height>, liniiert, Trennkante oben. Verso vakat. Ursprünglich oberer Blattteil: Teil 1 von a29vr.</desc>
<material>Folioblatt</material>, ca. <width>22,8</width>×<height>36</height>, liniiert. Verso vakat. Für Bogenkorrektur auseinandergeschnitten, nachträglich auf unterlegtem Papierstreifen wieder zusammengeklebt; Papierstreifen Makulatur, auf Klebeseite mit Maschine beschrieben.</desc>
<material>Folioblatt</material>, ca. <width>23,3</width>×<height>18</height>, liniiert, Trennkante unten. Verso vakat. Ursprünglich unterer Blattteil: Teil 2 von a29rv.</desc>
<material>Folioblatt</material>, ca. <width>23,3</width>×<height>51,9</height>, liniiert. Vier Teile unterschiedlichen Formats zusammengeklebt, Teile 3 und 4 auf zusätzlich unterlegten Blattteil aufgeklebt; Teil 1 und unterlegter Blattteil Makulatur mit Textresten von Ns Hand. Für Bogenkorrektur auseinandergeschnitten, nachträglich auf unterlegtem Papierstreifen wieder zusammengeklebt. Verso Rostspuren einer Heftklammer (Anheftung von a40rv, vermutlich zusammen mit a41vr). Ursprünglich unterer Blattteil von Teil 1: a22vr. Ursprünglich oberer Blattteil von Teil 2: a27rv.</desc>
<material>Blatt</material>, ca. <width>12,7</width>×<height>10</height>, unliniiert, Trennkante unten. Rekto Rostspuren einer Heftklammer (Anheftung, vermutlich zusammen mit a41vr, an a29rv). Rekto und Verso Mitte unten zwei Einstichlöcher von Stecknadel (Anheftung von a41vr). Zusatzblatt zu a29r und a39r.</desc>
<material>Blatt</material>, ca. <width>12,7</width>×<height>10,5</height>, unliniiert, Risskante unten. Verso vakat. Papier mit Wasserzeichen. Rekto und Verso Mitte oben zwei Einstichlöcher von Stecknadel (Anheftung an a40vr). Zusatzblatt zu a40v.</desc>
</p><!-- Wasserzeichen wo? -->
<p>
<locus>b1rv</locus>: <desc xml:id="folDesc_b1rv">
<material>Quartblatt</material>, ca. <width>17,4</width>×<height>21,7</height>, liniiert, roter Farbschnitt, Trennkante Rekto rechts. Verso vakat.</desc>
</p><!-- Text- oder Schriftverlust? fehlt(?) nur ein Trennstrich – besser als note "minimer Schriftverlust durch Beschnitt" -->
<p>
<locus>b2rv</locus>: <desc xml:id="folDesc_b2rv">
<material>Quartblatt</material>, <width>17,3</width>×<height>21,7</height>, liniiert, roter Farbschnitt, Trennkante Rekto rechts. Verso vakat.</desc>
</p>
<p>
<locus>b3rv</locus>: <desc xml:id="folDesc_b3rv">
<material>Quartblatt</material>, <width>17,3</width>×<height>21,7</height>, liniiert, roter Farbschnitt, Trennkante Rekto rechts. Verso vakat.</desc>
</p>
<p>
<locus>b4rv</locus>: <desc xml:id="folDesc_b4rv">
<material>Quartblatt</material>, <width>17,3</width>×<height>21,7</height>, liniiert, roter Farbschnitt, Trennkante Rekto rechts. Verso vakat.</desc>
</p>
<p>
<locus>b5rv</locus>: <desc xml:id="folDesc_b5rv">
<material>Quartblatt</material>, <width>17,3</width>×<height>21,7</height>, liniiert, roter Farbschnitt, Trennkante Rekto rechts. Verso vakat.</desc>
</p>
<p>
<locus>b6rv</locus>: <desc xml:id="folDesc_b6rv">
<material>Quartblatt</material>, <width>17,3</width>×<height>21,7</height>, liniiert, roter Farbschnitt, Trennkante Rekto rechts. Verso vakat.</desc>
</p>
<p>
<locus>b7rv</locus>: <desc xml:id="folDesc_b7rv">
<material>Quartblatt</material>, <width>17,3</width>×<height>21,7</height>, liniiert, roter Farbschnitt, Trennkante Rekto rechts. Verso vakat.</desc>
</p>
<p>
<locus>b8rv</locus>: <desc xml:id="folDesc_b8rv">
<material>Quartblatt</material>, <width>17,3</width>×<height>21,7</height>, liniiert, roter Farbschnitt, Trennkante Rekto rechts. Verso vakat.</desc>
</p>
<p>
<locus>b9rv</locus>: <desc xml:id="folDesc_b9rv">
<material>Quartblatt</material>, <width>17,3</width>×<height>21,7</height>, liniiert, roter Farbschnitt, Trennkante Rekto rechts. Verso vakat.</desc>
<material>Blatt</material>, <width>12,6</width>×<height>7,9</height>, liniiert, Trennkante Rekto rechts und unten. Verso vakat. Papier mit Wasserzeichen. Mit oberer linker Ecke auf b20r geklebt. Zusatzblatt zur Bogenkorrektur, Cb8 119.</desc>
<material>Blatt</material>, <width>12,6</width>×<height>20,2</height>, unliniiert, Trennkante Rekto links. Verso vakat. Papier mit Wasserzeichen. Rekto und Verso Rostspuren von Heftklammern (Anheftung an @@@). Zusatzblatt zu b61r und b62r.</desc>
<material>Blatt</material>, <width>13,5</width>×<height>21</height>, unliniiert, Trennkante Rekto rechts. Verso vakat. Rekto und Verso Rostspuren von Heftklammern (Anheftung an @@@). Zusatzblatt zur Bogenkorrektur, Cb12 177, 179.</desc>
<material>Blatt</material>, ca. <width>12,8</width>×<height>20,3</height>, unliniiert, Trennkante Rekto links. Verso vakat. Papier mit Wasserzeichen. Rekto und Verso Rostspuren von Heftklammer (Anheftung an @@@). Zusatzblatt zu b62r und b66r.</desc>
<note type="msDesc">Als Bearbeitungsspuren werden sämtliche Ms-Eintragungen von fremder Hand verzeichnet, sofern sie nicht von N angeordnete Textänderungen oder Korrekturen betreffen und als solche in der Ts wiedergegeben sind.</note><!-- so? oder alles inkl. Setzer-Redaktionen angeben + "siehe Ts"? -->
</p><!-- Einfügungszeichen mit typesetter-black und Anstreichung dazu mit typesetter-blue auch hier vermerken? wenns im Text codiert bleibt, nicht (sonst müsste man Entsprechendes auch für andere Stellen nachtragen)??? --><!-- stilisiertes Fragezeichen mit Violettstift extra mitteilen? vgl. auch a27r, a33r -->
<p>
<locus>a29v</locus>: <desc xml:id="addDesc_a29v">Anmerkung (am oberen Rand „Schluß von Nr. 2 der zweiten Abhandlung.“), <ref target="#Koeselitz_redInk">rote Tinte, vermutlich Köselitz</ref>.</desc>
<p>Das Druckmanuskript von GM ist im Juli und August 1887 in Sils-Maria entstanden. Die Vorarbeiten (Entwürfe, Reinschriften, Dispositionen) sind offenbar zum großen Teil verloren gegangen. Laut N wurde die Schrift „rasch beschlossen“ und „gegen den 10. Juli“ begonnen (N an Köselitz, 8.8.1887). Am 17. Juli schickte N das Ms einer Abhandlung (erste Dm-Fassung, weitgehend GM I entsprechend) an seinen Verleger C. G. Naumann, vermutlich noch unter dem Titel „Jenseits von Gut und Schlecht? Eine philosophische Streitschrift“ (Titelblatt und §1 der ersten Fassung sind nicht erhalten geblieben); doch nur drei Tage später, am 20. Juli, verlangte N das Ms telegraphisch wieder zurück. Knapp zwei Wochen später, am 30. Juli, ging das inzwischen mehr als doppelt so umfangreiche Ms wieder an Naumann, mit nunmehr zwei Abhandlungen (GM I-II), einer Vorrede (GM Vorrede 1-7) und neuem Titelblatt: „Zur Genealogie der Moral. Eine Streitschrift“. Anfang August wurde mit der Drucklegung begonnen. Ungefähr zur selben Zeit muss N die dritte Abhandlung in Angriff genommen haben, deren Niederschrift schließlich bis Ende des Monats dauerte. Am 28. August sandte N das Ms von GM III sowie einen neuen Schlussabschnitt für die Vorrede (GM Vorrede 8) und das Inhaltsverzeichnis an Naumann. Im Laufe des August oder September, mitunter noch Anfang Oktober, folgten zu GM II, GM III und Vorrede 1-8 Ms-Nachträge und schriftliche Anweisungen zu Textänderungen; die verschiedenen Nachsendungen lassen sich nur ungefähr datieren, der Terminus post quem ergibt sich aus der Postaufgabe der Ms, 30. Juli (GM I-II, Vorrede 1-7, Titelblatt) und 28. August (GM III, Vorrede 8, Inhaltsverzeichnis), den Terminus ante quem stellt der Satz der jeweiligen Korrekturbogen dar, Anfang September (Bogen 4) bis Anfang/Mitte Oktober (Bogen 12 und Titelbogen). Auch noch während des Korrekturdurchgangs konnte N je nach dem größere letzte Textänderungen vornehmen. Als sich mit dem Satz von Bogen 3 am Ende der ersten Abhandlung eineinhalb leere Seiten ergaben, reichte N noch eine längere „Anmerkung“ (GM I Anmerkung) nach, die in kleineren Lettern „an den Schluß der ersten Abhandlung (in den leeren Raum daselbst) zu rücken“ war (N an Naumann, 18.8.1887). Die Korrekturen erfolgten nach dem üblichen Prozedere: Ein Korrekturbogenexemplar ging an N in Sils-Maria, ein zweites zusammen mit den entsprechenden Ms-Seiten an Köselitz in Venedig. Letzterer korrigierte den Satz anhand des Ms und nahm überdies orthographische Vereinheitlichungen vor. Das von Köselitz korrigierte Exemplar ging daraufhin an N, der sodann die eigenen Korrekturen und Textänderungen aus seinem Exemplar in das Köselitz’sche Exemplar übertrug. Das um die eigenen Korrekturen und Änderungen ergänzte Köselitz’sche Exemplar schickte N dann als „druckfertig“ zurück an Naumann. Das Prozedere vereinfachte sich, als N ab dem 21. September bei Köselitz in Venedig weilte und sie die restlichen Bogen (Bogen 7-12 und Titelbogen) gemeinsam erledigen konnten. Die Korrekturen dauerten schließlich vom 9. August bis zum 19. Oktober. Am 5. Oktober sandte N noch einen Ms-Nachtrag mit einem neuen Abschnitt 8 für die Vorrede an Naumann, so dass sie neun Abschnitte umfasst hätte, doch N erklärte den Nachtrag noch am gleichen Tag für ungültig. Die ersten fertigen Exemplare für N und Köselitz verschickte die Druckerei am 10. November.</p>
<p>Vorstufen (Vs): Überlieferung nur sehr lückenhaft, vereinzelte Vs in N VII 2, N VII 3, W I 2, W I 8, Mp XV, Mp XVI, Mp XVII, BW 177, BW 272.</p>
<p xml:id="Cb">Korrekturbogen (Cb): <ref target="K11.xml">K 11</ref> (Mette-Signatur), drei Bogen: Bogen 1 in doppelter Ausführung, Bogen 10 ohne Korrekturen.</p>
<ab>
<list>
<item xml:id="Cb1">Bogen 1, S. 1-16 (GM I 1-10), zwei Korrekturexemplare überliefert: <ref target="K11.xml#Cb1a">Cb1a</ref> mit Korrekturen von Ns Hand, <ref target="K11.xml#Cb1b">Cb1b</ref> mit Korrekturen von Köselitz’ und Ns Hand.</item>
<item xml:id="Cb2">Bogen 2, S. 17-32 (GM I 10-15), nicht überliefert.</item>
<item xml:id="Cb3">Bogen 3, S. 33-48 (GM I 15-17, GM II Titelblatt, GM II 1-4), nicht überliefert.</item>
<item xml:id="Cb4">Bogen 4, S. 49-64 (GM II 4-11), nicht überliefert.</item>
<item xml:id="Cb5">Bogen 5, S. 65-80 (GM II 11-17), nicht überliefert.</item>
<item xml:id="Cb6">Bogen 6, S. 81-96 (GM II 17-25; S. 95, in Ed GM III Titelblatt, war in Cb6 sehr wahrscheinlich noch eine Vakatseite), nicht überliefert.</item>
<item xml:id="Cb7">Bogen 7, S. 97-112 (GM III 1-8), nicht überliefert.</item>
<item xml:id="Cb8">Bogen 8, S. 113-128 (GM III 8-13), nicht überliefert.</item>
<item xml:id="Cb9">Bogen 9, S. 129-144 (GM III 13-17), nicht überliefert.</item>
<item xml:id="Cb10">Bogen 10, S. 145-160 (GM III 17-22), Korrekturexemplar nicht überliefert; ein Exemplar ohne Korrekturen überliefert: <ref target="K11.xml#Cb10">Cb10</ref>.</item>
<item xml:id="Cb11">Bogen 11, S. 161-176 (GM III 22-26), nicht überliefert.</item>
<item xml:id="Cb12">Bogen 12 (½ Bogen), S. 177-[184] (GM III 26-28, Inhaltsverzeichnis, Impressum), nicht überliefert.</item>
<item xml:id="CbTitel">Titelbogen, S. [I]-[XVI] (Titelblatt, Vorrede 1-8, Titelblatt GM I), nicht überliefert.</item>
</list>
</ab>
<p xml:id="Ed">Erstdruck (Ed): <ref target="E40.xml">E 40</ref> (Mette-Signatur): Zur Genealogie der Moral. Eine Streitschrift. Leipzig: C. G. Naumann 1887.</p>
<p>Handexemplar (He): Exemplar offenbar verschollen. In KSA 14, 380 wurden zu GM III 5 eine Textänderung und die Streichung eines Satzes als die einzigen zwei Varianten aus „He“ mitgeteilt, ein entsprechendes Handexemplar von GM ist aber nicht mehr aufindbar. Möglicherweise handelte es sich dabei um das vermisste GM-Exemplar mit der HAAB-Signatur C 4621, allerdings enthielt dieses Exemplar gemäß dem „Zugangs- und Abgangsverzeichnis der Abt. C = Nietzsche-Bibliothek“ (1956-1966) offenbar keine Korrekturen von Ns Hand (vgl. auch Sommer, Nietzsche-Kommentar 5/2, 4). Der Text in den verschiedenen Ausgaben des N-Archivs folgte ab 1899 (GA VII, ed. A. Seidl) der besagten Textänderung für GM III 5, ebenso MusA XV (1925).</p><!-- br: die erste Stelle, eine Ersetzung (statt "Eliminiren wir …" "die Heren Künstler…"), im Text von GA (Seidl, 1899) und KA (Gast, 1904) übernommen! Die zweite Stelle, die Streichung eines Satzes, nirgends übernommen! Daraus folgt doch, dass es dieses He sehr wahrscheinlich gegeben hat! ps. C 4621 war bei der HAAB-Bestandsaufnahme 1956 offenbar noch vorhanden!) @@@@@Kommentar machen zu Ed GM III 5!!!@@@@@ -->
<p>Weitere Ausgaben (alle Leipzig: C. G. Naumann):</p>
<item>Vierte Auflage 1894 und fünfte Auflage 1896, Nachbericht F. Koegel, <ref target="#GAK">GAK</ref> VII (JGB/GM).</item>
<item>6. und 7. Tausend 1899, Nachbericht A. Seidl, <ref target="#GA">GA</ref> VII (JGB/GM).</item>
<item>8. und 9. Tausend 1899, Nachbericht A. Seidl, <ref target="#KA">KA</ref> VII (JGB/GM).</item>
<item>11. und 12. Tausend 1902, Nachbericht P. Gast [H. Köselitz], <ref target="#KA">KA</ref> VII (JGB/GM).</item>
<item>13. und 14. Tausend 1903, Nachbericht P. Gast [H. Köselitz], <ref target="#GA">GA</ref> VII (JGB/GM).</item>
<item>18. bis 27. Tausend 1906, Nachbericht E. Förster-Nietzsche, <ref target="#TA">TA</ref> 8 (JGB/GM/Aus dem Nachlaß 1885/86).</item>
</list>
</ab>
</history>
</msDesc>
<listBibl>
<head>
5. Bibliographie</head>
<bibl xml:id="Deussen1887">Paul Deussen: Die Sûtra’s des Vedânta oder die Çârîraka-Mîmânsâ des Bâdarâyana nebst dem vollständigen Commentare des Çankara. Aus dem Sanskrit übersetzt. Leipzig: F. A. Brockhaus 1887. (BN)</bibl>
<bibl xml:id="Doudan1877">X[iménès] Doudan: Mélanges et lettres. Avec une introduction par M. le Comte D’Haussonville et des notices par Mme. de Sacy Cuvillier-Fleury. Band IV. Paris: Calmann Lévy 1877.</bibl><!-- vgl. b66r -->
<bibl xml:id="Gast1908">Peter Gast [Heinrich Köselitz] (Hg.): Friedrich Nietzsches Briefe an Peter Gast. 2. Auflage. Leipzig: Insel 1908.</bibl>
<bibl xml:id="Mette1932">Hans Joachim Mette: Der handschriftliche Nachlass Friedrich Nietzsches. Sechste Jahresgabe der Gesellschaft der Freunde des Nietzsche-Archivs. Leipzig: Richard Hadl 1932.</bibl>
<bibl xml:id="Mette1933">Hans Joachim Mette: Sachlicher Vorbericht zur Gesamtausgabe der Werke Friedrich Nietzsches. In: Friedrich Nietzsche: Werke und Briefe. Historisch-kritische Gesamtausgabe. Werke. Band I. München: C. H. Beck’sche Verlagsbuchhandlung 1933 [=BAW I], XXXI-CXXVI.</bibl>
<bibl xml:id="Mueller1870">[Friedrich von Müller:] Goethes Unterhaltungen mit dem Kanzler Friedrich v. Müller. Herausgegeben von C[arl] A[ugust] H[ugo] Burkhardt. Stuttgart: J. G. Cotta’sche Buchhandlung 1870. (BN)</bibl><!-- vgl. b5r -->
<bibl xml:id="Dm_bibl">[Friedrich Nietzsche:] Druckmanuskript zu Zur Genealogie der Moral. Eine Streitschrift. Leipzig: C. G. Naumann 1887 (Mette-Signatur: D 20; GSA-Signatur: 71/27,1, 71/27,2). Aufbewahrungsort: Goethe- und Schiller-Archiv, Weimar. [=Dm]</bibl>
<bibl xml:id="Cb_bibl">[Friedrich Nietzsche:] Zur Genealogie der Moral [Korrekturbogenexemplar] (Mette-Signatur: K 11; HAAB-Signatur: C 4616). Aufbewahrungsort: Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Weimar. [=Cb]</bibl>
<bibl xml:id="Ed_bibl">Friedrich Nietzsche: Zur Genealogie der Moral. Eine Streitschrift. Leipzig: C. G. Naumann 1887 (Mette-Signatur: E 40) [=Ed]. Exemplar HAAB: ed. cit. (HAAB-Signatur: C 4620). Aufbewahrungsort: Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Weimar.</bibl>
<bibl xml:id="GAG">[Friedrich Nietzsche:] Nietzsche’s Werke. Herausgegeben von Peter Gast [Heinrich Köselitz]. Leipzig: C. G. Naumann 1892-1894 (nach 7 Bänden abgebrochen). [=GAG]</bibl>
<bibl xml:id="GAK">[Friedrich Nietzsche:] Nietzsche’s Werke [Großoktavausgabe]. Herausgegeben von Fritz Koegel. Leipzig: C. G. Naumann 1895-1897 (nach 12 Bänden abgebrochen). [=GAK]</bibl>
<bibl xml:id="GA">[Friedrich Nietzsche:] Nietzsche’s Werke [Großoktavausgabe]. Herausgegeben vom Nietzsche-Archiv. Leipzig: C. G. Naumann, [ab 1910:] Alfred Kröner 1899-1913/1926. [=GA]</bibl>
<bibl xml:id="KA">[Friedrich Nietzsche:] Nietzsche’s Werke [Kleinoktavausgabe]. Herausgegeben vom Nietzsche-Archiv. Leipzig: C. G. Naumann, [ab 1910:] Alfred Kröner 1899-1912. [=KA]</bibl>
<bibl xml:id="TA">[Friedrich Nietzsche:] Nietzsche’s Werke. Taschen-Ausgabe. Herausgegeben von Elisabeth Förster-Nietzsche. Leipzig: C. G. Naumann 1906. [=TA]</bibl>
<bibl xml:id="MusA">Friedrich Nietzsche: Gesammelte Werke. Musarionausgabe. Herausgegeben von Richard Oehler, Max Oehler und Friedrich Chr. Würzbach. München: Musarion 1920–1929. [=MusA]</bibl>
<bibl xml:id="KGW">[Friedrich] Nietzsche: Werke. Kritische Gesamtausgabe. Herausgegeben von Giorgio Colli und Mazzino Montinari, weitergeführt von Volker Gerhardt, Norbert Miller, Wolfgang Müller-Lauter und Karl Pestalozzi. Berlin/New York/Boston: Walter de Gruyter 1967ff. [=KGW]</bibl>
<bibl xml:id="KGB">[Friedrich] Nietzsche: Briefwechsel. Kritische Gesamtausgabe. Begründet von Giorgio Colli und Mazzino Montinari, weitergeführt von Norbert Miller und Annemarie Pieper. Berlin/New York: Walter de Gruyter 1975-2004. [=KGB]</bibl>
<bibl xml:id="KSB">Friedrich Nietzsche: Sämtliche Briefe. Kritische Studienausgabe. Herausgegeben von Giorgio Colli und Mazzino Montinari. München: Deutscher Taschenbuch Verlag und Berlin/New York: Walter de Gruyter 1986. [=KSB]</bibl>
<bibl xml:id="KSA">Friedrich Nietzsche: Sämtliche Werke. Kritische Studienausgabe. Herausgegeben von Giorgio Colli und Mazzino Montinari. München: Deutscher Taschenbuch Verlag und Berlin/New York: Walter de Gruyter 1988 (2., durchgesehene Auflage). [=KSA]</bibl>
<bibl xml:id="Schaberg2002">William H. Schaberg: Nietzsches Werke. Eine Publikationsgeschichte und kommentierte Bibliographie. Übersetzt von Michael Leuenberger. Basel: Schwabe 2002.</bibl>
<bibl xml:id="Sommer2019">Andreas Urs Sommer: Kommentar zu Nietzsches Zur Genealogie der Moral. Berlin/Boston: De Gruyter 2019. (Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken. Herausgegeben von der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. [=Nietzsche-Kommentar] Band 5/2.)</bibl>
</listBibl><!-- fehlt noch: GA, GAG, GAK -->
<!-- <bibl xml:id="KSA5">Friedrich Nietzsche: Sämtliche Werke. Kritische Studienausgabe. Herausgegeben von Giorgio Colli und Mazzino Montinari. Band 5: Friedrich Nietzsche: Jenseits von Gut und Böse. Zur Genealogie der Moral. München: Deutscher Taschenbuch Verlag und Berlin/New York: Walter de Gruyter 1988 (2., durchgesehene Auflage). [=KSA]</bibl> -->
<!-- <bibl xml:id="KSA14">Friedrich Nietzsche: Sämtliche Werke. Kritische Studienausgabe. Herausgegeben von Giorgio Colli und Mazzino Montinari. Band 14: Kommentar zu den Bänden 1-13. München: Deutscher Taschenbuch Verlag; Berlin/New York: Walter de Gruyter 1988 (2., durchgesehene Auflage). [=KSA 14]</bibl> -->
<!-- <bibl xml:id="KGWVI2">[Friedrich] Nietzsche: Werke. Kritische Gesamtausgabe. Herausgegeben von Giorgio Colli und Mazzino Montinari. Band VI 2: Friedrich Nietzsche: Jenseits von Gut und Böse. Zur Genealogie der Moral. (1886-1887). Berlin: Walter de Gruyter 1968. [=KGW]</bibl> -->
<list>
<head>6. Siglen und Abkürzungen</head>
<item>
<abbr>GSA</abbr>
<expan>Goethe- und Schiller-Archiv, Weimar</expan>
</item>
<item>
<abbr>HAAB</abbr>
<expan>Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Weimar</expan>
</item>
<item>
<abbr>N-Archiv</abbr>
<expan>Nietzsche-Archiv, Weimar</expan>
</item>
</list>
<list>
<item>
<abbr>BAW</abbr>
<expan>Beck’sche historisch-kritische Gesamtausgabe Werke (ed. Stiftung N-Archiv)</expan>
</item>
<item>
<abbr>GA</abbr>
<expan>Großoktavausgabe (ed. N-Archiv)</expan>
</item>
<item>
<abbr>GAG</abbr>
<expan>Gesamtausgabe (ed. Gast)</expan>
</item>
<item>
<abbr>GAK</abbr>
<expan>Großoktavausgabe (ed. Koegel)</expan>
</item>
<item>
<abbr>KA</abbr>
<expan>Kleinoktavausgabe (ed. N-Archiv)</expan>
</item>
<item>
<abbr>KGW</abbr>
<expan>Kritische Gesamtausgabe Werke (ed. Colli/Montinari)</expan>
</item>
<item>
<abbr>KGW IX</abbr>
<expan>Kritische Gesamtausgabe Werke, Abteilung IX (ed. Haase et al.)</expan>
<change xml:id="preliminaryContext1">Trotz großer verlegerischer Bemühungen enttäuschende Verkaufszahlen von JGB, von Naumann vermutlich <date notAfter="1887-06-05" cert="high">Anfang Juni 1887</date> mitgeteilt.</change>
<change xml:id="preliminaryContext2">Biographische Nachfragen zu Ns Großmutter väterlicherseits durch die Weimarer Goethe-Forschung, <date when="1887-07-06">6. Juli 1887</date>.</change>
<change xml:id="GM01beginning">Beginn der Arbeiten an GM laut N ca. <date when="1887-07-10">am 10. Juli 1887</date>.</change>
<change xml:id="GM01redivision">Im Zug der ersten Niederschrift Zwischenrevision von GM I 4-7: Vereinigung von §5 und 6 zu §5 (später GM I 4), Umnummerierung von §7-9 zu 6-8 (später GM I 5-7), Fortsetzung mit §9ff. (später GM I 8ff.), vermutlich <date notBefore="1887-07-10" notAfter="1887-07-15" cert="medium">kurz vor oder um Mitte Juli 1887</date>.</change>
<change xml:id="GM01formerVersion">Erste Dm-Fassung, ca. vom 10. bis 17. Juli 1887 entstanden, <date when="1887-07-17">am 17. Juli 1887</date> an Naumann geschickt. Abhandlung in 18 Abschnitten, Titel vermutlich „Jenseits von Gut und Schlecht? Eine philosophische Streitschrift“; Titelblatt und §1 nicht erhalten geblieben, §2-18 weitgehend GM I 1-17 entsprechend. Von der Druckerei unbearbeitet geblieben, da von N umgehend wieder zurückverlangt.</change>
<change xml:id="GM01MsBack">Dm (erste Dm-Fassung vom 17. Juli 1887) <date when="1887-07-20">am 20. Juli 1887</date> telegraphisch von Naumann zurückverlangt.</change>
<change xml:id="TertullianPassage">Nachtrag der Tertullian-Stelle in GM I 15, <date notBefore="1887-07-20" notAfter="1887-07-29">nach dem 20. Juli, vor Ende Juli 1887</date>. In der ersten, am 17. Juli an Naumann geschickten Dm-Fassung mit Hinweis für den Setzer (a17r: „<hi rend="underline">Lücke</hi>.“) ausgelassen, da N den Tertullian-Text nicht zur Hand hatte. Mit dem Brief vom 17. Juli bei F. Overbeck um den Text nachgefragt und diesen vermutlich nur wenige Tage später zugeschickt bekommen. Ns Abschrift daraufhin von ihm selbst als eingelegtes Blatt (a18rv) dem wahrscheinlich kurz nach dem 20. Juli zurückerhaltenen Dm hinzugefügt.</change>
<change xml:id="GM01finalVersion">Finale Version von GM I, <date notBefore="1887-07-20" notAfter="1887-07-29">nach dem 20. Juli, vor Ende Juli 1887</date>. Entfernung von ursprünglichem Titelblatt und §1 der ersten Dm-Fassung (beides nicht erhalten geblieben); Umnummerierung von §2-18 zu GM I 1-17, in Dm nur bei der ersten Nummer eigenhändig ausgeführt.</change>
<change xml:id="GM02abortedVersion">Erste Version von GM II, nach §1-11 abgebrochen, <date notBefore="1887-07-20" notAfter="1887-07-29">nach dem 20. Juli, vor Ende Juli 1887</date>. Nur fragmentarisch erhalten geblieben, weitgehend GM II 3-5, GM II 8 und GM II 12-13 sowie teilweise GM II 6 und GM II 11 entsprechend.</change>
<change xml:id="GMdefiniteTitle">Erstmalige Erwähnung des definitiven Titels „[Z]ur Genealogie der Moral. Eine Streitschrift“, Postkarte an Köselitz vom <date when="1887-07-24">24. Juli 1887</date>.</change>
<change xml:id="GM02revision">Um- und Ausarbeitung mit neuer, <ref target="#N_brown">brauner Tinte</ref> von §1-11 der abgebrochenen ersten Version zu GM II 1-13, gegen <date notBefore="1887-07-20" notAfter="1887-07-29">Ende Juli 1887</date>. Ersetzung von §1, §2 und §7 durch GM II 1, 2 und 7, Erweiterung, Ergänzung und gegebenenfalls Umnummerierung von §6 zu GM II 6 und §9-11 zu GM II 11-13, zwei neue Abschnitte hinzugefügt mit GM II 9-10.</change>
<change xml:id="GM02completion">Niederschrift mit <ref target="#N_brown">brauner Tinte</ref> von GM II 14-24 im Anschluss an die Umarbeitung mit <ref target="#N_brown">brauner Tinte</ref> von GM II 1-13, gegen <date notBefore="1887-07-20" notAfter="1887-07-29">Ende Juli 1887</date>.</change>
<change xml:id="GMfrontRecord">Niederschrift mit <ref target="#N_brown">brauner Tinte</ref> von GM Vorrede 1-7 und Titelblatt, nach oder während der Vollendung von GM II 1-24, gegen <date notBefore="1887-07-20" notAfter="1887-07-29">Ende Juli 1887</date>.</change>
<change xml:id="GM01-02finalVersion">Dm von GM I-II <date when="1887-07-30">am 30. Juli 1887</date> an Naumann geschickt: Titelblatt, Vorrede 1-7, GM I, GM II 1-24.</change>
<change xml:id="GM02belatedMod">Nachträgliche Textänderungen zu Dm GM II, teilweise von Druckerei-Mitarbeiter in Dm eingetragen; Ns schriftliche Anordnungen nur zum Teil überliefert. Genauer Zeitpunkt nicht ermittelt, <date notBefore="1887-07-31" notAfter="1887-09-30">frühestens Ende Juli, spätestens Anfang September 1887</date>.</change>
<change xml:id="GMVorrede06-07belatedMod">Nachträgliche Textänderungen zu Dm GM Vorrede 6-7, von Druckerei-Mitarbeiter in Dm eingetragen; Ns schriftliche Anordnungen nicht überliefert. Genauer Zeitpunkt nicht ermittelt, <date notBefore="1887-07-31" notAfter="1887-10-15">frühestens Ende Juli, spätestens Anfang/Mitte Oktober 1887</date>.</change>
<change xml:id="proofreading">Bogenkorrektur zu GM I-II, GM III und Titelei inklusive Vorrede <date from="1887-08-09" to="1887-10-19">von 9. August bis 19. Oktober 1887</date>: 12½ Bogen, die ersten sechs Bogen von August bis Mitte September von N in Sils und von Köselitz in Venedig Korrektur gelesen, die restlichen Bogen von 21. September bis Mitte Oktober gemeinsam in Venedig Korrektur gelesen.</change>
<change xml:id="GM03firstVersion">Erste Version von GM III in 22 Abschnitten (später GM III 2-23) <date notBefore="1887-08-01" notAfter="1887-08-20">Anfang/Mitte August 1887</date>.<!-- wie Datum anegben?? -->
</change>
<change xml:id="proofreadingCb1"> Korrektur von Bogen 1 (S. 1-16), <date notBefore="1887-08-09" notAfter="1887-08-13">zwischen 9. und 13. August 1887</date>.</change>
<change xml:id="proofreadingCb2"> Korrektur von Bogen 2 (S. 17-32), <date notBefore="1887-08-12" notAfter="1887-08-15">zwischen 12. und 15. August 1887</date>.</change>
<change xml:id="proofreadingCb3"> Korrektur von Bogen 3 (S. 33-48), <date notBefore="1887-08-14" notAfter="1887-08-23 ">zwischen 14. und ca. 23. August 1887</date>, Verzögerungen wegen verspäteter Ankunft des Exemplars von Köselitz und wegen Nachtrag von GM I Anmerkung.</change>
<change xml:id="proofreadingGM01Anmerkung">Im Laufe der Korrektur von Bogen 3 Nachtrag von GM I Anmerkung, <date when="1887-08-18">18. August 1887</date>.</change>
<change xml:id="GMUmschlagrueckseiteRecord">Entwurf des Schriften-Verzeichnisses für die Umschlagrückseite, vermutlich <date notAfter="1887-08-20" cert="high">kurz vor 20. August 1887</date>.</change>
<change xml:id="GM03completion">Ergänzung und Erweiterung der ersten Version von GM III zur finalen Version, gegen <date notBefore="1887-08-15" notAfter="1887-08-28">Ende August 1887</date>. Neuer Anfangsabschnitt GM III 1, Umnummerierung von §1-22 zu GM III 2-23, fünf neue Abschnitte GM III 24-28, Inhaltsverzeichnis zu GM I-III.</change>
<change xml:id="GMVorrede08record">Niederschrift von GM Vorrede 8, gegen <date notBefore="1887-08-15" notAfter="1887-08-28">Ende August 1887</date>.</change>
<change xml:id="GM03finalVersion">Dm von GM III <date when="1887-08-28">am 28. August 1887</date> an Naumann geschickt: GM III, Vorrede 8, Inhaltsverzeichnis.</change>
<change xml:id="GM0317belatedMod">Nachträgliche Textänderungen zu Dm GM III 17; Ns schriftliche Anordnungen nicht überliefert. Genauer Zeitpunkt nicht ermittelt, <date notBefore="1887-08-30" notAfter="1887-10-10">frühestens Ende August, spätestens Anfang Oktober 1887</date>.</change><!-- betreffs b40r passim und v.a. vntl. Metamark (+) und Vs N VII 3,37 (=Deussen1887) -->
<change xml:id="GM0320belatedMod">Nachträgliche Textänderung zu Dm GM III 20, von Druckerei-Mitarbeiter in Dm eingetragen; Ns schriftliche Anordnung nicht überliefert. Genauer Zeitpunkt nicht ermittelt, <date notBefore="1887-08-30" notAfter="1887-10-10">frühestens Ende August, spätestens Anfang Oktober 1887</date>.</change>
<change xml:id="GM0326belatedMod">Nachträgliche Textänderungen zu Dm GM III 26; Ns schriftliche Anordnungen überliefert. Genauer Zeitpunkt nicht ermittelt, <date notBefore="1887-08-30" notAfter="1887-10-13">frühestens Ende August, spätestens vor Mitte Oktober 1887</date>.</change><!-- betreffs b63r und b65r – wobei offenbar zu verschiedenen Zeitpunkten (differentes Layout usw.), aber nicht näher bestimmbar, nicht einmal, ob 63r früher als 65r oder umgekehrt… -->
<change xml:id="GMVorrede08belatedMod">Nachträgliche Textänderung zu Dm GM Vorrede 8, von Druckerei-Mitarbeiter in Dm eingetragen; Ns schriftliche Anordnung nicht überliefert. Genauer Zeitpunkt nicht ermittelt, <date notBefore="1887-08-30" notAfter="1887-10-15">frühestens Ende August, spätestens Mitte Oktober 1887</date>.</change>
<change xml:id="proofreadingCb4">Korrektur von Bogen 4 (S. 49-64), <date notBefore="1887-09-07" notAfter="1887-09-10">zwischen 7. und ca. 10. September 1887</date>.</change>
<change xml:id="proofreadingCb5">Korrektur von Bogen 5 (S. 65-80), <date notBefore="1887-09-08" notAfter="1887-09-11">zwischen 8. und ca. 11. September 1887</date>.</change>
<change xml:id="proofreadingCb6">Korrektur von Bogen 6 (S. 81-96), <date notBefore="1887-09-11" notAfter="1887-09-14">zwischen 11. und ca. 14. September 1887</date>.</change>
<change xml:id="proofreadingCb7">Korrektur von Bogen 7 (S. 97-112), <date notBefore="1887-09-21" notAfter="1887-09-24">zwischen 21. und ca. 24. September 1887</date>.</change><!-- ; eine Korrektur dazu von Köselitz in Dm b4r eingetragen -->
<change xml:id="proofreadingCb8">Korrektur von Bogen 8 (S. 113-128), <date notBefore="1887-09-21" notAfter="1887-10-01">Ende September 1887</date>; eine Korrektur dazu in Dm b19r.</change>
<change xml:id="unboundCopySignature1-8">Aushänger von Bogen 1-8, <date when="1887-10-01">1. Oktober 1887</date>.</change>
<change xml:id="proofreadingCb9">Korrektur von Bogen 9 (S. 129-144), <date notBefore="1887-10-01" notAfter="1887-10-14">zwischen ca. 1. und 14. Oktober 1887</date>.</change>
<change xml:id="GMVorredeBelatedNewSection">Ms-Nachtrag mit einem neuen achten Abschnitt zur Vorrede, der GM Vorrede 8 (folglich 9) vorangestellt werden sollte, <date when="1887-10-05">am 5. Oktober 1887</date> an Naumann abgesandt, jedoch noch am gleichen Tag mit Postkarte an Naumann für ungültig erklärt.</change>
<change xml:id="proofreadingCb11">Korrektur von Bogen 11 (S. 161-176), <date notBefore="1887-10-13" notAfter="1887-10-15">zwischen ca. 13. und 15. Oktober 1887</date>.</change><!-- ; eine Notiz dazu von Köselitz’ Hand in Dm b59v -->
<change xml:id="proofreadingCb10">Korrektur von Bogen 10 (S. 145-160), verspätet, <date notBefore="1887-10-15" notAfter="1887-10-19">zwischen 15. und 19. Oktober 1887</date>.</change>
<change xml:id="proofreadingCb12Titel">Korrektur der letzten beiden Bogen, Bogen 12 (S. 177-184) und Titelbogen (S. I-XVI), <date notBefore="1887-10-15" notAfter="1887-10-18">zwischen 15. und 18. Oktober 1887</date>.</change><!-- ; Korrekturen dazu in Dm b64r, Notizen dazu von Köselitz’ Hand in Dm a1r -->
<change xml:id="proofreadingCb12TitelBelatedMod">Nachtrag zur Korrektur des Titelbogens, <date when="1887-10-18"> 18. Oktober 1887</date>.</change><!-- ; von Köselitz in Dm a3v eingetragen, von N Naumann mitgeteilt -->
<change xml:id="unboundCopySignature9-12.Titel">Aushänger von Bogen 9-12 und Titelbogen, <date when="1887-11-03">3. November 1887</date>.</change>
<change xml:id="distribution">Die ersten fertigen Exemplare von GM gehen am <date when="1887-11-10">10. November 1887</date> an N und Köselitz ab.</change>
</listChange>
</creation>
<handNotes><!-- N-Box zb.: Schreibmittel (Grundschicht): Bleistift, N -->
<handNote xml:id="GSA_pencil" scribe="GSA" medium="pencil" scope="minor">Bleistift (GSA)<note type="msDesc">Foliierung durch Mitarbeiter:in des Goethe- und Schiller-Archivs.</note>
<handNote xml:id="N-Archiv_blue" scribe="N-Archiv" medium="blue pencil" scope="minor">Blaustift (N-Archiv)<note type="msDesc">Editorische Markierungen und Anmerkungen von Mitarbeitern des Weimarer Nietzsche-Archivs.</note>
</handNote>
<handNote xml:id="N-Archiv_orangeBrown" scribe="N-Archiv" medium="orange brown pencil" scope="minor">Orangebraunstift (N-Archiv)<note type="msDesc">Editorische Markierungen von Mitarbeitern des Weimarer Nietzsche-Archivs.</note>
<handNote xml:id="N-Archiv_red" scribe="N-Archiv" medium="red pencil" scope="minor">Rotstift (N-Archiv)<note type="msDesc">Paginierung(en) sowie editorische Markierungen und Anmerkungen von Mitarbeitern des Weimarer Nietzsche-Archivs.</note>
<handNote xml:id="typesetter_black1" scribe="typesetter" medium="black ink" scope="minor">schwarze Tinte, N.N. (Druckerei)<note type="msDesc">Eintragung nachträglicher Textänderungen, auf schriftliche Anordnungen Ns hin. Schreiber unbekannt (in <ref target="#Mette1932">Mette, Der handschriftliche Nachlass [1932]</ref>, 13 und in einer dem Dm beiliegenden Archivnotiz irrtümlicherweise wegen ähnlicher Handschrift als Louise Röder-Wiederhold identifiziert).</note>
</handNote>
<handNote xml:id="typesetter_black2" scribe="typesetter" medium="black ink" scope="minor">schwarze Tinte (Druckerei)<note type="msDesc">Satztechnische Markierungen und Hinweise von Mitarbeitern der Druckerei.</note>
</handNote>
<handNote xml:id="typesetter_blue" scribe="typesetter" medium="blue pencil" scope="minor">Blaustift (Druckerei)<note type="msDesc">Satztechnische Markierungen und Hinweise von Mitarbeitern der Druckerei.</note>
</handNote>
<handNote xml:id="typesetter_pencil" scribe="typesetter" medium="pencil" scope="minor">Bleistift (Druckerei)<note type="msDesc">Satztechnische Markierungen und Hinweise von Mitarbeitern der Druckerei.</note>
</handNote>
<handNote xml:id="typesetter_red" scribe="typesetter" medium="red pencil" scope="minor">Rotstift (Druckerei)<note type="msDesc">Satztechnische Markierungen und Hinweise von Mitarbeitern der Druckerei.</note>
</handNote>
<handNote xml:id="unknown_pencil" scribe="unknown" medium="pencil" scope="minor">Bleistift (Urheber unklar)</handNote><!-- bis jetzt nur in b20r -->
</handNotes>
</profileDesc>
<revisionDesc><!-- summarizes the revision history for a file -->
<note type="editorial" xml:id="a1r_note_d2e121">Korrektur zu Bogen 12; die Stelle muss im Korrekturbogen wie in der Satzvorlage „eine <hi rend="underline">unheilbare</hi> Krankheit“ gelautet haben, vgl. <ref target="#b65r_lb8">Ms-Nachtrag b65r,8</ref>; die von Köselitz in a1r notierte Korrektur („einer unheilbaren“ statt „eine unheilbare“) findet sich in Ed jedoch nicht umgesetzt, da N schließlich den ganzen Satz umformuliert hat, vgl. <ref target="#b64r_lb4 #b64r_lb5 #b64r_lb6 #b64r_lb7 #b64r_lb8">Korrektur-Nachtrag b64r,4-8</ref></note></app>
<lb n="16" xml:id="a1r_lb16"/><delSpan type="delPassage" hand="#Koeselitz_blue" resp="#Koeselitz" spanTo="#delEnd2_a1r"/><certainty match="@resp" locus="value" cert="medium"/>als ihren Umweg zu einem neuen
<lb n="17" xml:id="a1r_lb17"/>Buddhismus? zu einem Europäer-
<lb n="18" xml:id="a1r_lb18"/>Buddhismus? zum – <hi rend="underline">Nihilismus</hi>?…<anchor xml:id="appAnchor_a1r18"/><anchor xml:id="delEnd2_a1r"/></ref>
<lb n="23" xml:id="a1r_lb23"/><ref target="#CbTitel">XIV <del hand="#Koeselitz_blue" resp="#Koeselitz" rend="strikethrough"><certainty match="@resp" locus="value" cert="medium"/>ist damit, daß er abgelesen ist, noch nicht „entziffert.“<anchor xml:id="appAnchor_a1r23"/></del></ref>
<lb n="3" rend="indent" xml:id="a2r_lb3"/>Wir sind uns unbekannt, wir Erkennenden, wir selbst uns selbst: das hat seinen guten Grund. Wir haben nie
<lb n="4" xml:id="a2r_lb4"/>nach uns gesucht, – wie sollte es geschehn, daß wir eines Tags uns <hi rend="underline">fänden</hi>? Mit Recht hat man gesagt: „wo euer
<lb n="5" xml:id="a2r_lb5"/>Schatz ist, da ist auch euer Herz“; <hi rend="underline">unser</hi> Schatz ist, wo die Bienenkörbe unsrer Erkenntniß stehn. Wir sind immer
<lb n="6" xml:id="a2r_lb6"/>dazu unterwegs, als geborne Flügelthiere und Honigsammler des Geistes, wir kümmern uns von Herzen eigentlich
<lb n="7" xml:id="a2r_lb7"/>nur um Eins – etwas „heimzubringen“. Was das Leben sonst, die sogenannten „Erlebnisse“ angeht, – wer von uns
<lb n="8" xml:id="a2r_lb8"/>hat dafür auch nur Ernst genug? Oder Zeit genug? Bei solchen Sachen waren wir, fürchte ich, nie recht „bei
<lb n="9" xml:id="a2r_lb9"/>der Sache“: wir haben eben unser Herz nicht dort<subst xml:id="a2r_subst_d2e76"><del rend="overwritten"><del rend="strikethrough">,</del></del><add place="superimposed" xml:id="a2r_add_d2e80"> –</add></subst> und nicht einmal unser Ohr! Vielmehr wie ein Göttlich-
<lb n="10" xml:id="a2r_lb10"/>Zerstreuter und In-sich-Versenkter, dem die Glocke eben mit aller Macht ihre zwölf Schläge des Mittags in’s
<lb n="11" xml:id="a2r_lb11"/>Ohr gedröhnt hat, mit Einem Male aufwacht und sich fragt „was hat es da eigentlich geschlagen?“ so reiben
<lb n="12" xml:id="a2r_lb12"/>auch wir uns mitunter <hi rend="underline">hinterdrein</hi> die Ohren und fragen, ganz erstaunt, ganz betreten „was haben wir da
<lb n="13" xml:id="a2r_lb13"/>eigentlich erlebt? mehr noch: wer <hi rend="underline">sind</hi> wir eigentlich?“ und zählen nach, hinterdrein, wie gesagt, alle <milestone unit="page" edRef="#Ed" n="IV"/>die
<lb n="14" xml:id="a2r_lb14"/>zitternden zwölf Glockenschläge unsres Erlebnisses, unsres Lebens, unsres <hi rend="underline">Seins</hi> – ach! und verzählen uns da<pc force="weak">-</pc>
<lb n="15" xml:id="a2r_lb15"/>bei… Wir bleiben uns eben nothwendig fremd, wir verstehn uns nicht, wir <hi rend="underline">müssen</hi> uns verwechseln, für
<lb n="16" xml:id="a2r_lb16"/>uns heißt der Satz in alle Ewigkeit „Jeder ist sich selbst der Fernste“, – für uns sind wir keine „Erkennen<pc force="weak">-</pc>
<lb n="19" xml:id="a2r_lb19"/>– Meine Gedanken über die <hi rend="underline">Herkunft</hi> unsrer moralischen Vorurtheile – denn um sie handelt es sich in dieser Streit<pc force="weak">-</pc>
<lb n="20" xml:id="a2r_lb20"/>schrift – haben ihren ersten, sparsamen und vorläufigen Ausdruck in jener Aphorismen-Sammlung erhalten, die den
<lb n="21" xml:id="a2r_lb21"/>Titel trägt „Menschliches, Allzumenschliches. Ein Buch für freie Geister<del rend="strikethrough" cert="high">.</del>“ und deren Niederschrift in Sorrent begonnen
<lb n="22" xml:id="a2r_lb22"/>wurde, während eines Winters, welcher es mir erlaubte, Halt zu machen wie ein Wandrer Halt macht, und das weite
<lb n="23" xml:id="a2r_lb23"/>und gefährliche Land zu überschauen, durch das mein Geist bis dahin gewandert war. Dies geschah im Winter 1876
<lb n="24" xml:id="a2r_lb24"/>-77; die Gedanken selbst sind älter. Es waren in der Hauptsache schon die gleichen Gedanken, die ich in den
<lb n="25" xml:id="a2r_lb25"/>vorliegenden Abhandlungen wieder aufnehme: – hoffen wir, daß die lange Zwischenzeit ihnen gut gethan hat,
<lb n="26" xml:id="a2r_lb26"/>daß sie reifer, heller, stärker, vollkommner geworden sind! <hi rend="underline">Daß</hi> ich aber heute noch an ihnen festhalte, daß sie
<lb n="27" xml:id="a2r_lb27"/>sich selber inzwischen immer fester an einander gehalten haben, ja in einander gewachsen und verwachsen sind, das
<lb n="28" xml:id="a2r_lb28"/>stärkt in mir die frohe Zuversichtlichkeit, sie möchten von Anfang an in mir nicht einzeln, <milestone unit="page" edRef="#Ed" n="V"/>nicht beliebig, nicht spo<pc force="weak">-</pc>
<lb n="29" xml:id="a2r_lb29"/>radisch entstanden sein, sondern aus einer gemeinsamen Wurzel heraus, aus einem in der Tiefe gebietenden, im<pc force="weak">-</pc>
<lb n="30" xml:id="a2r_lb30"/>mer bestimmter redenden, immer Bestimmteres verlangenden <hi rend="underline">Grundwillen</hi> der Erkenntniß. So allein nämlich ge<pc force="weak">-</pc>
<lb n="31" xml:id="a2r_lb31"/>ziemt es sich bei einem Philosophen. Wir haben kein Recht darauf, irgend worin <hi rend="underline">einzeln</hi> zu sein: wir dürfen weder
<lb n="32" xml:id="a2r_lb32"/>einzeln irren, noch einzeln die Wahrheit treffen. Vielmehr mit der Nothwendigkeit, mit der ein Baum seine
<lb n="33" xml:id="a2r_lb33"/>Früchte trägt, wachsen aus uns unsre Gedanken, unsre Werthe, un<retrace>s</retrace>re Ja’s und Nein’s und Wenn’s und Ob’s –
<lb n="34" xml:id="a2r_lb34"/>verwandt und bezüglich allesammt unter einander und Zeugnisse Eines Willens, Einer Gesundheit, Eines Erd<pc force="weak">-</pc>
<lb n="35" xml:id="a2r_lb35"/>reichs, Einer Sonne. – Ob sie <hi rend="underline">euch</hi> schmecken, diese unsre Früchte? – Aber was geht das die Bäume an!
<lb n="36" xml:id="a2r_lb36"/>Was geht das <hi rend="underline">uns</hi> an, uns Philosophen!…</p>
<lb n="38" xml:id="a2r_lb38"/>Bei einer mir eignen Bedenklichkeit, die ich ungern eingestehe – sie bezieht sich nämlich auf die <hi rend="underline">Moral</hi>,
<lb n="39" xml:id="a2r_lb39"/>auf Alles, was bisher auf Erden als Moral gefeiert worden ist –, einer Bedenklichkeit, <del rend="hatching">die</del> welche in meinem <pb xml:id="a3r" corresp="#contents_a3r #folDesc_a3rv #addDesc_a3r #N_brown1" facs="#D-20a_V" change="#GMfrontRecord #GM01-02finalVersion #GMVorrede06-07belatedMod #proofreadingCb12Titel"/>
<lb n="1" xml:id="a3r_lb1"/>abliegt (in der <hi rend="latin">Dr. Rée</hi>, gleich allen englischen Moralgenealogen, die moralische Werthungsweise <hi rend="underline">an</hi> <hi rend="underline">sich</hi> sieht); ins<pc force="weak">-</pc>
<lb n="2" xml:id="a3r_lb2"/>gleichen S. <del>29</del>74. <hi rend="latin">Wand.</hi> S. 29. <add place="above" rend="insM" xml:id="a3r_add_d2e64"><hi rend="latin">Morgenr.</hi> S. 99</add> über die Herkunft der Gerechtigkeit als eines Ausgleichs zwischen ungefähr Gleich-
<lb n="3" xml:id="a3r_lb3"/>Mächtigen (Gleichgewicht als Voraussetzung aller Verträge, folglich alles Rechts); insgleichen über die Herkunft der Strafe
<lb n="4" xml:id="a3r_lb4"/><hi rend="latin">Wand.</hi> S. 25. 34. für die der terroristische Zweck, <add place="above" rend="insM" xml:id="a3r_add_d2e76">weder ursprünglich,</add> wie <hi rend="latin">Dr. Rée</hi> meint, noch essentiell ist (– er ist ihr vielmehr erst
<lb n="5" xml:id="a3r_lb5"/>eingelegt, unter bestimmten Umständen, und immer als ein Nebenbei, als etwas Hinzukommendes)</p>
<lb n="7" rend="indent" xml:id="a3r_lb7"/>Im Grunde lag mir gerade damals etwas viel Wichtigeres am Herzen als eignes oder fremdes Hypothesenwesen über den
<lb n="8" xml:id="a3r_lb8"/>Ursprung der Moral (oder vielmehr: das letztere nur um eines Zweckes willen, zu dem es eins unter vielen Mit<pc force="weak">-</pc>
<lb n="9" xml:id="a3r_lb9"/>teln war) Es handelte sich für mich um den <hi rend="underline">Werth</hi> der Moral, – und darüber hatte ich mich fast allein mit meinem
<lb n="10" xml:id="a3r_lb10"/>großen Lehrer Schopenhauer auseinanderzusetzen, an den wie an einen Gegenwärtigen jenes Buch, die Leidenschaft <choice xml:id="a3r_choice_d2e115"><sic>und
<lb n="11" xml:id="a3r_lb11"/>und</sic><corr>und</corr></choice> der geheime Widerspruch jenes Buchs sich wendet <add place="inline" xml:id="a3r_add_d2e122">(</add>– denn auch jenes Buch war eine „Streitschrift.“) Es handelte sich
<lb n="12" xml:id="a3r_lb12"/>in Sonderheit um den Werth des „Unegoistischen“, der Mitleids- Selbstverläugnungs- Selbstopferungs-Instinkte, welche
<lb n="13" xml:id="a3r_lb13"/>gerade Schopenhauer so lange vergoldet, vergöttlicht und verjenseitigt hatte, bis sie ihm schließlich als die „Werthe an
<lb n="14" xml:id="a3r_lb14"/>sich“ übrig blieben, auf Grund deren er zum Leben, auch zu sich selbst, <hi rend="underline">Nein</hi> <hi rend="underline">sagte</hi>. Aber gerade gegen <hi rend="underline">diese</hi> In<pc force="weak">-</pc>
<lb n="15" xml:id="a3r_lb15"/>stinkte redete aus mir ein immer grundsätzlicherer Argwohn, eine immer tiefer grabende Skepsis! Gerade hier sah
<lb n="16" xml:id="a3r_lb16"/>ich die <hi rend="underline">große</hi> Gefahr der Menschheit, ihre <choice xml:id="a3r_choice_d2e152"><sic>sublimsten</sic><corr>sublimste</corr></choice> Lockung und Verführung – wohin doch? in’s Nichts? – gerade
<lb n="17" xml:id="a3r_lb17"/>hier sah ich den Anfang vom Ende, das Stehenbleiben, die nihilistische Müdigkeit, den Willen <hi rend="underline">gegen</hi> das Leben
<lb n="18" xml:id="a3r_lb18"/>sich wendend, die letzte Krankheit sich zärtlich und schwermüthig ankündigend: ich <subst xml:id="a3r_subst_d2e163"><add place="above" rend="insM" xml:id="a3r_add_d2e164">verstand</add><del rend="hatching">begriff</del></subst> die immer mehr um sich grei<pc force="weak">-</pc>
<lb n="19" xml:id="a3r_lb19"/>fende Mitleids-Moral, welche selbst die Philosophen ergriff und krank machte, <milestone unit="page" edRef="#Ed" n="X"/>als das unheimlichste Symptom einer
<lb n="20" xml:id="a3r_lb20"/>unheimlich gewordnen europäischen Cultur, als ihren Umweg – zum Nihilismus?… Zu einem neuen Buddhis<pc force="weak">-</pc>
<lb n="21" xml:id="a3r_lb21"/>mus, einem Zukunfts-Buddhismus?… Diese moderne Philosophen-Bevorzugung und Überschätzung des Mitlei<subst xml:id="a3r_subst_d2e185"><add place="above" rend="insM" xml:id="a3r_add_d2e186">dens</add><del rend="hatching">ds</del></subst> ist
<lb n="22" xml:id="a3r_lb22"/>nämlich etwas Neues: gerade über den <hi rend="underline">Unwerth</hi> des Mitleidens waren bisher die Philosophen übereingekommen.
<lb n="23" xml:id="a3r_lb23"/>Ich nenne nur Plato, Spinoza, <choice xml:id="a3r_choice_d2e198"><sic>La<subst xml:id="a3r_subst_d2e201"><del rend="overwritten">r</del><add place="superimposed" xml:id="a3r_add_d2e204">R</add></subst>ochefoucauld</sic><corr>La Rochefoucauld</corr></choice> und Kant, vier Geister so verschieden von einander als möglich, aber
<lb n="24" xml:id="a3r_lb24"/><seg xml:id="trans1_a3r">Eins</seg> <metamark function="transposition" rend="transLine"/> <seg xml:id="trans2_a3r">in Einem</seg>: in der Geringschätzung des Mitleidens. –</p>
<lb n="26" rend="indent" xml:id="a3r_lb26"/>Dies Problem vom <hi rend="underline">Werthe</hi> des Mitleids und der Mitleids-Moral <add place="above" rend="insM" seq="1" xml:id="a3r_add_d2e237">(– <subst change="#GMVorrede06-07belatedMod" xml:id="a3r_subst_d2e239"><add hand="#typesetter_black1" place="above" seq="3" xml:id="a3r_add_d2e240">ich bin ein Gegner der schändlichen modernen Gefühlsverweichlichung –</add><del hand="#typesetter_black1" rend="strikethrough" seq="3">in allen meinen Schriften, namentlich <add place="above" rend="insM" seq="2" xml:id="a3r_add_d2e244"><del hand="#typesetter_black1" rend="strikethrough" seq="3">in der</del></add> <hi rend="latin">Morgenr.</hi> und <add place="above" rend="insM" seq="2" xml:id="a3r_add_d2e251"><del hand="#typesetter_black1" rend="strikethrough" seq="3">der</del></add> <hi rend="latin">fröhl. Wiss.</hi> stark unter<pc force="weak">-</pc><add place="above" rend="insM" instant="true" seq="1" xml:id="a3r_add_d2e260"><del hand="#typesetter_black1" rend="strikethrough" seq="3">strichen –</del></add></del></subst><add place="above" rend="insM" instant="true" seq="1" xml:id="a3r_add_d2e263">)</add></add> scheint zunächst nur etwas Vereinzeltes, ein Frage<pc force="weak">-</pc>
<lb n="27" xml:id="a3r_lb27"/>zeichen für sich; wer aber einmal hier hängen bleibt, hier fragen <hi rend="underline">lernt</hi>, dem wird es gehn, wie es mir ergangen ist –
<lb n="28" xml:id="a3r_lb28"/>eine ungeheure neue Aussicht thut sich ihm auf, eine Möglichkeit faßt ihn wie ein Schwindel, jede Art Mißtrauen,
<lb n="29" xml:id="a3r_lb29"/>Argwohn, Furcht springt hervor, der Glaube an die Moral, an alle Moral wankt, – endlich wird eine neue Forderung
<lb n="30" xml:id="a3r_lb30"/>laut. Sprechen wir sie aus, diese <hi rend="underline">neue</hi> <hi rend="underline">Forderung</hi>: wir haben eine <hi rend="underline">Kritik</hi> der moralischen Werthe nöthig, <hi rend="underline">der</hi>
<lb n="31" xml:id="a3r_lb31"/><hi rend="underline">Werth</hi> <hi rend="underline">dieser</hi> <hi rend="underline">Werthe</hi> <hi rend="underline">ist</hi> <hi rend="underline">selbst</hi> <hi rend="underline">erst</hi> <hi rend="underline">einmal</hi> <hi rend="underline">in</hi> <hi rend="underline">Frage</hi> <hi rend="underline">zu</hi> <hi rend="underline">stellen</hi> – und dazu thut eine Kenntniß der Bedingungen
<lb n="32" xml:id="a3r_lb32"/>und Umstände noth, aus denen sie gewachsen, unter denen sie sich ent<milestone unit="page" edRef="#Ed" n="XI"/>wickelt und verschoben haben (Moral als
<lb n="33" xml:id="a3r_lb33"/>Folge, als Symptom, als Maske, als Tartüfferie, als Krankheit, als Mißverständniß, aber auch Moral als Ursache, als
<lb n="34" xml:id="a3r_lb34"/>Heilmittel, als <hi rend="latin">Stimulans</hi>, als Hemmung, als Gift), wie eine solche Kenntniß weder bis jetzt da war, noch auch nur
<lb n="35" xml:id="a3r_lb35"/>begehrt worden ist. Man nahm den <hi rend="underline">Werth</hi> dieser „Werthe“ als gegeben, als thatsächlich, als jenseits aller In-Fra<pc force="weak">-</pc>
<lb n="36" xml:id="a3r_lb36"/><subst xml:id="a3r_subst_d2e351"><add place="inline" xml:id="a3r_add_d2e352">ge-</add><del rend="strikethrough">ge</del><del rend="overwritten">st</del><add place="superimposed" xml:id="a3r_add_d2e358">St</add></subst>ellung; man hat bisher auch nicht im Entferntesten daran gezweifelt und geschwankt, <add place="inline" xml:id="a3r_add_d2e362">„</add>den <del rend="strikethrough">„</del>Guten“ <subst xml:id="a3r_subst_d2e368"><add place="above" rend="insM" xml:id="a3r_add_d2e369">für</add><del rend="hatching">als</del></subst> höherwerthig<pb xml:id="a3v" corresp="#contents_a3v #folDesc_a3rv #addDesc_a3v #N_brown1" facs="#D-20a_VI" change="#GMfrontRecord #GM01-02finalVersion #GMVorrede06-07belatedMod #proofreadingCb12Titel #proofreadingCb12TitelBelatedMod"/>
<lb n="1" xml:id="a3v_lb1"/>als „den Bösen“ anzusetzen, höherwerthig im Sinn der Förderung, Nützlichkeit, Gedeihlichkeit in Hinsicht auf <hi rend="underline">den</hi> Menschen über<pc force="weak">-</pc>
<lb n="2" xml:id="a3v_lb2"/>haupt (die Zukunft des Menschen eingerechnet) Wie<subst xml:id="a3v_subst_d2e63"><del rend="overwritten"><del rend="strikethrough">,</del></del><add place="superimposed" xml:id="a3v_add_d2e67">?</add></subst> wenn das Umgekehrte die Wahrheit wäre? Wie? wenn im „Guten“
<lb n="3" xml:id="a3v_lb3"/>auch ein Rückgangssymptom läge, insgleichen eine Gefahr, eine Verführung, ein Gift, ein <hi rend="latin">Narcoticum</hi>, durch das
<lb n="4" xml:id="a3v_lb4"/>etwa die Gegenwart <hi rend="underline">auf</hi> <hi rend="underline">Kosten</hi> <hi rend="underline">der</hi> <hi rend="underline">Zukunft</hi> lebte? Vielleicht behaglicher, ungefährlicher, aber auch in kleinerem Stile,
<lb n="5" xml:id="a3v_lb5"/>niedriger?… So daß gerade die Moral daran Schuld wäre, wenn eine an sich mögliche <hi rend="underline">höchste</hi> <hi rend="underline">Mächtigkeit</hi> <hi rend="underline">und</hi>
<lb n="6" xml:id="a3v_lb6"/><hi rend="underline">Pracht</hi> des Typus Mensch niemals erreicht würde?… So daß gerade die Moral die Gefahr der Gefahren wäre?…</p>
<lb n="8" rend="indent" xml:id="a3v_lb8"/>Genug, daß <subst xml:id="a3v_subst_d2e122"><add place="above" rend="insM" xml:id="a3v_add_d2e123">ich</add><del rend="hatching">mir</del></subst> selbst, seitdem mir dieser Ausblick sich öffnete, Gründe hatte, mich nach gelehrten, kühnen und arbeit<pc force="weak">-</pc>
<lb n="9" xml:id="a3v_lb9"/>samen Genossen umzusehn (ich thue es heute noch). Es gilt, das ungeheure, ferne <milestone unit="page" edRef="#Ed" n="XII"/>und so versteckte Land der Moral –
<lb n="10" xml:id="a3v_lb10"/>der wirklich dagewesenen, wirklich gelebten Moral – mit lauter neuen Fragen und gleichsam mit neuen Augen zu
<lb n="11" xml:id="a3v_lb11"/>bereisen: und heißt dies nicht beinahe so viel als dieses Land erst <hi rend="underline">entdecken</hi>?… Wenn ich dabei, unter Anderen,
<lb n="12" xml:id="a3v_lb12"/>auch an den genannten <hi rend="latin">Dr. Rée</hi> dachte, so geschah es, weil ich gar nicht zweifelte, daß er von der Natur seiner Fra<pc force="weak">-</pc>
<lb n="13" xml:id="a3v_lb13"/>gen selbst auf eine richtigere Methodik, um zu Antworten zu gelangen, gedrängt werden würde. Habe ich mich darin
<lb n="14" xml:id="a3v_lb14"/>betrogen? Mein Wunsch war es jedenfalls, einem so scharfen und unbetheiligten Auge eine bessere Richtung, die Rich<pc force="weak">-</pc>
<lb n="15" xml:id="a3v_lb15"/>tung zur wirklichen <hi rend="underline">Historie</hi> <hi rend="underline">der</hi> <hi rend="underline">Moral</hi> zu geben und ihn vor solchem englischen Hypothesenwesen <hi rend="underline">ins</hi> <hi rend="underline">Blaue</hi>
<lb n="16" xml:id="a3v_lb16"/>noch zur rechten Zeit zu warnen. Es liegt ja auf der Hand, welche Farbe für einen Moral-Genealogen hundert
<lb n="17" xml:id="a3v_lb17"/>Mal wichtiger sein muß als gerade das Blaue: nämlich <hi rend="underline">das</hi> <hi rend="underline">Graue</hi>, will sagen, das Urkundliche, das Wirklich-
<lb n="18" xml:id="a3v_lb18"/>Feststellbare, das Wirklich-Dagewesene, kurz die ganze lange schwer zu entziffernde Hieroglyphenschrift der
<lb n="19" xml:id="a3v_lb19"/>menschlichen Moral-Vergangenheit! – <hi rend="underline">Diese</hi> war dem <hi rend="latin">Dr. Rée</hi> unbekannt; aber er hatte Darwin gelesen – und
<lb n="20" xml:id="a3v_lb20"/>so reichen sich in seinen Hypothesen auf eine Weise, die zum Mindesten unterhaltend ist, die Darwinsche Bestie
<lb n="22" xml:id="a3v_lb22"/>einer gewissen gutmüthigen und feinen Indolenz im Gesicht, in die selbst ein Gran von Pessimismus, von Ermü<pc force="weak">-</pc>
<lb n="23" xml:id="a3v_lb23"/>dung eingemischt ist: als ob es sich eigent<milestone unit="page" edRef="#Ed" n="XIII"/>lich gar nicht lohne, alle diese Dinge – die Probleme der Moral <add place="inline" xml:id="a3v_add_d2e233">–</add> so
<lb n="24" xml:id="a3v_lb24"/>ernst zu nehmen. Mir nun scheint es umgekehrt gar keine Dinge zu geben, die es mehr <hi rend="underline">lohnten</hi>, daß man
<lb n="25" xml:id="a3v_lb25"/>sie ernst nimmt; zu welchem Lohne es zum Beispiel gehört, daß man eines Tags vielleicht die Erlaub<pc force="weak">-</pc>
<lb n="26" xml:id="a3v_lb26"/>niß erhält, sie <hi rend="underline">heiter</hi> zu nehmen. Die Heiterkeit nämlich oder, um es in meiner Sprache zu sagen, <hi rend="underline">die</hi>
<lb n="27" xml:id="a3v_lb27"/><hi rend="underline">fröhliche</hi> <hi rend="underline">Wissenschaft</hi> – ist ein Lohn: ein Lohn für einen langen, tapferen, arbeitsamen <del rend="hatching" instant="true">Ernst</del> und unter<pc force="weak">-</pc>
<lb n="28" xml:id="a3v_lb28"/>irdischen Ernst, der freilich nicht Jedermanns Sache ist. An dem Tage aber, wo wir aus vollem Herzen
<lb n="29" xml:id="a3v_lb29"/>sagen: „vorwärts! auch unsre alte Moral gehört <hi rend="underline">in</hi> <hi rend="underline">die</hi> <hi rend="underline">Komödie</hi>!“ haben wir für das <subst change="#proofreadingCb12TitelBelatedMod" xml:id="a3v_subst_d2e283"><add hand="#Koeselitz_pencil" place="above" xml:id="a3v_add_d2e284">dionysische</add><del hand="#Koeselitz_pencil" rend="strikethrough">hundertaktige<anchor xml:id="appAnchor_a3v29"/></del></subst> Dra<pc force="weak">-</pc>
<lb n="30" xml:id="a3v_lb30"/>ma vom „Schicksal der Seele“ eine neue Verwicklung und Möglichkeit entdeckt –: und er wird sie sich
<lb n="31" xml:id="a3v_lb31"/>schon zu Nutze machen, darauf darf man wetten, er, der große alte ewige Komödiendichter unsres Daseins!…</p>
<lb n="3" rend="indent" xml:id="a4r_lb3"/>– Wenn diese Schrift irgend Jemandem unverständlich ist und schlecht zu Ohren geht,
<lb n="4" xml:id="a4r_lb4"/>so liegt die Schuld, wie mich dünkt, nicht nothwendig an mir. Sie ist deutlich genug,
<lb n="5" xml:id="a4r_lb5"/>vorausgesetzt, was ich voraussetze, daß man zuerst meine früheren Schriften <del xml:id="substDel1a_a4r" rend="hatching">Zeile für</del>
<lb n="6" xml:id="a4r_lb6"/><del xml:id="substDel1b_a4r" rend="hatching">Zeile</del> gelesen und einige Mühe dabei nicht gespart hat: diese sind in der That nicht
<lb n="7" xml:id="a4r_lb7"/>leicht zugänglich. Was zum Beispiel meinen „Zarathustra“ anbetrifft, so lasse ich
<lb n="8" xml:id="a4r_lb8"/>Niemanden als dessen Kenner gelten, den nicht jedes seiner Worte irgendwann
<lb n="23" xml:id="a4r_lb23"/><add hand="#typesetter_black1" place="inline" instant="true" xml:id="a4r_add_d2e172"><metamark xml:id="mark1b_a4r" target="#mark1a_a4r">╒</metamark></add> erst dann nämlich darf er des Vorrechts
<lb n="24" xml:id="a4r_lb24"/>genießen, an dem halkyonischen Element,
<lb n="25" xml:id="a4r_lb25"/>aus dem jenes Werk geboren ist, an seiner
<lb n="26" xml:id="a4r_lb26"/>sonnigen Helle, Ferne, Weite und
<lb n="3" rend="indent" xml:id="a5r_lb3"/><add place="inline" xml:id="a5r_add_d2e75">– </add>Diese englischen Psychologen, denen man bisher auch die einzigen Versuche zu danken hat, es zu einer Entstehungsge<pc force="weak">-</pc>
<lb n="4" xml:id="a5r_lb4"/>schichte der Moral zu bringen, <del rend="strikethrough" cert="medium">–</del> sie geben uns mit sich selbst kein kleines Räthsel auf; sie <subst xml:id="a5r_subst_d2e86"><add place="above" rend="insM" xml:id="a5r_add_d2e87">haben</add><del rend="hatching">sind</del></subst> sogar, daß ich es gestehe, <add place="above" rend="insM" xml:id="a5r_add_d2e93">eben damit</add>
<lb n="5" xml:id="a5r_lb5"/>als leibhaftige Räthsel, etwas Wesentliches vor ihren Büchern voraus – <hi rend="underline">sie</hi> <add place="above" rend="insM" xml:id="a5r_add_d2e101"><hi rend="underline">selbst</hi></add> <hi rend="underline">sind</hi> <hi rend="underline">interessant!</hi> Diese englischen Psychologen –
<lb n="6" xml:id="a5r_lb6"/>was wollen sie eigentlich? Man findet sie, sei es nun freiwillig oder unfreiwillig, immer am gleichen Werke, näm<pc force="weak">-</pc>
<lb n="7" xml:id="a5r_lb7"/>lich die <hi rend="latin">partie honteuse</hi> unsrer inneren Welt in den Vordergrund zu drängen und gerade dort das eigentlich Wirk<pc force="weak">-</pc>
<lb n="8" xml:id="a5r_lb8"/>same, Leitende, für die Entwicklung Entscheidende zu suchen, wo der intellektuelle Stolz des Menschen es am letzten
<lb n="9" xml:id="a5r_lb9"/>zu finden <hi rend="underline">wünschte</hi> (zum Beispiel in der <hi rend="latin">vis inertiae</hi> der Gewohnheit oder in der Vergeßlichkeit oder in einer blinden
<lb n="10" xml:id="a5r_lb10"/>und zufälligen Ideen-Verhäkelung und -Mechanik oder in irgend etwas Rein-Passivem, Automatischem, Reflexmäßigem,
<lb n="11" xml:id="a5r_lb11"/>Molekularem und Gründlich-Stupidem) – was treibt diese <subst instant="true" xml:id="a5r_subst_d2e140"><del rend="overwritten">p</del><add place="superimposed" xml:id="a5r_add_d2e143">P</add></subst>sychologen eigentlich immer gerade in <hi rend="underline">diese</hi> Richtung? Ist
<lb n="12" xml:id="a5r_lb12"/>es ein heimlicher hämischer gemeiner seiner selbst vielleicht uneingeständlicher Instinkt der Verkleinerung des Men<pc force="weak">-</pc>
<lb n="13" xml:id="a5r_lb13"/>schen? Oder etwa ein pessimistischer Argwohn, das Mißtrauen von enttäuschten, verdüsterten, giftig und grün geworde<pc force="weak">-</pc>
<lb n="14" xml:id="a5r_lb14"/>nen Idealisten? Oder eine kleine unterirdische Feindschaft und Rancune gegen das Christenthum (<subst xml:id="a5r_subst_d2e163"><add place="above" rend="insM" xml:id="a5r_add_d2e164">und</add><del rend="hatching">oder</del></subst> Plato), die
<lb n="15" xml:id="a5r_lb15"/><milestone unit="page" edRef="#Cb #Ed" n="2"/>vielleicht nicht einmal über die Schwelle des Bewußtseins gelangt ist? Oder gar ein lüsterner Geschmack am Be<pc force="weak">-</pc>
<lb n="16" xml:id="a5r_lb16"/>fremdlichen, am Schmerzhaft-Paradoxen, am Fragwürdigen und Unsinnigen des Daseins? Oder endlich <add place="inline" xml:id="a5r_add_d2e177">–</add> von Allem
<lb n="17" xml:id="a5r_lb17"/>Etwas, ein wenig Gemeinheit, ein wenig Verdüsterung, ein wenig Antichristlichkeit, ein wenig Kitzel und Bedürf<pc force="weak">-</pc>
<lb n="18" xml:id="a5r_lb18"/>niß nach Pfeffer?… Aber man sagt mir, daß es einfach alte kalte langweilige Frösche seien, die am Menschen her<pc force="weak">-</pc>
<lb n="19" xml:id="a5r_lb19"/>um, in den Menschen hinein kriechen und hüpfen, wie als ob sie da so recht in ihrem Elemente wären, nämlich
<lb n="20" xml:id="a5r_lb20"/>in einem <hi rend="underline">Sumpfe</hi>. Ich höre das mit Widerstand, mehr noch, ich glaube nicht daran; und wenn man wünschen darf, wo
<lb n="21" xml:id="a5r_lb21"/>man nicht wissen kann, so wünsche ich von Herzen, daß es umgekehrt mit ihnen stehe<add place="inline" xml:id="a5r_add_d2e201">n <add place="above" rend="insM" instant="true" xml:id="a5r_add_d2e203">möge</add></add>, – daß diese Forscher und
<lb n="22" xml:id="a5r_lb22"/>Mikroskopiker der Seele im Grunde tapfere, großmüthige und stolze Thiere <subst xml:id="a5r_subst_d2e208"><del rend="hatching" seq="1">seien</del><add place="above" rend="insM" seq="1" xml:id="a5r_add_d2e211"><subst xml:id="a5r_subst_d2e212"><del rend="hatching" seq="2">sind</del> <add place="inline" seq="2" xml:id="a5r_add_d2e216">seien</add></subst></add></subst>, welche ihr Herz wie ihren Schmerz
<lb n="23" xml:id="a5r_lb23"/>im Zaum zu halten wissen und sich dazu erzogen haben, der Wahrheit alle Wünschbarkeit zu opfern, <hi rend="underline">jeder</hi>
<lb n="24" xml:id="a5r_lb24"/>Wahrheit, sogar der schlichten, herben, häßlichen, widrigen, unchristlichen, unmoralischen Wahrheit… Denn es giebt
<lb n="2" rend="indent" xml:id="a6r_lb2"/><add place="inline" xml:id="a6r_add_d2e49"><del rend="hatching">–</del></add> Alle Achtung also vor den guten Geistern, die in diesen Historikern der Moral walten mögen! Aber gewiß ist
<lb n="3" xml:id="a6r_lb3"/>leider, daß ihnen der <del rend="strikethrough">„</del><hi rend="underline">historische</hi> <hi rend="underline"><subst xml:id="a6r_subst_d2e61"><del rend="overwritten">Sinn</del><add place="superimposed" xml:id="a6r_add_d2e64">Geist</add></subst></hi><del rend="strikethrough">“</del> selber abgeht, daß sie gerade von allen guten Geistern der <restore type="strikethrough"><hi rend="underline">Historie</hi></restore> selbst
<lb n="4" xml:id="a6r_lb4"/>in Stich gelassen worden sind! Sie denken allesammt, wie es <add place="above" rend="insM" xml:id="a6r_add_d2e76">nun einmal</add> alter Philosophen-Brauch ist, <hi rend="underline">wesentlich</hi> un<pc force="weak">-</pc>
<lb n="5" xml:id="a6r_lb5"/>historisch: daran ist kein Zweifel. Die Stümperei ihrer Moral-Genealogie kommt gleich am Anfang<del rend="strikethrough">e</del> zu Tage, da,
<lb n="6" xml:id="a6r_lb6"/>wo es sich darum han<milestone unit="page" edRef="#Cb #Ed" n="3"/>delt, die Herkunft des Begriffs und Urtheils „gut“ zu ermitteln. „Man hat ursprünglich – so de<pc force="weak">-</pc>
<lb n="7" xml:id="a6r_lb7"/>kretieren sie – unegoistische Handlungen von Seiten derer gelobt und gut genannt, denen sie erwiesen wurden,
<lb n="8" xml:id="a6r_lb8"/>also denen sie <hi rend="underline">nützlich</hi> waren; später hat man diesen Ursprung des Lobes <hi rend="underline">vergessen</hi> und die unegoistischen Handlungen
<lb n="9" xml:id="a6r_lb9"/>einfach, weil sie <hi rend="underline">gewohnheitsmäßig</hi> immer als gut gelobt wurden, auch als gut empfunden – wie als ob sie an sich
<lb n="10" xml:id="a6r_lb10"/>etwas Gutes wären.“ Man sieht sofort: diese erste Ableitung enthält <subst xml:id="a6r_subst_d2e116"><add place="above" rend="insM" xml:id="a6r_add_d2e117">bereits alle</add><del rend="hatching">die</del></subst> typischen Züge der <subst xml:id="a6r_subst_d2e123"><add place="above" rend="insM" xml:id="a6r_add_d2e124">englischen Psychologen-</add><del rend="hatching">englisch-psychologi<pc force="weak">-</pc></del>
<lb n="11" xml:id="a6r_lb11"/><del rend="hatching">schen</del><del rend="overwritten"> </del><add place="superimposed" xml:id="a6r_add_d2e136">-</add></subst>Idiosynkrasie, – wir haben <add place="inline" xml:id="a6r_add_d2e139">„</add>die Nützlichkeit<add place="inline" xml:id="a6r_add_d2e142">“</add>, <add place="inline" xml:id="a6r_add_d2e145">„</add>das Vergessen<add place="inline" xml:id="a6r_add_d2e148">“</add>, <add place="inline" xml:id="a6r_add_d2e151">„</add>die Gewohnheit<add place="inline" xml:id="a6r_add_d2e155">“</add> <del instant="true" rend="strikethrough">–</del> und am Schluß <add place="inline" xml:id="a6r_add_d2e161">„</add>den Irr<pc force="weak">-</pc>
<lb n="12" xml:id="a6r_lb12"/>thum<add place="inline" xml:id="a6r_add_d2e169">“</add><add place="inline" xml:id="a6r_add_d2e172">, <add place="above" rend="insM" instant="true" xml:id="a6r_add_d2e174">Alles</add></add> als Unterlage einer Werthschätzung, auf welche der höhere Mensch <add place="above" rend="insM" xml:id="a6r_add_d2e177">bisher</add> wie auf eine Art Vorrecht des Menschen <add place="above" rend="insM" xml:id="a6r_add_d2e180">überhaupt</add>
<lb n="13" xml:id="a6r_lb13"/>stolz <subst xml:id="a6r_subst_d2e185"><add place="above" rend="insM" seq="1" xml:id="a6r_add_d2e186"><subst xml:id="a6r_subst_d2e187"><del rend="hatching" seq="2">zu sein pflegte.</del> <add place="inline" rend="insMExt" seq="2" xml:id="a6r_add_d2e191">gewesen ist.</add></subst></add><del rend="hatching" seq="1">ist</del></subst>. Dieser Stolz <hi rend="underline">soll</hi> gedemüthigt<add place="inline" xml:id="a6r_add_d2e200">, <add place="above" rend="insM" instant="true" xml:id="a6r_add_d2e202">diese Werthschätzung entwerthet</add></add> werden: ist <subst xml:id="a6r_subst_d2e205"><add place="above" rend="insM" xml:id="a6r_add_d2e206">das</add><del rend="hatching">es</del></subst> erreicht?… Nun liegt <add place="above" rend="insM" xml:id="a6r_add_d2e211">für mich</add> erstens auf der Hand, daß von
<lb n="14" xml:id="a6r_lb14"/>dieser Theorie der eigentliche Entstehungsheerd des Begriffs „gut“ an falscher Stelle gesucht und angesetzt wird: das
<lb n="15" xml:id="a6r_lb15"/>Urtheil „gut“ rührt <hi rend="underline">nicht</hi> von denen her, welchen „Güte“ erwiesen wird! Vielmehr sind es „die Guten“ selber<del rend="strikethrough" instant="true">,</del> ge<pc force="weak">-</pc>
<lb n="16" xml:id="a6r_lb16"/>wesen, das heißt die Vornehmen, Mächtigen, Höhergestellten und Hochgesinnten, welche sich selbst und ihr Thun als
<lb n="17" xml:id="a6r_lb17"/>gut, nämlich als <restore type="strikethrough"><hi rend="underline">ersten</hi></restore> <restore type="strikethrough"><hi rend="underline">Ranges</hi></restore> empfanden und ansetzten, im Gegensatz zu allem Niedrigen, Niedrig-Gesinnten, Ge<pc force="weak">-</pc>
<lb n="18" xml:id="a6r_lb18"/>meinen und Pöbelhaften. Aus diesem <hi rend="underline">Pathos</hi> <hi rend="underline">der</hi> <hi rend="underline">Distanz</hi> heraus haben sie sich das Recht, Werthe zu schaffen, Na<pc force="weak">-</pc>
<lb n="19" xml:id="a6r_lb19"/>men der Werthe auszuprägen, erst genommen: was gieng sie die Nützlichkeit an! Der Gesichtspunkt der Nützlich<pc force="weak">-</pc>
<lb n="20" xml:id="a6r_lb20"/>keit ist gerade in Bezug auf ein solches heißes Herausquellen oberster rang-ord<milestone unit="page" edRef="#Cb #Ed" n="4"/>nender, rang-abhebender Werthur<pc force="weak">-</pc>
<lb n="21" xml:id="a6r_lb21"/>theile so fremd und unangemessen wie möglich: hier ist eben das Gefühl bei einem Gegensatze jenes niedrigen
<lb n="22" xml:id="a6r_lb22"/>Wärmegrades angelangt, den jede berechnende Klugheit, jeder Nützlichkeits-<hi rend="latin">Calcul</hi> voraussetzt<subst instant="true" xml:id="a6r_subst_d2e279"><del rend="overwritten">.</del><add place="superimposed" xml:id="a6r_add_d2e282">, –</add></subst> und nicht für ein<pc force="weak">-</pc>
<lb n="23" xml:id="a6r_lb23"/>mal, nicht für eine Stunde der Ausnahme, sondern für die Dauer. Das Pathos der Vornehmheit und Distanz, wie
<lb n="24" xml:id="a6r_lb24"/>gesagt, das dauernde und dominirende Gesammt- und Grundgefühl einer höheren herrschen<retrace>d</retrace>en Art im Verhältniß zu
<lb n="25" xml:id="a6r_lb25"/>einer niederen Art, zu einem „Unten“ – <hi rend="underline">das</hi> ist der Ursprung des Gegensatzes „gut“ und „schlecht“. (Das Her<pc force="weak">-</pc>
<lb n="26" xml:id="a6r_lb26"/>renrecht, Namen zu geben, geht so weit, daß man sich erlauben sollte, den Ursprung der Sprache selbst als Macht<pc force="weak">-</pc>
<lb n="27" xml:id="a6r_lb27"/>äußerung der Herrschenden zu fassen: sie sagen „das <hi rend="underline">ist</hi> das und das“, sie siegeln jegliches Ding und Geschehen
<lb n="28" xml:id="a6r_lb28"/>mit einem Laute ab und nehmen es dadurch gleichsam in Besitz.) Es liegt an diesem Ursprunge, daß das Wort
<lb n="29" xml:id="a6r_lb29"/>„gut“ sich von vornherein durchaus <hi rend="underline">nicht</hi> nothwendig an „unegoistische“ Handlungen anknüpft: wie es der Aberglaube
<lb n="30" xml:id="a6r_lb30"/>jener Moralgenealogen ist. Vielmehr geschieht es erst bei einem <hi rend="underline">Niedergange</hi> aristokratischer Werthurtheile, daß sich
<lb n="31" xml:id="a6r_lb31"/>dieser ganze Gegensatz „egoistisch“ „unegoistisch“ dem menschlichen Gewissen mehr und mehr aufdrängt – es ist, um
<lb n="32" xml:id="a6r_lb32"/>mich meiner Sprache zu bedienen, <hi rend="underline">der</hi> <hi rend="underline">Heerdeninstinkt</hi>, der mit ihm endlich zu Worte (auch zu <hi rend="underline">Worten</hi>) kommt.
<lb n="33" xml:id="a6r_lb33"/>Und auch dann dauert es noch lange, bis dieser Instinkt in dem Maaße Herr wird, daß die moralische Werth<pc force="weak">-</pc>
<lb n="34" xml:id="a6r_lb34"/>schätzung bei jenem Gegensatze geradezu hängen und stecken bleibt (wie dies zum Beispiel im gegenwärtigen Eu<pc force="weak">-</pc>
<lb n="35" xml:id="a6r_lb35"/>ropa der Fall ist: heute herrscht das Vorurtheil, welches „moralisch“, „unegoistisch“, „<hi rend="latin">désinteressé</hi>“ als gleichwerthige <milestone unit="page" edRef="#Cb #Ed" n="5"/>Be<pc force="weak">-</pc>
<lb n="36" xml:id="a6r_lb36"/>griffe nimmt, unter uns bereits mit der Gewalt einer „fixen Idee“ und Kopfkrankheit)</p>
<lb n="38" xml:id="a6r_lb38"/>Zweitens aber: ganz abgesehn von der historischen Unhaltbarkeit jener Hypothese über die Herkunft <del rend="hatching" instant="true">jenes</del> des Werth<pc force="weak">-</pc>
<lb n="39" xml:id="a6r_lb39"/>urtheils „gut“, krankt sie an einem psychologischen Widersinn in sich selbst. Die Nützlichkeit der unegoistischen Hand<pc force="weak">-</pc>
<lb n="1" xml:id="a7r_lb1"/>der Ursprung ihres Lobes sein, und dieser Ursprung soll <hi rend="underline">vergessen</hi> <add place="above" rend="insM" xml:id="a7r_add_d2e60">worden</add> sein: – wie ist dies Vergessen <add place="above" rend="insM" xml:id="a7r_add_d2e63">auch nur</add> <hi rend="underline">möglich</hi>? Hat vielleicht
<lb n="2" xml:id="a7r_lb2"/>die Nützlichkeit solcher Handlungen irgendwann einmal aufgehört? Das Gegentheil ist der Fall: diese Nützlichkeit
<lb n="3" xml:id="a7r_lb3"/>ist vielmehr die Alltagserfahrung zu allen Zeiten gewesen, Etwas also, das fortwährend immer neu unterstrichen
<lb n="4" xml:id="a7r_lb4"/>wurde<subst xml:id="subst1a_a7r" seq="1"><add place="inline" xml:id="a7r_add_d2e77">;</add><del rend="strikethrough" cause="insM">,</del><add place="above" rend="insM" xml:id="a7r_add_d2e81"> folglich,</add></subst> statt aus dem Bewußtsein zu verschwinden, statt vergeßbar zu werden<subst xml:id="subst1b_a7r" seq="1"><del rend="overwritten">.</del><add place="superimposed" xml:id="a7r_add_d2e87">,</add></subst> sich dem Bewußtsein mit immer größe<pc force="weak">-</pc>
<lb n="5" xml:id="a7r_lb5"/>rer Deutlichkeit darstellen mußte. Um wie viel vernünftiger ist jene entgegengesetzte Theorie (sie ist deshalb nicht
<lb n="6" xml:id="a7r_lb6"/>wahrer –) welche zum Beispiel von <hi rend="latin">Herbert Spencer</hi> vertreten wird: der den Begriff „gut“ <del rend="hatching">geradezu</del> als wesensgleich
<lb n="7" xml:id="a7r_lb7"/>mit dem Begriff „nützlich“, „zweckmäßig“ ansetzt, so daß in den Urtheilen „gut“ und „schlecht“ die Menschheit gerade
<lb n="8" xml:id="a7r_lb8"/>ihre <hi rend="underline">unvergeßnen</hi> und <hi rend="underline">unvergeßbaren</hi> Erfahrungen über nützlich-zweckmäßig, <del rend="hatching">und</del> über schädlich-unzweckmäßig auf<pc force="weak">-</pc>
<lb n="9" xml:id="a7r_lb9"/>summirt und sanktionirt habe. Gut ist, nach dieser Theorie, was sich von jeher als nützlich bewiesen hat: damit darf
<lb n="10" xml:id="a7r_lb10"/>es als „werthvoll im höchsten Grade“, als „werthvoll an sich“ Geltung behaupten. Auch dieser Weg der Erklärung ist,
<lb n="11" xml:id="a7r_lb11"/>wie gesagt, falsch, aber wenigstens ist die Erklärung selbst in sich vernünftig und <add place="above" rend="insM" xml:id="a7r_add_d2e128">psychologisch</add> haltbar. –</p>
<lb n="13" xml:id="a7r_lb13"/><add place="inline" xml:id="a7r_add_d2e148">– </add>Den Fingerzeig zum <hi rend="underline">rechten</hi> Wege gab mir die Frage, was eigentlich die von den verschiednen Sprachen ausgeprägten Be<pc force="weak">-</pc>
<lb n="14" xml:id="a7r_lb14"/>zeichnungen des „Guten“ in etymologischer Hinsicht zu bedeuten haben: <del rend="hatching">–</del> und da fand ich, daß sie allesammt auf
<lb n="15" xml:id="a7r_lb15"/>die <hi rend="underline">gleiche</hi> <hi rend="underline">Begriffs</hi>-<hi rend="underline">Verwandlung</hi> zurückleiten, <subst xml:id="a7r_subst_d2e174"><del rend="strikethrough">so</del><add place="inline" xml:id="a7r_add_d2e177">–</add></subst> daß überall „vornehm“ „edel“ im ständischen Sinne der Grundbegriff
<lb n="16" xml:id="a7r_lb16"/>ist, aus dem sich „gut“ im Sinne von <add place="above" rend="insM" xml:id="a7r_add_d2e183">seelisch-</add>„vornehm“ „edel“, <subst xml:id="a7r_subst_d2e186"><del rend="hatching">das heißt</del><add place="above" xml:id="a7r_add_d2e189">von</add></subst> „seelisch-hochgeartet“, „seelisch-privilegirt“ mit No<subst instant="true" xml:id="a7r_subst_d2e192"><del rend="overwritten">h</del><add place="superimposed" xml:id="a7r_add_d2e195">t</add></subst>h<pc force="weak">-</pc>
<lb n="17" xml:id="a7r_lb17"/>wendigkeit heraus entwickelt: eine Entwicklung, die immer parallel mit jener anderen läuft, welche „gemein“ „pöbel<pc force="weak">-</pc>
<lb n="18" xml:id="a7r_lb18"/>haft“ „niedrig“ <add place="above" rend="insM" xml:id="a7r_add_d2e209">schließlich</add> in den Begriff „schlecht“ übergehn macht. <del rend="hatching">(</del>Das beredteste Beispiel für das Letztere ist das deutsche
<lb n="19" xml:id="a7r_lb19"/>Wort „schlecht“ selber: als welches mit „schlicht“ identisch ist – vergleiche „schlechtweg“ „schlechterdings – und ursprünglich
<lb n="20" xml:id="a7r_lb20"/>den schlichten, den gemeinen Mann <add place="above" rend="insM" seq="1" xml:id="a7r_add_d2e219"><del xml:id="substDel2a_a7r" rend="hatching" seq="3">einfach </del><add place="inline" rend="insMExt" seq="2" xml:id="a7r_add_d2e222"><del xml:id="substDel2b_a7r" rend="hatching" seq="3">und</del> noch ohne einen verdächtigenden Seitenblick <add xml:id="substAdd2_a7r" place="inline" rend="insMExt" seq="3">einfach</add></add></add> im Gegensatz zum Vornehmen bezeichnet<retrace>e.</retrace> Um die Zeit des dreißigjährigen Kriegs
<lb n="21" xml:id="a7r_lb21"/>ungefähr<add place="inline" xml:id="a7r_add_d2e234">, <add place="above" rend="insM" instant="true" xml:id="a7r_add_d2e236">also spät genug</add></add> verschiebt sich dieser Sinn in den jetzt gebräuchlichen.<del rend="hatching">)</del><anchor xml:id="appAnchor_a7r21"/>
<lb n="23" xml:id="a7r_lb23"/><add place="inline" xml:id="a7r_add_d2e251">– </add>Dies<anchor xml:id="appAnchor_a7r23"/> scheint mir <add place="above" rend="insM" xml:id="a7r_add_d2e256">in Betreff der Moral-Genealogie</add> eine <hi rend="underline">wesentliche</hi> Einsicht; daß sie so spät erst gefunden <subst xml:id="a7r_subst_d2e262"><add place="above" rend="insM" xml:id="a7r_add_d2e263">wird</add><del rend="hatching">ist</del></subst>, liegt an dem <add place="above" rend="insM" xml:id="a7r_add_d2e269">hemmenden</add> Einfluß, den das
<lb n="24" xml:id="a7r_lb24"/>demokratische Vorurtheil innerhalb der modernen Welt in Hinsicht auf alle Fragen der Herkunft ausübt<subst xml:id="a7r_subst_d2e274"><add place="inline" xml:id="a7r_add_d2e275">.</add><del rend="hatching">,</del> <del rend="overwritten">u</del><add place="superimposed" xml:id="a7r_add_d2e282">U</add></subst>nd dies
<lb n="25" xml:id="a7r_lb25"/>bis in das <add place="above" rend="insM" xml:id="a7r_add_d2e287">anscheinend objektivste</add> Gebiet der Naturwissenschaft und Physiologie hinein<subst xml:id="a7r_subst_d2e290"><del rend="overwritten" seq="1">.</del><add place="superimposed" seq="1" xml:id="a7r_add_d2e293">:</add> <add place="above" rend="insM" seq="1" xml:id="a7r_add_d2e296">wie hier nur angedeutet werden <subst seq="2" xml:id="a7r_subst_d2e298"><del rend="hatching">kann.</del><add place="inline" xml:id="a7r_add_d2e301">soll.</add></subst></add></subst> Welchen Unfug <add place="above" rend="insM" xml:id="a7r_add_d2e306">aber</add> dieses Vorurtheil, einmal
<lb n="26" xml:id="a7r_lb26"/>bis zum Haß entzügelt, in Sonderheit <subst xml:id="a7r_subst_d2e311"><add place="above" rend="insM" xml:id="a7r_add_d2e312">für Moral und Historie</add><del rend="hatching">in der Historie</del></subst> anrichten kann, zeigt der berüchtigte Fall <hi rend="latin">Buckle</hi><subst xml:id="a7r_subst_d2e319"><del rend="overwritten" seq="1">.</del><add place="superimposed" seq="1" xml:id="a7r_add_d2e322"><del rend="overwritten" seq="2">;</del><add place="superimposed" seq="2" xml:id="a7r_add_d2e325"><hi rend="latin">’s</hi>;</add></add>
<lb n="27" xml:id="a7r_lb27"/><del rend="overwritten" seq="1">D</del><add place="superimposed" seq="1" xml:id="a7r_add_d2e333">d</add></subst>er <hi rend="underline">Plebejismus</hi> des mo<milestone unit="page" edRef="#Cb #Ed" n="7"/>dernen Geistes, der englischer Abkunft ist, brach da einmal wieder auf seinem heimischen
<lb n="28" xml:id="a7r_lb28"/>Boden heraus, heftig wie ein schlammichter Vulkan und mit jener versalzten <add place="above" rend="insM" seq="1" xml:id="a7r_add_d2e344">überlauten <add place="inline" rend="insMExt" seq="2" xml:id="a7r_add_d2e346">gemeinen</add></add> Beredtsamkeit, mit der <add xml:id="substAdd3_a7r" place="above" rend="insM" seq="1">bisher</add>alle Vul<pc force="weak">-</pc>
<lb n="31" xml:id="a7r_lb31"/>In Hinsicht auf <hi rend="underline">unser</hi> Problem, das aus guten Gründen ein <hi rend="underline">stilles</hi> Problem genannt werden kann und sich <add place="above" rend="insM" xml:id="a7r_add_d2e399">wählerisch</add> nur
<lb n="32" xml:id="a7r_lb32"/>an wenige Ohren wendet, ist es von keinem kleinen Interesse, festzustellen, daß vielfach noch in jenen Worten und
<lb n="33" xml:id="a7r_lb33"/>Wurzeln, die „gut“ bezeichnen, die Hauptnuance durchschimmert, auf welche hin die Vornehmen sich eben als Menschen
<lb n="34" xml:id="a7r_lb34"/>höheren Ranges fühlten. Zwar benennen si<subst instant="true" xml:id="a7r_subst_d2e409"><del rend="overwritten">ch</del><add place="superimposed" xml:id="a7r_add_d2e412">e</add></subst> sich vielleicht in den häufigsten Fällen einfach nach ihrer Überlegen<pc force="weak">-</pc>
<lb n="35" xml:id="a7r_lb35"/>heit an Macht (<add place="above" rend="insM" xml:id="a7r_add_d2e420">als </add>„die Mächtigen“, „die Herren“ „die Gebietenden“) oder nach dem sichtbarsten Abzeichen dieser Überlegen<pc force="weak">-</pc>
<lb n="36" xml:id="a7r_lb36"/>heit, zum Beispiel als „die Reichen“, „die Besitzenden“ (das ist der Sinn von <hi rend="latin">arya</hi>; und entsprechend im <hi rend="latin">Eranischen</hi>,
<lb n="37" xml:id="a7r_lb37"/><subst xml:id="a7r_subst_d2e436"><add place="above" rend="insM" xml:id="a7r_add_d2e437">und</add><del rend="hatching">auch mehrfach im</del></subst> <hi rend="latin">Slavischen</hi>) Aber auch nach einem <hi rend="underline">typischen</hi> <hi rend="underline">Charakterzuge</hi>: und dies ist der Fall, der uns hier
<lb n="38" xml:id="a7r_lb38"/>angeht. Sie heißen sich zum Beispiel „die Wahrhaftigen“<subst instant="true" xml:id="a7r_subst_d2e454"><del rend="overwritten">.</del><add place="superimposed" xml:id="a7r_add_d2e457">;</add></subst> voran der <choice xml:id="a7r_choice_d2e460"><sic>griechischen</sic><corr>griechische</corr></choice> Adel, dessen Mundstück <add place="above" rend="insM" xml:id="a7r_add_d2e465">der Megarische Dichter</add> <hi rend="latin">Theognis</hi> ist.<pb xml:id="a8r" corresp="#contents_a8r #folDesc_a8rv #addDesc_a8r #N_black1" facs="#D-20a_4" change="#GM01redivision #GM01formerVersion #GM01finalVersion #GM01-02finalVersion #proofreadingCb1"/>
<lb n="1" xml:id="a8r_lb1"/>Das dafür ausgeprägte Wort <foreign xml:lang="grc"><reg>ἐσϑλός</reg></foreign> bedeutet der Wurzel nach Einen, der <hi rend="underline">ist</hi>, der Realität hat, der wirklich ist, der wahr ist;
<lb n="2" xml:id="a8r_lb2"/>dann, mit einer subjektiven Wendung, den Wahren als den Wahrhaftigen: in dieser Phase der Begriffs-Verwandlung wird
<lb n="3" xml:id="a8r_lb3"/>es zum Schlag- und Stichwort des Adels und geht ganz und gar in den Sinn „adelig“ über, zur Abgrenzung vom <hi rend="underline">lügenhaften</hi>
<lb n="4" xml:id="a8r_lb4"/>gemeinen Manne, so wie <hi rend="latin">Theognis</hi> ihn nimmt <milestone unit="page" edRef="#Cb #Ed" n="8"/>und schildert – bis endlich das Wort, nach dem Niedergange des Adels, zur
<lb n="5" xml:id="a8r_lb5"/>Bezeichnung der seelischen <hi rend="latin">noblesse</hi> übrig bleibt und gleichsam reif und süß wird. Im Worte <foreign xml:lang="grc"><reg>κακός</reg></foreign> <add place="above" rend="insM" xml:id="a8r_add_d2e90">wie in <foreign xml:lang="grc"><reg>δειλός</reg></foreign></add> (der Plebejer im
<lb n="6" xml:id="a8r_lb6"/>Gegensatz zum <foreign xml:lang="grc"><reg>ἀγαϑός</reg></foreign>) ist die Feigheit unterstrichen: dies giebt vielleicht einen Wink, in welcher Richtung man die
<lb n="7" xml:id="a8r_lb7"/>etymologische Herkunft des mehrfach deutbaren <foreign xml:lang="grc"><reg>ἀγαϑός</reg></foreign> zu suchen hat. Im lateinischen <hi rend="latin">malus</hi> (dem ich <foreign xml:lang="grc"><reg>μέλας</reg></foreign> zur Seite
<lb n="8" xml:id="a8r_lb8"/>stelle) könnte der gemeine Mann als der Dunkelfarbige, vor allem als der Schwarzhaarige („<hi rend="latin">hic niger est</hi> –“) gekennzeich<pc force="weak">-</pc>
<lb n="9" xml:id="a8r_lb9"/>net sein, als der vorarische Insasse des italischen Bodens, der sich von der herrschend gewordnen blonden, nämlich arischen
<lb n="10" xml:id="a8r_lb10"/>Eroberer-Rasse durch die Farbe am deutlichsten abhob; wenigstens bot mir das Irische den genau entsprechenden Fall –
<lb n="11" xml:id="a8r_lb11"/><hi rend="latin">fin<del rend="strikethrough"><unclear reason="illegible" agent="strikethrough" cert="low">g</unclear><anchor xml:id="appAnchor_a8r11"/></del></hi> (zum Beispiel im Namen <hi rend="latin">Fin-Gal</hi>) das abzeichnende Wort des Adels, ursprünglich der Blondkopf, zuletzt der Gute,
<lb n="12" xml:id="a8r_lb12"/>Edle, Reine, im Gegensatz zu den dunklen schwarzhaarigen Ureinwohnern. Die Kelten, beiläufig gesagt, waren durch<pc force="weak">-</pc>
<lb n="13" xml:id="a8r_lb13"/>aus eine blonde Rasse; man thut Unrecht, wenn man jene Streifen einer wesentlich dunkel<del rend="hatching" instant="true">farbigen</del>haarigen Bevölke<pc force="weak">-</pc>
<lb n="14" xml:id="a8r_lb14"/>rung, die sich auf sorgfältigen ethnographischen Karten Deutschlands bemerkbar machen, mit irgend <choice xml:id="a8r_choice_d2e152"><sic>welchen</sic><corr>welcher</corr></choice> keltischen Her<pc force="weak">-</pc>
<lb n="15" xml:id="a8r_lb15"/>kunft und Blutmischung in Zusammenhang bringt, wie dies noch <hi rend="latin">Virchow</hi> thut: vielmehr schlägt an diesen Stellen die
<lb n="16" xml:id="a8r_lb16"/><hi rend="underline">vorarische</hi> Bevölkerung Deutschlands vor. (Das Gleiche gilt beinahe für ganz Europa: im Wesentlichen hat die unter<pc force="weak">-</pc>
<lb n="17" xml:id="a8r_lb17"/>worfne Rasse schließlich <add place="above" rend="insM" xml:id="a8r_add_d2e175">daselbst</add> wieder die Oberhand bekommen, in Farbe, Kürze des Schädels, vielleicht sogar in den in<pc force="weak">-</pc>
<lb n="18" xml:id="a8r_lb18"/>tellektuellen und socialen Instinkten: wer steht uns dafür, <subst xml:id="subst1a_a8r" seq="1"><add place="above" rend="insM" xml:id="a8r_add_d2e184">ob</add><del rend="hatching">daß</del></subst> nicht <add place="above" rend="insM" xml:id="a8r_add_d2e189">die moderne</add> Demokratie, <add place="above" rend="insM" xml:id="a8r_add_d2e192">der noch modernere</add> <milestone unit="page" edRef="#Cb #Ed" n="9"/>Anarchismus und namentlich
<lb n="19" xml:id="a8r_lb19"/>jener Hang zur „<hi rend="latin">commune</hi>“, zur primitivsten Gesellschafts-Form, der allen Socialisten Europa’s <add place="above" rend="insM" xml:id="a8r_add_d2e203">jetzt</add> gemeinsam ist, <subst xml:id="subst1b_a8r" seq="1"><add place="above" xml:id="a8r_add_d2e207">in</add><del rend="hatching">das</del>
<lb n="21" xml:id="a8r_lb21"/>nische <hi rend="latin">bonus</hi> glaube ich als „den Krieger“ auslegen <subst instant="true" xml:id="a8r_subst_d2e270"><del rend="overwritten">d</del><add place="superimposed" xml:id="a8r_add_d2e273">zu</add></subst> dürfen: vorausgesetzt, daß ich mit Recht <hi rend="latin">bonus</hi> auf ein
<lb n="23" xml:id="a8r_lb23"/><hi rend="latin">Bonus</hi> somit als Mann des Zwistes, der Entzweiung (<hi rend="latin">duo</hi>), als Kriegsmann: man sieht, was im alten Rom
<lb n="24" xml:id="a8r_lb24"/>an einem Manne seine „Güte“ ausmachte. Unser deutsches „Gut“ selbst: sollte es nicht „den Göttlichen“, den
<lb n="25" xml:id="a8r_lb25"/>Mann göttlichen Geschlechts bedeuten? Und mit dem Volks- (ursprünglich Adels-)Namen der Gothen identisch
<lb n="26" xml:id="a8r_lb26"/>sein? Die Gründe zu dieser Vermuthung gehören nicht hierher. – </p>
<lb n="28" xml:id="a8r_lb28"/>Von dieser Regel, daß der politische Vorrangs-Begriff sich immer in einen seelischen Vorrangs-Begriff auslöst, macht es
<lb n="29" xml:id="a8r_lb29"/>zunächst noch keine Ausnahme (obgleich es Anlaß zu Ausnahmen giebt), wenn die höchste Kaste zugleich die <hi rend="underline">priesterliche</hi>
<lb n="30" xml:id="a8r_lb30"/>Kaste ist und folglich zu ihrer Gesammt-Bezeichnung ein Prädikat bevorzugt, <choice xml:id="a8r_choice_d2e345"><sic>daß</sic><corr>das</corr></choice> an ihre priesterliche Funktion er<pc force="weak">-</pc>
<lb n="31" xml:id="a8r_lb31"/>innert. Da tritt zum Beispiel „rein“ und „unrein“ sich zum ersten Male als Ständeabzeichen gegenüber; und auch hier
<lb n="32" xml:id="a8r_lb32"/>kommt später ein „gut“ und ein „schlecht“ in einem nicht mehr ständischen Sinne zur Entwicklung. Im Übrigen sei
<lb n="33" xml:id="a8r_lb33"/>man davor gewarnt, diese Begriffe „rein“ und „unrein“ nicht von vornherein zu schwer, zu weit oder gar symbolisch zu neh<pc force="weak">-</pc>
<lb n="34" xml:id="a8r_lb34"/>men: alle Begriffe <milestone unit="page" edRef="#Cb #Ed" n="10"/>der älteren Menschheit sind vielmehr <add place="above" rend="insM" xml:id="a8r_add_d2e367">anfänglich</add> in einem uns kaum ausdenkbaren Maaße grob, plump,
<lb n="35" xml:id="a8r_lb35"/>äußerlich<subst xml:id="a8r_subst_d2e372"><add place="inline" xml:id="a8r_add_d2e373">, </add><add place="above" rend="insM" xml:id="a8r_add_d2e375">eng,</add><del rend="strikethrough" cause="insM">,</del></subst> geradezu und insbesondre <hi rend="underline">unsymbolisch</hi> <subst xml:id="a8r_subst_d2e383"><add place="above" rend="insM" xml:id="a8r_add_d2e384">verstanden worden.</add><del rend="hatching">zu verstehen</del></subst>. Der „Reine“ ist von Anfang an bloß ein Mensch, der sich
<lb n="36" xml:id="a8r_lb36"/>wäscht, der sich gewisse Speisen verbietet, die Hautkrankheiten nach sich zieh<subst instant="true" xml:id="a8r_subst_d2e392"><del rend="overwritten">t</del><add place="superimposed" xml:id="a8r_add_d2e395">n</add></subst>, der nicht mit den schmutzigen Weibern
<lb n="37" xml:id="a8r_lb37"/>des niederen Volkes schläft<add place="inline" xml:id="a8r_add_d2e400">, <add place="above" rend="insM" instant="true" xml:id="a8r_add_d2e402">der einen Abscheu vor Blut hat<anchor xml:id="appAnchor_a8r37"/></add></add> – nicht mehr, nicht viel mehr! Andrerseits erhellt es freilich aus der ganzen Art einer
<lb n="38" xml:id="a8r_lb38"/>wesentlich priesterlichen Aristokratie, warum hier gerade frühzeitig sich die Werthungs-Gegensätze <del rend="hatching">leicht</del> auf eine ge<pc force="weak">-</pc>
<lb n="1" xml:id="a9r_lb1"/>Weise <subst xml:id="a9r_subst_d2e54"><add place="above" rend="insM" seq="3" xml:id="a9r_add_d2e55">verinnerlichen und verschärfen konnten;</add><del rend="hatching" seq="3">verschärf<subst xml:id="a9r_subst_d2e59"><del rend="overwritten" seq="1">en</del><add place="superimposed" seq="1" xml:id="a9r_add_d2e62"><del rend="strikethrough" seq="2">t</del>en</add></subst> und <hi rend="underline">verinnerlich<subst xml:id="a9r_subst_d2e69"><del rend="overwritten" seq="1">en</del><add place="superimposed" seq="1" xml:id="a9r_add_d2e72"><del rend="strikethrough" seq="2">t</del>en</add></subst></hi>;</del></subst> und in der That sind durch sie <add place="above" rend="insM" xml:id="a9r_add_d2e78">schließlich</add> Klüfte zwischen Mensch und Mensch aufgerissen
<lb n="2" xml:id="a9r_lb2"/>worden, über die selbst ein Achill der Freigeisterei nicht <del rend="hatching">mehr</del> ohne Schauder hinwegsetzen wird. Es ist <add place="above" rend="insM" xml:id="a9r_add_d2e87">von Anfang an</add> etwas
<lb n="3" xml:id="a9r_lb3"/><hi rend="underline">Ungesundes</hi> <subst xml:id="a9r_subst_d2e94"><add place="above" rend="insM" xml:id="a9r_add_d2e95">in solchen priesterlichen Aristokratien und in den daselbst</add><del rend="hatching">in den hier</del></subst> herrschenden dem Handeln abgewendeten, theils brütenden, theils gefühls-explosiven Gewohn<pc force="weak">-</pc>
<lb n="4" xml:id="a9r_lb4"/>heiten, <add place="above" rend="insM" xml:id="a9r_add_d2e106">als</add> deren Folge jene den Priestern aller Zeiten fast unvermeidlich anhaftende intestinale Krankhaftigkeit und
<lb n="5" xml:id="a9r_lb5"/>Neurasthenie erscheint<subst instant="true" cert="unknown" xml:id="a9r_subst_d2e111"><del rend="overwritten">.</del><add place="superimposed" xml:id="a9r_add_d2e114">;</add></subst> <del xml:id="substDel1_a9r" rend="hatching" seq="1">und</del> was <add xml:id="substAdd1_a9r" place="above" rend="insM" seq="1">aber</add> von ihnen selbst gegen diese <add place="above" rend="insM" xml:id="a9r_add_d2e123">ihre</add> <choice xml:id="a9r_choice_d2e127"><sic>Krankheit<subst xml:id="a9r_subst_d2e130"><add place="above" rend="insM" xml:id="a9r_add_d2e131">haftigkeit</add><del rend="hatching">en</del></subst></sic><corr>Krankhaftigkeit</corr></choice> als Heilmittel erfunden worden ist, <subst xml:id="a9r_subst_d2e137"><add xml:id="substAdd2a_a9r" place="above" rend="insM" seq="1">– muß man nicht sagen,</add><del xml:id="substDel2a_a9r" rend="hatching" seq="1">hat</del>
<lb n="6" xml:id="a9r_lb6"/><add xml:id="substAdd2b_a9r" place="above" rend="insM" seq="1">daß es </add></subst>sich zuletzt in seinen Nachwirkungen <subst xml:id="a9r_subst_d2e147"><add place="above" rend="insM" xml:id="a9r_add_d2e148">noch hundert Mal</add><del rend="hatching">fast</del></subst> gefährlicher erwiesen <add xml:id="substAdd2c_a9r" place="above" rend="insM" seq="1">hat</add> als die Krankheit<subst xml:id="a9r_subst_d2e156"><add xml:id="substAdd2d_a9r" place="inline" seq="1">, </add><add xml:id="substAdd2e_a9r" place="above" rend="insM" seq="1"><add place="inline" rend="insMExt" seq="2" xml:id="a9r_add_d2e160"><del rend="hatching" seq="3">selbst</del><del rend="none" seq="3">, </del></add>von der es erlösen sollte?</add><del xml:id="substDel2b_a9r" rend="strikethrough" cause="insM" seq="1">,</del> <del xml:id="substDel2c_a9r" rend="hatching" seq="1">–</del> <del xml:id="substDel2d_a9r" rend="overwritten" seq="1">d</del><add xml:id="substAdd2f_a9r" place="superimposed" seq="1">D</add></subst>ie Menschheit <add place="above" rend="insM" xml:id="a9r_add_d2e177">selbst</add> krankt noch an
<lb n="7" xml:id="a9r_lb7"/>den Nachwirkungen dieser priesterlichen Kur-<subst xml:id="a9r_subst_d2e183"><add place="above" rend="insM" xml:id="a9r_add_d2e184">Naivetäten!</add><del rend="hatching">Methoden!</del></subst> Denken wir zum Beispiel an gewisse Diätformen (Ver<pc force="weak">-</pc>
<lb n="8" xml:id="a9r_lb8"/>meidung des Fleisches), an das Fasten, an die geschlechtliche Enthaltsamkeit, an die Flucht „in die Wüste“ (<hi rend="latin">Weir Mit<pc force="weak">-</pc>
<lb n="9" xml:id="a9r_lb9"/>chell</hi>’sche Isolirung, freilich ohne die <milestone unit="page" edRef="#Cb #Ed" n="11"/>darauf folgende Mastkur und Überernährung, in der das wirksamste Gegenmittel
<lb n="11" xml:id="a9r_lb11"/>notisirung <add place="above" rend="insM" xml:id="a9r_add_d2e237">nach Art</add> des Fakirs und Brahmanen <add place="above" rend="insM" xml:id="a9r_add_d2e240">– <hi rend="latin">Brahman</hi> als gläserner Knopf und fixe Idee benutzt –</add> und das schließliche <subst xml:id="a9r_subst_d2e246"><del rend="hatching" instant="true">allgemeine Satthaben und Verlangen nach einer <hi rend="latin">unio my</hi><pc force="weak">-</pc></del><add place="above" instant="true" xml:id="a9r_add_d2e253">nur zu begreifliche allgemeine Satthaben mit seiner <choice xml:id="a9r_choice_d2e255"><sic>Radikulkur</sic><corr>Radikalkur</corr></choice>, </add>
<lb n="12" xml:id="a9r_lb12"/><add place="above" rend="insM" instant="true" xml:id="a9r_add_d2e261">dem <hi rend="underline">Nich<retrace>t</retrace>s</hi> (oder Gott: – das Verlangen nach einer <hi rend="latin">unio mystica</hi> mit Gott ist das Verlangen des Buddhisten ins Nichts, <hi rend="latin">Nirvâna</hi><subst instant="false" xml:id="a9r_subst_d2e273"><del rend="overwritten">)</del><add place="superimposed" xml:id="a9r_add_d2e276"> –</add></subst><add place="inline" rend="insMExt" instant="false" xml:id="a9r_add_d2e278"> und nicht mehr!</add></add><del rend="hatching" instant="true"><hi rend="latin">stica</hi>, sei es mit Gott, sei es mit dem Nichts (– es ist Ein Verlangen*)</del></subst> <space unit="char" quantity="100"/> Bei den Priestern
<lb n="13" xml:id="a9r_lb13"/>wird eben <hi rend="underline">Alles</hi> gefährlicher, <add place="above" rend="insM" xml:id="a9r_add_d2e293">nicht nur <del rend="hatching">ihre</del> Kurmittel und Heilkünste, sondern auch</add> Hochmuth, Rache, Scharfsinn, Ausschweifung, Liebe, Herrschsucht, Tugend, Krankheit; – mit einiger
<lb n="14" xml:id="a9r_lb14"/>Billigkeit ließe sich allerdings auch hinzufügen, daß erst auf dem Boden dieser <hi rend="underline">wesentlich</hi> <hi rend="underline">gefährlichen</hi> Daseinsform des
<lb n="15" xml:id="a9r_lb15"/>Menschen, der priesterlichen, der Mensch überhaupt <hi rend="underline">ein</hi> <subst xml:id="a9r_subst_d2e313"><add place="above" rend="insM" xml:id="a9r_add_d2e314"><hi rend="underline">interessantes</hi></add><del rend="hatching">krankes</del></subst> <hi rend="underline">Thier</hi> geworden ist, <del rend="hatching" seq="1">–</del> daß erst hier die menschliche Seele
<lb n="16" xml:id="a9r_lb16"/>in einem höheren Sinne <hi rend="underline">Tiefe</hi> bekommen hat und <hi rend="underline">böse</hi> geworden ist <subst xml:id="a9r_subst_d2e335"><del rend="hatching" seq="1">(</del><add place="above" rend="insM" seq="1" xml:id="a9r_add_d2e338">– und das sind <add place="inline" rend="insMExt" seq="2" xml:id="a9r_add_d2e340">ja </add></add></subst>die beiden Grundformen der bisherigen Überlegen<pc force="weak">-</pc>
<lb n="17" xml:id="a9r_lb17"/>heit des Menschen über <subst xml:id="a9r_subst_d2e349"><add place="above" rend="insM" seq="1" xml:id="a9r_add_d2e350">sonstiges Gethier<add place="inline" seq="2" xml:id="a9r_add_d2e352">!…</add></add><del rend="hatching" seq="1">das Thier</del><del rend="hatching" seq="2">)</del></subst></p>
<lb n="19" xml:id="a9r_lb19"/><add place="inline" xml:id="a9r_add_d2e381">– </add>Man wird bereits errathen haben, wie leicht sich die priesterliche Werthungs-Weise <del rend="hatching">sich</del> von der ritterlich-aristokratischen
<lb n="20" xml:id="a9r_lb20"/>abzweigen und <subst xml:id="a9r_subst_d2e390"><del rend="hatching">unter Umständen sich</del><add place="above" rend="insM" xml:id="a9r_add_d2e393">dann</add></subst> zu deren Gegensatze fortentwickeln kann; wozu es in Sonderheit jedes Mal einen
<lb n="21" xml:id="a9r_lb21"/>An<subst xml:id="a9r_subst_d2e399"><add place="above" rend="insM" xml:id="a9r_add_d2e400">stoß</add><del rend="hatching">satz</del></subst> giebt, wenn die Priesterkaste und die Kriegerkaste einander eifersüchtig entgegentreten und über den Preis mit
<lb n="22" xml:id="a9r_lb22"/>einander nicht einig werden. <add place="above" rend="insM" xml:id="a9r_add_d2e407">wollen.</add> Die ritterlich-aristokratischen Werthurtheile <milestone unit="page" edRef="#Ed" n="12"/>haben zu ihrer Voraussetzung eine mächtige Leiblich<pc force="weak">-</pc>
<lb n="23" xml:id="a9r_lb23"/>keit, eine blühende<add xml:id="substAdd5a_a9r" place="inline" seq="2">, <add xml:id="substAdd5b_a9r" place="above" rend="insM" seq="2" instant="true">reiche</add></add><subst xml:id="subst5_a9r" seq="2"><del rend="strikethrough" cause="insM">,</del><add place="inline" xml:id="a9r_add_d2e425">,</add></subst> selbst überschäumend<restore xml:id="substRestore5_a9r" rend="dotUnderline" seq="2"><del rend="strikethrough" seq="1">e</del></restore> <del xml:id="substDel5_a9r" rend="hatching" seq="2">reiche</del> Gesundheit, sammt dem, was deren Erhaltung bedingt, Krieg, Abenteuer,
<lb n="24" xml:id="a9r_lb24"/>Jagd, Tanz, Kampfspiele und alles überhaupt, was starkes <add place="above" rend="insM" xml:id="a9r_add_d2e440">freies frohgemuthes</add> Handeln in sich schließt. Die priesterlich-vornehme Werthungs-
<lb n="25" xml:id="a9r_lb25"/>Weise hat – wir sahen es – andre Voraussetzungen: schlimm genug für sie, wenn es sich um Krieg handelt! Die Prie<pc force="weak">-</pc>
<lb n="26" xml:id="a9r_lb26"/>ster sind, wie bekannt, die <hi rend="underline">bösesten</hi> <hi rend="underline">Feinde</hi> – weshalb doch? Weil sie die ohnmächtigsten sind. Aus der Ohnmacht wächst
<lb n="27" xml:id="a9r_lb27"/>bei ihnen der Haß ins Ungeheure und Unheimliche, ins Geistigste und Giftigste. Die ganz großen Hasser in der Weltgeschichte
<lb n="28" xml:id="a9r_lb28"/>sind immer Priester gewesen, auch die geistreichsten Hasser: – gegen den Geist der priesterlichen Rache kommt überhaupt
<lb n="29" xml:id="a9r_lb29"/>aller übrige Geist kaum in Betracht. Die menschliche Geschichte wäre eine gar zu dumme Sache ohne den Geist, der von
<lb n="30" xml:id="a9r_lb30"/>den Ohnmächtigen her in sie gekommen ist: – nehmen wir sofort das größte Beispiel. Alles, was auf Erden gegen „die
<lb n="31" xml:id="a9r_lb31"/>Vornehmen“, „die Gewaltigen“, „die Herren“, „die Machthaber“ gethan worden ist, ist nicht der Rede werth im Vergleich mit dem,
<lb n="32" xml:id="a9r_lb32"/>was <hi rend="underline">die</hi> <hi rend="underline">Juden</hi> gegen sie gethan haben: die Juden, jenes priesterliche<del rend="strikethrough" instant="true">n</del> Volk, das sich an seinen Feinden und Überwäl<pc force="weak">-</pc>
<lb n="33" xml:id="a9r_lb33"/>tigern zuletzt nur durch eine radikale Umwerthung von deren Werthen, also durch einen Akt der <hi rend="underline">geistigsten</hi> <hi rend="underline">Rache</hi> Genug<pc force="weak">-</pc>
<lb n="34" xml:id="a9r_lb34"/>thuung zu schaffen wußte. So allein war es eben einem priesterlichen Volke gemäß, dem Volke der zurückgetretensten prie<pc force="weak">-</pc>
<lb n="35" xml:id="a9r_lb35"/>sterlichen Rachsucht. Die Juden sind es gewesen, die gegen die aristokratische Werthgleichung (gut = vornehm = mächtig = schön
<lb n="36" xml:id="a9r_lb36"/>= glücklich<subst xml:id="a9r_subst_d2e504"><del rend="hatching">)</del> <add place="above" rend="insM" xml:id="a9r_add_d2e508">= gottgeliebt)</add></subst> mit einer furchteinflößenden <milestone unit="page" edRef="#Cb #Ed" n="13"/>Folgerichtigkeit die Umkehrung gewagt und mit den Zähnen des abgründlichsten Has<pc force="weak">-</pc>
<lb n="37" xml:id="a9r_lb37"/>ses (des Hasses der Ohnmacht) festgehalten haben, nämlich „die Elenden sind allein die Guten, die Armen, Ohnmächtigen,
<lb n="38" xml:id="a9r_lb38"/>Niedrigen sind allein die Guten, die Leidenden <add place="above" rend="insM" xml:id="a9r_add_d2e521">Entbehrenden</add> Kranken Häßlichen sind auch die einzig Frommen, die einzig Gottseligen, für sie <pb xml:id="a10r" corresp="#contents_a10r #folDesc_a10rv #addDesc_a10r #N_black1" facs="#D-20a_6" change="#GM01formerVersion #GM01finalVersion #GM01-02finalVersion #proofreadingCb1"/>
<lb n="1" xml:id="a10r_lb1"/>allein giebt es Seligkeit<add place="inline" cert="high" xml:id="a10r_add_d2e51">,</add> – dagegen ihr, ihr Vornehmen und Gewaltigen, ihr seid in alle Ewigkeit die Bösen, die Grausamen,<anchor xml:id="appAnchor_a10r1"/>
<lb n="2" xml:id="a10r_lb2"/>die Lüsternen, die Unersättlichen, die Gottlosen, ihr werdet auch ewig die Unseligen, Verfluchten und Verdammten sein!“…
<lb n="3" xml:id="a10r_lb3"/>Man weiß, <hi rend="underline">wer</hi> die Erbschaft dieser jüdischen Umwerthung gemacht hat… Ich erinnere in Betreff der ungeheuren und
<lb n="4" xml:id="a10r_lb4"/>über alle Maaßen verhängnißvollen Initiative, welche die Juden mit dieser grundsätzlichsten aller Kriegserklärungen ge<pc force="weak">-</pc>
<lb n="5" xml:id="a10r_lb5"/>geben haben, an den Satz, auf den ich bei einer andren Gelegenheit gekommen bin („<hi rend="latin">Jenseits von Gut und Böse</hi>“ <hi rend="latin">p.</hi> 118)
<lb n="6" xml:id="a10r_lb6"/>– daß nämlich mit den Juden <hi rend="underline">der</hi> <hi rend="underline">Sklavenaufstand</hi> <hi rend="underline">in</hi> <hi rend="underline">der</hi> <hi rend="underline">Moral</hi> beginnt: jener Aufstand, welcher eine zweitausendjährige
<lb n="7" xml:id="a10r_lb7"/>Geschichte hinter sich hat und der uns heute nur deshalb aus den Augen gerückt ist, weil er – siegreich gewesen
<lb n="10" rend="indent" xml:id="a10r_lb10"/><add place="inline" xml:id="a10r_add_d2e116">– </add>Aber ihr versteht das nicht? Ihr habt keine Augen für Etwas, das zwei Jahrtausende gebraucht hat, um zum Siege zu kom<pc force="weak">-</pc>
<lb n="11" xml:id="a10r_lb11"/>men?… Daran ist Nichts zum Verwundern: alle langen Dinge sind schwer zu sehn, zu übersehn. <hi rend="underline">Das</hi> aber ist das Ereigniß:
<lb n="12" xml:id="a10r_lb12"/>aus dem Stamme jene<retrace>s</retrace> Baums der Rache und des Hasses, des jüdischen Hasses – des tiefsten und sublimsten, nämlich Ideale
<lb n="13" xml:id="a10r_lb13"/>schaffenden, Werthe umschaffenden Hasses, <milestone unit="page" edRef="#Cb #Ed" n="14"/>dessen Gleichen nie auf Erden dagewesen ist – wuchs etwas ebenso Unvergleichliches
<lb n="14" xml:id="a10r_lb14"/>heraus, eine <hi rend="underline">neue</hi> <hi rend="underline">Liebe</hi>, die tiefste und sublimste aller Arten Liebe: – und aus welchem andren Stamme hätte sie auch
<lb n="15" xml:id="a10r_lb15"/>wachsen können?… Daß man aber ja nicht vermeine, sie sei etwa als die eigentliche Verneinung jenes Durstes nach Ra<pc force="weak">-</pc>
<lb n="16" xml:id="a10r_lb16"/>che, als der Gegensatz des jüdischen Hasses emporgewachsen! Nein, das Umgekehrte ist die Wahrheit! Diese Liebe wuchs
<lb n="17" xml:id="a10r_lb17"/>aus ihm heraus, als seine Krone, als die triumphirende, in der reinsten Helle und Sonnenfülle sich breit und breiter entfalten<pc force="weak">-</pc>
<lb n="18" xml:id="a10r_lb18"/>de Krone, welche mit demselben Drange gleichsam im Reiche des Lichts und der Höhe auf die Ziele jenes Hasses, auf Sieg,
<lb n="19" xml:id="a10r_lb19"/>auf Beute, auf Verführung aus war, mit dem die Wurzeln jenes Hasses sich immer gründlicher und begehrlicher in Alles,
<lb n="20" xml:id="a10r_lb20"/>was Tiefe hatte und böse war, hinunter senkten. Dieser Jesus von Nazareth, als das leibhafte Evangelium der Liebe,
<lb n="21" xml:id="a10r_lb21"/>dieser den Armen, den Kranken, den Sündern die Seligkeit und den Sieg bringende „Erlöser“ – war er nicht gerade die
<lb n="22" xml:id="a10r_lb22"/>Verführung in ihrer unheimlichsten und unwiderstehlichsten Form, die Verführung und der Umweg zu eben jenen <hi rend="underline">jüdischen</hi>
<lb n="23" xml:id="a10r_lb23"/>Werthen und Neuerungen des Ideals? Hat Israel nicht gerade auf dem Umwege dieses „Erlösers“, dieses scheinbaren
<lb n="24" xml:id="a10r_lb24"/>Widersachers und Auflösers Israel’s, das letzte Ziel seiner sublimen Rachsucht <hi rend="underline">erreicht</hi>? Gehört es nicht in die geheime
<lb n="25" xml:id="a10r_lb25"/>schwarze Kunst einer wahrhaft <hi rend="underline"><retrace>g</retrace>roßen</hi> Politik der Rache, einer weitsichtigen, unterirdischen, langsam-<retrace>g</retrace>reifenden und
<lb n="26" xml:id="a10r_lb26"/>vorausrechnenden Rache, daß Israel selber das <del rend="hatching" instant="true">W</del> eigentliche Werkzeug seiner Rache vor aller Welt wie etwas Todfeind<pc force="weak">-</pc>
<lb n="27" xml:id="a10r_lb27"/>liches verleugnen und an’s Kreuz schlagen mußte, damit „alle Welt“, nämlich alle Gegner Israels unbedenklich ge<milestone unit="page" edRef="#Cb #Ed" n="15"/>rade
<lb n="28" xml:id="a10r_lb28"/>an diesen Köder einbeißen konnten? Und wüßte man sich andrerseits, aus allem Raffinement des Geistes heraus,
<lb n="29" xml:id="a10r_lb29"/>überhaupt noch einen <hi rend="underline">gefährlicheren</hi> Köder auszudenken? Etwas, das an verlockender berauschender betäubender verderben<pc force="weak">-</pc>
<lb n="30" xml:id="a10r_lb30"/>der Kraft jenem Symbol des „heiligen Kreuzes“ gleichkäme, jener schauerlichen Paradoxie eines „Gottes am Kreuze“,
<lb n="31" xml:id="a10r_lb31"/>jenem Mysterium einer unausdenkbaren letzten äußersten Grausamkeit und Selbstkreuzigung Gottes <hi rend="underline">zum</hi> <hi rend="underline">Heile</hi> <hi rend="underline">des</hi> <hi rend="underline">Men</hi><pc force="weak">-</pc>
<lb n="32" xml:id="a10r_lb32"/><hi rend="underline">schen</hi>?… Gewiß ist wenigstens, daß <hi rend="latin">sub hoc signo</hi> Israel mit seiner Rache und Umwerthung aller Werthe bisher über
<lb n="33" xml:id="a10r_lb33"/>alle anderen Ideale, über alle <hi rend="underline">vornehmeren</hi> Ideale immer wieder triumphirt hat. – –</p>
<lb n="35" xml:id="a10r_lb35"/>– „Aber was reden <subst xml:id="a10r_subst_d2e260"><del rend="overwritten">s</del><add place="superimposed" xml:id="a10r_add_d2e263">S</add></subst>ie noch von <hi rend="underline">vornehmeren</hi> Idealen! Fügen wir uns in die Thatsachen: das Volk hat gesiegt – oder „die
<lb n="36" xml:id="a10r_lb36"/>Sklaven“ oder „der Pöbel“ oder „die Heerde“ oder wie Sie es zu nennen belieben – wenn dies durch die Juden geschehn
<lb n="37" xml:id="a10r_lb37"/>ist, wohlan! so hatte nie ein Volk eine welthistorischere Mission. „Die Herren“ sind abgethan; die Moral des gemeinen
<lb n="38" xml:id="a10r_lb38"/>Mannes hat gesiegt. Man mag diesen Sieg zugleich als eine Blutvergiftung nehmen <add place="above" rend="insM" xml:id="a10r_add_d2e276">(er hat die Rassen durch einander gemengt)</add> – ich widerspreche nicht; unzweifel<pc force="weak">-</pc>
<lb n="2" xml:id="a27r_lb2"/>Das Gefühl der Schuld, der persönlichen Verpflichtung, <add place="above" rend="insM" seq="2" xml:id="a27r_add_d2e71">um den Gang unsrer Untersuchung wieder aufzunehmen,</add> <subst xml:id="a27r_subst_d2e74"><del xml:id="substDel2_a27r" rend="hatching" seq="3">entspringt</del><add xml:id="substAdd2a_a27r" place="above" rend="insM" seq="3">hat, wie wir sahen, seinen Ursprung<add xml:id="substAdd3a_a27r" place="inline" seq="4"> in</add></add> <del xml:id="substDel3a_a27r" rend="hatching" seq="4">aus</del></subst> de<subst xml:id="subst1a_a27r" seq="1"><del rend="overwritten">n</del><add place="superimposed" xml:id="a27r_add_d2e89">m</add></subst> ältesten und ursprünglichsten Personen-Verhält<pc force="weak">-</pc>
<lb n="3" xml:id="a27r_lb3"/>ni<subst xml:id="subst1b_a27r" seq="1"><del rend="overwritten">ss<del rend="hatching">en</del></del><add place="superimposed" xml:id="a27r_add_d2e103">ß</add></subst>, d<subst xml:id="subst1c_a27r" seq="1"><del rend="overwritten">ie</del><add place="superimposed" xml:id="a27r_add_d2e109">as</add></subst> es giebt<subst xml:id="a27r_subst_d2e112"><add place="inline" seq="4" xml:id="a27r_add_d2e113">,</add><del rend="strikethrough" cause="insM" seq="4">,</del> <add xml:id="substAdd2b_a27r" place="above" rend="insM" seq="3"><subst xml:id="a27r_subst_d2e119"><add xml:id="substAdd3b_a27r" place="inline" rend="insMExt" seq="4">gehabt,</add><del xml:id="substDel3b_a27r" rend="strikethrough" seq="4">genommen,</del></subst></add></subst> <subst xml:id="subst3_a27r" seq="4"><del rend="hatching">aus</del><add place="below" xml:id="a27r_add_d2e128">in</add></subst> dem Verhältniß zwischen Käufer u. Verkäufer, Gläubiger und Schuldner: hier trat zuerst Per<pc force="weak">-</pc>
<lb n="4" xml:id="a27r_lb4"/>son gegen Person, hier <hi rend="underline">maß</hi> <hi rend="underline">sich</hi> zuerst Person an Person. Man hat keinen noch so niedren Grad von Civilisation auf<pc force="weak">-</pc>
<lb n="5" xml:id="a27r_lb5"/>gefunden, in dem <del xml:id="substDel4_a27r" rend="hatching" seq="1">sich</del> nicht schon <subst xml:id="a27r_subst_d2e152"><del rend="overwritten">e</del><add place="superimposed" xml:id="a27r_add_d2e155">E</add></subst>twas von diesem Verhältnisse bemerkbar <subst xml:id="subst4_a27r" seq="1"><add place="above" rend="insM" xml:id="a27r_add_d2e159">würde.</add><del rend="hatching">machte</del></subst>. Preise machen, Werthe abmessen, Ä<pc force="weak">-</pc>
<lb n="6" xml:id="a27r_lb6"/>quivalente ausdenken, tauschen – das hat in einem solchen Maaße das allererste Denken des Menschen präokkupirt
<lb n="7" xml:id="a27r_lb7"/>daß es in einem gewissen Sinne <hi rend="underline">das</hi> Denken ist: hier ist die älteste Art Scharfsinn herangezüchtet worden, hier
<lb n="8" xml:id="a27r_lb8"/>möchte ebenfalls der erste Ansatz des menschlichen Stolzes, seines Vorrangs-Gefühls in Hinsicht auf anderes Gethier zu
<lb n="9" xml:id="a27r_lb9"/>vermuthen sein. Vielleicht drückt <add place="above" rend="insM" xml:id="a27r_add_d2e179">noch</add> unser Wort „Mensch“ (<hi rend="latin">manas</hi>) gerade etwas von <hi rend="underline">diesem</hi> Selbstgefühl aus: der Mensch
<lb n="10" xml:id="a27r_lb10"/>bezeichnete sich als das Wesen, welches Werthe mißt, werthet und mißt, als das „abschätzende Thier an sich.“ Kauf und Ver<pc force="weak">-</pc>
<lb n="11" xml:id="a27r_lb11"/>kauf <subst xml:id="a27r_subst_d2e196"><add place="above" rend="insM" xml:id="a27r_add_d2e197">sammt ihrem <choice xml:id="a27r_choice_d2e199"><sic>psychologischem</sic><corr>psychologischen</corr></choice> Zubehör, sind</add><del rend="hatching">ist</del></subst> älter als selbst die Anfänge <add place="above" rend="insM" xml:id="a27r_add_d2e206">irgendwelcher</add> <del rend="hatching">festerer</del> <add place="above" rend="insM" xml:id="a27r_add_d2e212">Organisationsformen und</add> gesellschaftlicher Verbände: aus der rudimentärsten Form des Perso<pc force="weak">-</pc>
<lb n="12" xml:id="a27r_lb12"/>nen-Rechts hat sich vielmehr das keimende Gefühl von <add place="above" rend="insM" xml:id="a27r_add_d2e221"><subst xml:id="a27r_subst_d2e222"><del rend="hatching">Aus</del><del rend="overwritten">t</del><add place="superimposed" xml:id="a27r_add_d2e227">T</add></subst>ausch</add> Vertrag, Schuld, Recht, Verpflichtung<add hand="#N_brown1" place="inline" xml:id="a27r_add_d2e231">, <add hand="#N_brown1" place="above" rend="insM" instant="true" xml:id="a27r_add_d2e233">Ausgleich</add></add> erst auf die gröbsten und
<lb n="13" xml:id="a27r_lb13"/>anfänglichsten Gemeinschafts-Complexe (in deren Ver<milestone unit="page" edRef="#Ed" n="59"/>hältniß zu ähnlichen Complexen) <hi rend="underline">übertragen</hi>, zugleich mit de<subst xml:id="subst5_a27r"><del rend="overwritten">n</del><add place="superimposed" xml:id="a27r_add_d2e247">r</add></subst> Ge<pc force="weak">-</pc>
<lb n="14" xml:id="a27r_lb14"/>wohnheit<del xml:id="substDel5_a27r" rend="hatching">en</del>, Macht an Macht zu vergleichen, zu messen, zu berechnen. Das Auge war nun einmal für diese Perspek<pc force="weak">-</pc>
<lb n="15" xml:id="a27r_lb15"/>tive eingestellt: und mit jener plumpen Consequenz, <choice xml:id="a27r_choice_d2e264"><sic>das</sic><corr>die</corr></choice> dem schwerbeweglichen, aber dann unerbittlich in
<lb n="16" xml:id="a27r_lb16"/>gleicher Richtung weitergehenden Denken der älteren Menschheit eigenthümlich ist, langte man alsbald bei der großen
<lb n="17" xml:id="a27r_lb17"/>Verallgemeinerung an „jedes Ding hat seinen Preis; <hi rend="underline">Alles</hi> kann abgezahlt werden“ – de<subst change="#version0" xml:id="a27r_subst_d2e275"><del rend="overwritten">r</del><add place="superimposed" xml:id="a27r_add_d2e278">m</add></subst> ältesten <add hand="#N_brown1" place="above" rend="insM" xml:id="a27r_add_d2e282">und naivsten</add> Mo<pc force="weak">-</pc>
<lb n="18" xml:id="a27r_lb18"/>ral-Kanon der <hi rend="underline">Gerechtigkeit</hi><subst xml:id="subst6_a27r" seq="2"><del rend="overwritten">.</del><add hand="#N_brown1" place="superimposed" xml:id="a27r_add_d2e295">,</add></subst><add xml:id="substAdd6a_a27r" hand="#N_brown1" place="inline" seq="2"> dem Anfange aller „Gutmüthigkeit“, <add hand="#N_brown1" place="above" rend="insM" seq="2" xml:id="a27r_add_d2e299">aller Billigkeit,</add> alles „guten Willens“<add hand="#N_brown1" place="inline" seq="2" xml:id="a27r_add_d2e302">, <add hand="#N_brown1" place="above" rend="insM" seq="2" instant="true" xml:id="a27r_add_d2e304">aller „Objektivität“</add></add> auf Erden. Gerechtigkeit <add hand="#N_brown1" place="above" rend="insM" seq="2" xml:id="a27r_add_d2e307">auf dieser ersten Stufe</add> ist der </add>
<lb type="addLine" n="19" xml:id="a27r_lb19"/><add xml:id="substAdd6b_a27r" hand="#N_brown1" place="inline" seq="2">gute Wille unter ungefähr Gleichmächtigen, sich mit einander abzufinden, sich durch einen Ausgleich <add hand="#N_brown1" place="above" rend="insM" seq="2" xml:id="a27r_add_d2e315">wieder</add> zu „verständigen“ – und, in Bezug auf </add>
<lb type="addLine" n="21" xml:id="a27r_lb21"/><add xml:id="substAdd6c_a27r" hand="#N_brown1" place="inline" seq="2">weniger Mächtige, diese unter sich zu einem Ausgleich zu <hi hand="#N_brown1" rend="underline">zwingen</hi>. –</add>
<lb n="9" xml:id="a30r_lb9"/><add xml:id="substAdd1f_a30r" place="above" rend="insM" seq="1">es für alle Art Historie gar keinen wichtigeren Satz<add xml:id="substAdd1g_a30r" place="above" rend="insM" seq="1"> als jenen</add>, der mit solcher Mühe errungen ist, aber auch wirklich errungen <hi rend="underline">sein</hi> <hi rend="underline">sollte</hi> – daß nämlich </add><del xml:id="substDel1q_a30r" rend="hatching" seq="1">lich</del> die Ursache der Entstehung eines Dings <subst xml:id="subst2e_a30r" seq="2"><del rend="hatching">von</del><add place="below" xml:id="a30r_add_d2e453">und</add></subst> <subst xml:id="subst1b_a30r" seq="1"><del rend="hatching">seiner</del><add place="below" xml:id="a30r_add_d2e459">dessen</add></subst> schließliche<subst xml:id="a30r_subst_d2e462"><del xml:id="substDel1r_a30r" rend="overwritten" seq="1">n</del><add xml:id="substAdd1h_a30r" place="superimposed" seq="1"><del xml:id="substDel2m_a30r" rend="hatching" seq="2">r</del></add></subst> Nützlichkeit, <subst xml:id="subst1c_a30r" seq="1"><del rend="hatching">seiner</del><add place="below" xml:id="a30r_add_d2e472">dessen</add></subst> thatsächliche<subst xml:id="a30r_subst_d2e475"><del xml:id="substDel1s_a30r" rend="overwritten" seq="1">n</del><add xml:id="substAdd1i_a30r" place="superimposed" seq="1"><del xml:id="substDel2n_a30r" rend="hatching" seq="2">r</del></add></subst> Verwendung und Einord<pc force="weak">-</pc>
<lb n="10" xml:id="a30r_lb10"/>nung in ein System von Zwecken <hi rend="latin">toto coelo</hi> auseinander liegen; daß etwas Vorhandenes, irgendwie Zu-Stande-Gekom<pc force="weak">-</pc>
<lb n="11" xml:id="a30r_lb11"/>menes immer wieder von einer ihm überlegnen Macht auf <subst xml:id="subst6a_a30r"><add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e497">neue</add><del rend="hatching">deren</del></subst> Absichten ausgelegt, <add xml:id="substAdd6_a30r" place="above" rend="insM">neu</add> in Beschlag genommen, zu <subst xml:id="subst6b_a30r"><add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e507">einem neuen</add><del rend="hatching">deren</del></subst>
<lb n="12" xml:id="a30r_lb12"/>Nutzen umgebildet und umgerichtet wird; daß alles Geschehen <add xml:id="substAdd7_a30r" place="above" rend="insM">in der organischen Welt</add> ein <hi rend="underline">Überwältigen</hi>, <hi rend="underline">Herrwerden</hi> und daß wiederum alles
<lb n="13" xml:id="a30r_lb13"/>Überwältigen und Herrwerden <del xml:id="substDel7a_a30r" rend="hatching">in der organischen und</del> <del xml:id="substDel7b_a30r" rend="hatching">unorganischen Welt</del> ein Neu-Interpretieren, ein Zurechtmachen ist,
<lb n="14" xml:id="a30r_lb14"/>bei dem der bisherige „Sinn“ <add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e534">und „Zweck“</add> nothwendig verdunkelt oder ganz ausgelöscht werden muß. Wenn man die <hi rend="underline">Nützlichkeit</hi>
<lb n="15" xml:id="a30r_lb15"/>von irgend welchem physiologischen Organ (oder auch einer Rechts-Institution, einer <add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e543">gesellschaftlichen</add> Sitte, eines <add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e546">politischen</add> Brauchs, einer Form <subst xml:id="a30r_subst_d2e549"><add place="above" xml:id="a30r_add_d2e550">in den</add><del rend="hatching">des</del>
<lb n="16" xml:id="a30r_lb16"/><add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e556">Künsten oder im </add></subst>religiösen Cultus) noch so gut begriffen hat, so hat man damit noch nichts in Betreff seiner Entstehung<subst xml:id="a30r_subst_d2e559"><del rend="hatching">, noch nicht ein</del><del rend="none"><pc force="weak">-</pc></del>
<lb n="17" xml:id="a30r_lb17"/><del rend="hatching">mal in Betreff seiner bisherigen</del> <del rend="hatching">Entwicklung</del></subst> begriffen: so unbequem und unangenehm dies älteren Ohren klingen
<lb n="18" xml:id="a30r_lb18"/>mag, – denn <subst xml:id="a30r_subst_d2e577"><add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e578">von Alters her</add><del rend="hatching">bisher</del></subst> hatte man in dem nachweisbaren Zwecke<add place="inline" xml:id="a30r_add_d2e583">, <add place="above" rend="insM" instant="true" xml:id="a30r_add_d2e585">in der Nützlichkeit</add></add> eines Dings, <milestone unit="page" edRef="#Ed" n="68"/>einer Form, einer Einrichtung auch <subst xml:id="a30r_subst_d2e590"><add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e591">deren</add><del rend="hatching">ihren</del></subst> Ent<pc force="weak">-</pc>
<lb n="19" xml:id="a30r_lb19"/>stehungsgrund zu begreifen <subst xml:id="a30r_subst_d2e602"><del rend="hatching" seq="1">gewähnt</del><del rend="strikethrough" seq="1" cause="insM">.</del><add place="above" rend="insM" seq="1" xml:id="a30r_add_d2e607">geglaubt, das Auge <subst xml:id="a30r_subst_d2e609"><add place="above" rend="insM" seq="2" xml:id="a30r_add_d2e610">als gemacht zum</add><del rend="hatching" seq="2">aus dem</del></subst> Sehen, die Hand <subst xml:id="a30r_subst_d2e615"><add place="above" rend="insM" seq="2" xml:id="a30r_add_d2e616">als gemacht <hi rend="underline">zum</hi></add><del rend="hatching" seq="2">aus dem</del></subst> Greifen.<add place="inline" rend="insMExt" seq="2" xml:id="a30r_add_d2e623"> So hat man sich auch die Strafe vorgestellt als erfunden <hi rend="underline">zum</hi> Strafen.</add></add></subst> Aber alle Zwecke, alle Nützlichkeiten sind nur <hi rend="underline">Anzeichen</hi> davon, daß <add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e632"><del rend="hatching">wieder</del></add> ein Wille zur
<lb n="20" xml:id="a30r_lb20"/>Macht über etwas weniger Mächtiges Herr geworden ist und ihm von sich aus den Sinn einer Funktion aufgeprägt hat; und
<lb n="21" xml:id="a30r_lb21"/>die ganze Geschichte eines „Dings“ <add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e640">eines Organs, eines Brauchs</add> kann dergestalt eine fortgesetzte <add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e644">Zeichen-</add>Kette von immer neuen Interpretationen und Zurechtma<pc force="weak">-</pc>
<lb n="22" xml:id="a30r_lb22"/>chungen sein, deren Ursachen selbst unter sich nicht im Zusammenhange zu sein brauchen, vielmehr <add xml:id="substAdd8_a30r" place="above" rend="insM" seq="2">unter Umständen sich</add> bloß zufällig <add place="above" rend="insM" seq="1" xml:id="a30r_add_d2e655"><del xml:id="substDel8_a30r" rend="hatching" seq="2">sich</del></add> hinter
<lb n="23" xml:id="a30r_lb23"/>einander folgen und ablösen. „Entwicklung“ <add place="above" rend="insM" seq="1" xml:id="a30r_add_d2e662">eines Dings<add place="inline" rend="insMExt" seq="2" xml:id="a30r_add_d2e664">, eines Brauchs<add place="inline" rend="insMExt" seq="3" xml:id="a30r_add_d2e666">, eines Organs</add></add></add> ist demgemäß nichts weniger als sein <hi rend="latin">progressus</hi> auf ein Ziel hin, noch weni<pc force="weak">-</pc>
<lb n="24" xml:id="a30r_lb24"/>ger ein logischer und kürzester, mit dem kleinsten Aufwand von Kraft und Kosten erreichter <hi rend="latin">progressus</hi>, – sondern die Auf<pc force="weak">-</pc>
<lb n="25" xml:id="a30r_lb25"/>einanderfolge von mehr oder minder tiefgehenden, mehr oder minder von einander unabhängigen <add xml:id="substAdd9_a30r" place="above" rend="insM" seq="1"><add xml:id="substAdd11_a30r" place="inline" rend="insMExt" seq="3">an ihm sich abspielenden<space unit="char" quantity="5"/></add> <del xml:id="substDel11a_a30r" rend="hatching" seq="3">an irgend etwas Festerem und Widerstehenden </del><add xml:id="substAdd10_a30r" place="above" rend="insM" seq="2"><del xml:id="substDel11b_a30r" rend="hatching" seq="3">sich abspielenden</del></add><del xml:id="substDel10a_a30r" rend="hatching" seq="2">zu Stande</del><add place="below" seq="1" instant="true" xml:id="a30r_add_d2e698"><del xml:id="substDel10b_a30r" rend="hatching" seq="2">gekommenen</del></add></add> Überwältigung<subst xml:id="subst10_a30r" seq="2"><del rend="overwritten">en</del><add place="superimposed" xml:id="a30r_add_d2e706">s-</add><add place="below" xml:id="a30r_add_d2e708">-Prozessen</add></subst><subst xml:id="subst9_a30r" seq="1"><add place="inline" xml:id="a30r_add_d2e711">,</add> <del rend="hatching">und Versu<pc force="weak">-</pc></del>
<lb n="26" xml:id="a30r_lb26"/><del rend="hatching">chen</del> <del rend="hatching">der Überwältigung</del></subst>, hinzugerechnet die dagegen <add xml:id="substAdd12a_a30r" place="above" rend="insM" seq="1">jedes Mal</add> aufgewendeten Widerstände, die <add xml:id="substAdd12b_a30r" place="above" rend="insM" seq="1">jedesmaligen</add> Form-Verwandlungen zum Zweck der
<lb n="27" xml:id="a30r_lb27"/>Vertheidigung und Reaktion, <add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e735">auch</add> die Resultate von gelungenen Gegenaktionen<subst xml:id="subst14_a30r" seq="2"><del rend="overwritten">,</del><add place="superimposed" xml:id="a30r_add_d2e741">.</add></subst> <del xml:id="substDel14a_a30r" rend="hatching" seq="2">von spontanen</del><del xml:id="substDel14b_a30r" rend="hatching" seq="2"><subst instant="true" xml:id="a30r_subst_d2e747"><del rend="overwritten">,</del><add place="superimposed" xml:id="a30r_add_d2e750"> <del rend="hatching" seq="2">A</del></add></subst>ngriffen</del><del xml:id="substDel14c_a30r" rend="hatching" seq="2">, Eingriffen, Aneignungen</del>.<add xml:id="substAdd13a_a30r" place="above" rend="insM" seq="1"><del xml:id="substDel14d_a30r" rend="hatching" seq="2">seitens des Dings, das sich entwickelt</del>.</add>
<lb n="28" xml:id="a30r_lb28"/><del xml:id="substDel14e_a30r" rend="strikethrough" seq="2">Denn <subst xml:id="a30r_subst_d2e767"><add xml:id="substAdd13b_a30r" place="above" rend="insM" seq="1"><del xml:id="substDel14f_a30r" rend="strikethrough" seq="2">dies „Ding“, als ein</del></add><del xml:id="substDel13a_a30r" rend="hatching" seq="1">jedes</del></subst> Quantum von organisirter Kraft</del> <subst xml:id="a30r_subst_d2e775"><add xml:id="substAdd13c_a30r" place="above" rend="insM" seq="1"><del xml:id="substDel14g_a30r" rend="strikethrough" seq="2">muß sich auch seinerseits, so schwach es auch sein mag</del>,</add> <del xml:id="substDel13b_a30r" rend="hatching" seq="1">bewegt sich auch seinerseits</del></subst> <del xml:id="substDel14h_a30r" rend="strikethrough" seq="2">von innen her nach außen<add xml:id="substAdd13d_a30r" place="above" rend="insM" seq="1"> <del xml:id="substDel14i_a30r" rend="strikethrough" seq="2">bewegen</del></add>, um sich an diesem „Au<pc force="weak">-</pc></del>
<lb n="29" xml:id="a30r_lb29"/><del xml:id="substDel14j_a30r" rend="strikethrough" seq="2">ßen“ zu bethätigen und zu bereichern, um es in sich hineinzunehmen und ihm <hi rend="underline">sein</hi> Gesetz, <hi rend="underline">seinen</hi> Sinn aufzuprägen. </del><subst xml:id="a30r_subst_d2e803"><del xml:id="substDel13c_a30r" rend="hatching" seq="1">Selbst</del>
<lb n="30" xml:id="a30r_lb30"/><add xml:id="substAdd13e_a30r" place="above" rend="insM" seq="1">Die Form ist flüssig, der „Sinn“ ist es <add place="above" rend="insM" seq="0" xml:id="a30r_add_d2e810">aber</add> noch mehr, selbst </add></subst>innerhalb jedes einzelnen Organismus steht es nicht anders: mit jedem wesentlichen Wachsthum des Ganzen verschiebt sich auch
<lb n="31" xml:id="a30r_lb31"/>der „Sinn“ der einzelnen Organe, – unter Umständen kann deren theilweises Zu-Grunde-Gehn, deren Zahl-Verminderung (zum
<lb n="32" xml:id="a30r_lb32"/>Beispiel durch Vernichtung der Mittel<subst xml:id="a30r_subst_d2e819"><add hand="#N_brown1" place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e820">glieder</add><del hand="#N_brown1" rend="hatching">bildungen</del></subst>) ein Zeichen wachsender Kraft und <milestone unit="page" edRef="#Ed" n="69"/>Vollkommenheit sein. Ich wollte sagen: auch
<lb n="33" xml:id="a30r_lb33"/>das theilweise <hi rend="underline">Unnützlichwerden</hi>, das Verkümmern und Entarten, das Verlustiggehn von Sinn und Zweckmäßigkeit gehört <add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e833">unter Umständen</add> zu
<lb n="34" xml:id="a30r_lb34"/>de<subst xml:id="a30r_subst_d2e838"><del rend="overwritten">m</del><add place="superimposed" xml:id="a30r_add_d2e841">n</add> <add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e844">Bedingungen <subst xml:id="a30r_subst_d2e846"><del rend="overwritten">ein</del><add place="superimposed" xml:id="a30r_add_d2e849">d</add></subst>es</add></subst> wirklichen <hi rend="latin">progressus</hi>: als welcher immer in Gestalt eines Willens und Wegs zu <hi rend="underline">größerer</hi> <hi rend="underline">Macht</hi> erscheint und immer auf
<lb n="35" xml:id="a30r_lb35"/>Unkosten zahlreicher kleinerer Mächte durchgesetzt wird. Die Größe eines „Fortschritts“ <hi rend="underline">bemißt</hi> sich <add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e868">sogar</add> nach der Masse dessen, was
<lb n="36" xml:id="a30r_lb36"/>ihm <add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e873">Alles</add> <hi rend="underline">geopfert</hi> werden mußte<subst xml:id="a30r_subst_d2e880"><del rend="overwritten">.</del><add place="superimposed" xml:id="a30r_add_d2e883">;</add> <add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e886">die Menschheit als Masse dem Gedeihen einer </add><add place="below" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e888">einzelnen stärkeren <hi rend="latin">Species</hi> Mensch <add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e893">geopfert</add> – das <hi rend="underline">wäre</hi> ein Fortschritt…</add></subst> – Ich hebe diesen <add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e900">Haupt-</add>Gesichtspunkt <add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e903">der historischen Methodik</add> hervor, <subst xml:id="a30r_subst_d2e906"><del rend="hatching">so sehr</del> <add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e910">um so mehr als<add place="inline" xml:id="a30r_add_d2e912"> er</add></add> <del rend="hatching">er</del></subst> <del rend="hatching">auch</del> <add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e921">im Grunde <add xml:id="substAdd15_a30r" place="inline" rend="insMExt">dem gerade</add></add> <del xml:id="substDel15_a30r" rend="hatching">dem</del> herrschenden<anchor xml:id="appAnchor_a30r36"/> Instinkte <add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e932">und Zeitgeschmacke</add> entgegengeht,
<lb n="37" xml:id="a30r_lb37"/>welcher lieber sich noch mit der absoluten Zufälligkeit, ja <add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e937">mechanistischen</add> Unsinnigkeit alles Geschehens <del instant="unknown">sich</del> vertragen würde als mit der The<pc force="weak">-</pc>
<lb n="38" xml:id="a30r_lb38"/>orie eines in allem Geschehen sich abspielenden <hi rend="underline">Macht-Willens</hi>. D<subst xml:id="subst16a_a30r"><del rend="overwritten">er</del><add place="superimposed" xml:id="a30r_add_d2e955">ie</add></subst> demokratische <subst xml:id="subst16b_a30r"><add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e959">Idiosynkrasie</add><del rend="hatching">Haß</del></subst> gegen alles, was herrscht und herrschen
<lb n="39" xml:id="a30r_lb39"/>will, der moderne <hi rend="underline">Misarchismus</hi> <add place="above" rend="insM" seq="1" xml:id="a30r_add_d2e970">(um ein <subst xml:id="subst17a_a30r" seq="2"><del rend="overwritten">neues</del><add place="superimposed" xml:id="a30r_add_d2e975">schlechtes</add></subst> Wort für <subst xml:id="subst17b_a30r" seq="2"><del rend="overwritten">diese</del><add place="superimposed" xml:id="a30r_add_d2e981">eine</add></subst> <subst xml:id="subst17c_a30r" seq="2"><del rend="overwritten">neue</del><add place="superimposed" xml:id="a30r_add_d2e987">schlechte</add></subst> Sache zu bilden)</add> hat sich <subst xml:id="a30r_subst_d2e991"><add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e992"><del rend="hatching">allmählich</del> <add place="inline" rend="insMExt" xml:id="a30r_add_d2e996">allmählich</add></add><del rend="hatching">bereits</del></subst> dermaaßen <add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e1001"><del rend="hatching">schon</del></add> ins Geistige, Geistigste umgesetzt<add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e1005"> und verkleidet</add>, daß er <add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e1008">heute</add> <subst xml:id="a30r_subst_d2e1012"><add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e1013"><del rend="hatching">bereits</del></add><del rend="hatching">bereits</del></subst> <subst xml:id="a30r_subst_d2e1019"><add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e1020">Schritt für Schritt <del rend="strikethrough" instant="true">bere</del></add><del rend="hatching">in den streng</del><del rend="none"><pc force="weak">-</pc></del>
<lb n="40" xml:id="a30r_lb40"/><add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e1031">bereits in die streng<pc force="weak">-</pc></add></subst>sten<subst xml:id="a30r_subst_d2e1036"><add place="inline" xml:id="a30r_add_d2e1037">,</add> <del rend="hatching">und</del></subst> anscheinend<anchor xml:id="appAnchor_a30r40"/> objektivsten Wissenschaften <subst xml:id="a30r_subst_d2e1045"><add place="above" rend="insM" seq="1" xml:id="a30r_add_d2e1046">eindringt<add place="inline" seq="2" xml:id="a30r_add_d2e1048"><del rend="overwritten" seq="3">;</del><add hand="#N_brown1" place="superimposed" seq="3" xml:id="a30r_add_d2e1051">,</add></add> <del rend="hatching" seq="2">und in ihnen Unfug</del> <add hand="#N_brown1" place="inline" rend="insMExt" seq="3" xml:id="a30r_add_d2e1057">eindringen <hi rend="underline">darf</hi>;</add></add><del rend="hatching" seq="1">sein Unwesen</del> <del rend="hatching" seq="2">treibt;</del></subst> ja er scheint mir <add place="above" rend="insM" seq="1" xml:id="a30r_add_d2e1069"><subst xml:id="subst18_a30r" seq="2"><del rend="hatching">bereits</del> <add place="inline" rend="insMExt" xml:id="a30r_add_d2e1074">schon über</add></subst></add> die ganze Physiologie und Lehre
<lb n="41" xml:id="a30r_lb41"/>vom Leben <subst xml:id="a30r_subst_d2e1080"><add xml:id="substAdd18_a30r" place="above" rend="insM" seq="2">Herr geworden zu sein<add hand="#N_brown1" place="inline" rend="insMExt" seq="3" xml:id="a30r_add_d2e1083">, zu ihrem Schaden, wie sich von selbst versteht,</add></add><del xml:id="substDel18_a30r" rend="hatching" seq="2">in eine falsche Richtung gedrängt zu haben</del></subst>, indem er ihr <subst xml:id="a30r_subst_d2e1088"><add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e1089">einen Grundbegriff, den der</add><del rend="hatching">den Begriff</del></subst> der eigentlichen <hi rend="underline">Aktivität</hi>, <subst xml:id="a30r_subst_d2e1097"><add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e1098">eskamotirt hat.</add><del rend="hatching">vorenthält oder</del>
<lb n="42" xml:id="a30r_lb42"/><del rend="hatching">eskamotirt</del></subst>. Man stellt dagegen <add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e1107">unter dem Druck jener Idiosynkrasie</add> die „Anpassung“ in den Vordergrund<add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e1111"> das heißt eine Aktivität zweiten Ranges, <milestone unit="page" edRef="#Ed" n="70"/>eine bloße Reaktivität</add>, ja man hat das Leben selbst als eine immer zweckmäßigere
<lb n="43" xml:id="a30r_lb43"/>innere Anpassung an äußere Umstände definirt (<hi rend="latin">Herbert Spencer</hi>) Damit ist aber das Wesen des Lebens verkannt, sein <hi rend="underline">Wille</hi> <hi rend="underline">zur</hi>
<lb n="44" xml:id="a30r_lb44"/><hi rend="underline">Macht</hi>; damit ist der principielle Vorrang übersehn, den die spontanen, angreifenden, übergreifenden, neu-auslegenden, neu-richtenden
<lb n="45" xml:id="a30r_lb45"/>und gestaltenden Kräfte haben, auf deren Wirkung erst die „Anpassung“ folgt; <subst xml:id="a30r_subst_d2e1134"><add place="above" rend="insM" xml:id="a30r_add_d2e1135">damit ist im Organismus selbst die herrschaftliche Rolle der höchsten </add><del rend="hatching">als eine Reaktion und Unterwerfungsform dessen, was</del>
<lb n="46" xml:id="a30r_lb46"/><add place="above" xml:id="a30r_add_d2e1141">Funktionäre abgeleugnet, in denen der Wille zum Leben aktiv und aggressiv erscheint. Man erinnert sich, was <hi rend="latin">Huxley Spencer’n</hi> zum Vorwurf gemacht hat – seinen „<hi rend="latin">admini<pc force="weak">-</pc></hi></add><del rend="hatching">zu schwach ist, um über den Feind Herr zu werden, und eben noch stark genug, um sein Sonderdasein aufrecht zu erhalten</del><add place="below" xml:id="a30r_add_d2e1152"><hi rend="latin">strativen Nihilismus</hi>“: aber es handelt sich noch um <hi rend="underline">mehr</hi> als um’s „Administriren“…</add></subst>
<lb n="2" xml:id="a31r_lb2"/><add place="inline" xml:id="a31r_add_d2e67">– </add>Man hat also, um zur Sache, nämlich zur <hi rend="underline">Strafe</hi> zurückzukehren, zweierlei an ihr zu unterscheiden: einmal das relativ
<lb n="3" xml:id="a31r_lb3"/><hi rend="underline">Dauerhafte</hi> an ihr, den Brauch, den Akt, das „Drama“, eine <add hand="#N_brown1" place="above" seq="2" xml:id="a31r_add_d2e77"><metamark function="transposition" target="#trans1_a31r">(2</metamark></add><seg xml:id="trans1_a31r">strenge</seg> <add place="above" rend="insM" seq="1" xml:id="a31r_add_d2e84"><add hand="#N_brown1" place="above" seq="2" xml:id="a31r_add_d2e85"><metamark function="transposition" target="#trans2_a31r">(1</metamark></add><seg xml:id="trans2_a31r">gewisse</seg></add> Abfolge von Prozeduren, andrerseits das <hi rend="underline">Flüssige</hi>
<lb n="4" xml:id="a31r_lb4"/>an ihr, den Sinn, den <retrace>Z</retrace>weck, die Erwartung, welche sich an die Ausführung solcher Prozeduren knüpft. Hierbei wird
<lb n="6" xml:id="a31r_lb6"/>res<add place="inline" xml:id="a31r_add_d2e134">, <add place="above" rend="insM" instant="true" xml:id="a31r_add_d2e136">Früheres</add></add> als <subst xml:id="subst1_a31r" seq="1"><add place="above" rend="insM" xml:id="a31r_add_d2e140">ihre Benützung zur</add><del rend="hatching">der ganze Begriff</del></subst> Strafe sein <subst xml:id="a31r_subst_d2e146"><add place="above" rend="insM" xml:id="a31r_add_d2e147">wird</add><del rend="hatching">muß</del></subst>, daß letztere<del xml:id="substDel1_a31r" rend="strikethrough" seq="1">r</del> erst in die <add place="above" rend="insM" xml:id="a31r_add_d2e155">(längst vorhandene, aber in einem anderen Sinne übliche)</add> Prozedur <hi rend="underline">hineingelegt</hi>, hineingedeutet worden ist,
<lb n="7" xml:id="a31r_lb7"/>kurz, daß es <hi rend="underline">nicht</hi> so steht, wie unsre naiven Moral- und Rechtsgenealogen bisher annahmen, welche sich <add place="above" rend="insM" xml:id="a31r_add_d2e167">allesammt</add> die Pro<pc force="weak">-</pc>
<lb n="8" xml:id="a31r_lb8"/>zedur <hi rend="underline">erfunden</hi> <subst xml:id="a31r_subst_d2e178"><add place="above" rend="insM" xml:id="a31r_add_d2e179">dachten</add><del rend="hatching">denken</del></subst> <restore type="strikethrough"><hi rend="underline">zum</hi></restore> <restore type="strikethrough"><hi rend="underline">Zweck</hi></restore> <restore type="strikethrough"><hi rend="underline">der</hi></restore> <restore type="strikethrough"><hi rend="underline">Strafe</hi></restore>, so wie man sich ehe<milestone unit="page" edRef="#Ed" n="71"/>mals die Hand erfunden dachte zum Zweck des
<lb n="9" xml:id="a31r_lb9"/>Greifens. Was nun <subst xml:id="a31r_subst_d2e205"><add place="above" rend="insM" seq="1" xml:id="a31r_add_d2e206">jenes<add xml:id="substAdd2a_a31r" seq="2" place="inline" rend="insMExt"> andre</add></add><del rend="hatching" seq="1">das</del> <del xml:id="substDel2_a31r" rend="hatching">flüssige</del></subst> Element an der Strafe betrifft<add xml:id="substAdd2b_a31r" place="inline" seq="2">, <add seq="2" place="above" rend="insM" instant="true" xml:id="a31r_add_d2e219">das flüssige</add></add>, ihren „Sinn“, so stellt in einem sehr späten Zustan<pc force="weak">-</pc>
<lb n="10" xml:id="a31r_lb10"/>de der Cultur (zum Beispiel im heutigen Europa) der Begriff <subst xml:id="a31r_subst_d2e227"><del rend="overwritten">d</del><add place="superimposed" instant="true" xml:id="a31r_add_d2e230">„S</add></subst>trafe“ in der That <add place="above" rend="insM" xml:id="a31r_add_d2e233">gar</add> nicht mehr Einen Sinn vor, sondern
<lb n="11" xml:id="a31r_lb11"/>eine <add place="above" rend="insM" xml:id="a31r_add_d2e239">ganze</add> Synthesis von „Sinnen“: die <subst xml:id="a31r_subst_d2e242"><add place="above" rend="insM" xml:id="a31r_add_d2e243">bisherige</add><del rend="hatching">ganze</del></subst> Geschichte der Strafe<add place="above" rend="insM" xml:id="a31r_add_d2e248"> überhaupt</add>, die Geschichte ihrer Ausnützung zu den verschiedensten Zwecken
<lb n="12" xml:id="a31r_lb12"/>krystallisirt sich zuletzt in eine Art von Einheit, welche schwer löslich, schwer zu analysiren und<add place="inline" xml:id="a31r_add_d2e253">, <add place="above" rend="insM" instant="true" xml:id="a31r_add_d2e255">was man hervorheben muß,</add></add> ganz und gar <hi rend="underline">unde<pc force="weak">-</pc>
<lb n="13" xml:id="a31r_lb13"/>finirbar</hi> ist. <subst xml:id="a31r_subst_d2e267"><del xml:id="substDel3a_a31r" rend="hatching" seq="1">(</del><add xml:id="substAdd3a_a31r" place="above" rend="insM" seq="1"><retrace>(</retrace>Es ist heute <hi rend="underline">unmöglich</hi>, bestimmt zu sagen, <hi rend="underline">warum</hi> eigentlich <add place="above" rend="insM" seq="999" xml:id="a31r_add_d2e279">heute</add> gestraft wird<subst xml:id="subst4_a31r" seq="2"><del rend="overwritten">*.</del><add place="superimposed" xml:id="a31r_add_d2e285">:</add></subst><del rend="strikethrough" seq="2">)</del><add place="inline" rend="insMExt" seq="2" xml:id="a31r_add_d2e289"> alle</add></add><del xml:id="substDel4_a31r" rend="hatching" seq="2">Alle</del></subst> Begriffe, in denen <add xml:id="substAdd3b_a31r" place="below" rend="insM" seq="1">sich</add> ein ganzer Prozeß semiotisch zusammen<del xml:id="substDel3b_a31r" rend="hatching" seq="1">ge</del>faßt <del xml:id="substDel3c_a31r" rend="hatching" seq="1">wird</del>, entziehn sich der Defini<pc force="weak">-</pc>
<lb n="14" xml:id="a31r_lb14"/>tion; definirbar ist nur das, was keine Geschichte hat.<add xml:id="substAdd4_a31r" seq="2" place="inline">)</add><del xml:id="substDel3d_a31r" rend="hatching" seq="1">)</del> In einem früheren Stadium erscheint dagegen jene Synthesis
<lb n="15" xml:id="a31r_lb15"/>von „Sinnen“ noch löslicher, auch noch verschiebbarer; man kann <add place="above" rend="insM" xml:id="a31r_add_d2e316">noch</add> wahrnehmen, wie für jeden einzelnen Fall die Elemen<pc force="weak">-</pc>
<lb n="16" xml:id="a31r_lb16"/>te der Synthesis <del rend="hatching">noch</del> ihre Werthigkeit verändern und sich demgemäß umordnen, so daß bald dies, bald jenes Element
<lb n="17" xml:id="a31r_lb17"/>auf Kosten der übrigen hervortritt und dominirt, ja unter Umständen Ein Element (etwa der Zweck der Abschreckung)
<lb n="18" xml:id="a31r_lb18"/>den ganzen Rest von Elementen aufzuheben scheint. Um wenigstens eine Vorstellung davon zu geben, wie unsicher,
<lb n="19" xml:id="a31r_lb19"/>wie nachträglich, wie accidentiell „der Sinn“ der Strafe ist und wie ein und dieselbe Prozedur auf grundverschiedne Ab<pc force="weak">-</pc>
<lb n="20" xml:id="a31r_lb20"/>sichten hin benützt, gedeutet, zurechtgemacht werden kann: so stehe hier das Schema, das sich mir selbst auf Grund
<lb n="21" xml:id="a31r_lb21"/>eines verhältnißmäßig kleinen und zufälligen Materials ergeben hat. Strafe als Unschädlichmachen, als Verhinderung wei<pc force="weak">-</pc>
<lb n="22" xml:id="a31r_lb22"/>teren Schädigens. Strafe <milestone unit="page" edRef="#Ed" n="72"/>als Abzahlung des Schadens an den Geschädigten, in irgend einer Form (auch in der <subst xml:id="a31r_subst_d2e349"><add place="above" rend="insM" xml:id="a31r_add_d2e350">einer</add><del rend="hatching">der</del></subst> Affekt-
<lb n="23" xml:id="a31r_lb23"/>Compensation) Strafe als Isolirung einer Gleichgewichts-Störung, um ein Weitergreifen der Störung zu verhüten. Strafe
<lb n="24" xml:id="a31r_lb24"/>als Furchteinflößen vor denen, welche die Strafe bestimmen und <choice xml:id="a31r_choice_d2e360"><sic>Exekutiren</sic><corr>exekutiren</corr></choice>. Strafe als eine Art Ausgleich für die Vortheile,
<lb n="25" xml:id="a31r_lb25"/>welche der Verbrecher bis dahin genossen hat (zum Beispiel wenn er als Bergwerkssklave nutzbar gemacht wird). Strafe
<lb n="26" xml:id="a31r_lb26"/>als Ausscheidung eines entartenden Elementes (unter Umständen eines ganzen Zweigs, wie nach chinesischem Rechte:
<lb n="27" xml:id="a31r_lb27"/>somit als Mittel zur Reinerhaltung der Rasse oder <add place="above" rend="insM" xml:id="a31r_add_d2e370">zur Festhaltung</add> eines socialen Typus). Strafe als Fest, nämlich als Verge<pc force="weak">-</pc>
<lb n="28" xml:id="a31r_lb28"/>waltigung und Verhöhnung eines endlich niedergeworfnen Feindes. Strafe als ein Gedächtniß-machen, sei es für den,
<lb n="29" xml:id="a31r_lb29"/>der die Strafe erleidet – die sogenannte „Besserung“, sei es für die Zeugen der Exekution. Strafe als <subst xml:id="a31r_subst_d2e381"><add place="above" rend="insM" seq="1" xml:id="a31r_add_d2e382">Zahlung eines Honorars</add><del rend="hatching" seq="1">ein Lohn</del><add place="inline" seq="1" xml:id="a31r_add_d2e386">,</add> <del rend="overwritten" seq="1">an</del><add place="superimposed" seq="1" xml:id="a31r_add_d2e391"><del hand="#N_brown1" rend="hatching" seq="2">als</del></add>
<lb n="30" xml:id="a31r_lb30"/><add place="above" rend="insM" seq="1" xml:id="a31r_add_d2e396"><del hand="#N_brown1" rend="hatching" seq="2">eine Vergütigung der Dankbarkeit gegen </del><add hand="#N_brown1" place="inline" rend="insMExt" seq="2" xml:id="a31r_add_d2e399">ausbedungen Seitens der</add></add><del hand="#N_brown1" rend="hatching" seq="2">die</del></subst> Macht, welche den Übelthäter vor den Ausschweifungen der Rache schützt<del rend="strikethrough">e</del>. <subst xml:id="a31r_subst_d2e407"><add place="above" rend="insM" change="#version0" seq="1" instant="true" xml:id="a31r_add_d2e408">Strafe als Compromiß mit<add xml:id="substAdd5a_a31r" place="inline" rend="insMExt" seq="2"> dem Naturzustand<del rend="strikethrough">e</del></add></add> <del rend="hatching" seq="1" instant="true">–</del> <del rend="hatching" seq="1" instant="true">Fortsetzung folgt</del></subst>.<space unit="char" quantity="5"/> der Rache, sofern
<lb n="31" xml:id="a31r_lb31"/>letztere<add xml:id="substAdd5b_a31r" place="inline">r</add> durch mächtige Geschlechter <add place="above" rend="insM" xml:id="a31r_add_d2e429">noch</add> aufrecht erhalten und als Privilegium in Anspruch <choice xml:id="a31r_choice_d2e432"><sic>genomen</sic><corr>genommen</corr></choice> wird. Strafe als Kriegserklärung <add place="above" rend="insM" xml:id="a31r_add_d2e438"><choice xml:id="a31r_choice_d2e439"><abbr>u</abbr><expan>und</expan></choice> Kriegsmaßregel</add> ge<pc force="weak">-</pc>
<lb n="32" xml:id="a31r_lb32"/>gen einen Feind des <add hand="#N_brown1" place="above" rend="insM" xml:id="a31r_add_d2e449">Friedens, des</add> Gesetzes, der Ordnung, der Obrigkeit, den man als gefährlich für das Gemeinwesen, als vertragsbrüchig
<lb n="33" xml:id="a31r_lb33"/>in Hinsicht auf dessen Voraussetzungen, als einen Empörer, Verräther <choice xml:id="a31r_choice_d2e454"><abbr>u</abbr><expan>und</expan></choice> Friedensbrecher mit <subst xml:id="a31r_subst_d2e459"><add hand="#N_brown1" place="above" rend="insM" xml:id="a31r_add_d2e460">allen</add><del hand="#N_brown1" rend="hatching">den</del></subst> Mitteln bekämpft, die <del hand="#N_brown1" rend="hatching">nur</del>
<lb n="34" xml:id="a31r_lb34"/>der Krieg <subst xml:id="a31r_subst_d2e470"><add hand="#N_brown1" place="above" rend="insM" xml:id="a31r_add_d2e471">an die Hand giebt.<add hand="#N_brown1" place="inline" xml:id="a31r_add_d2e473"> –</add></add><del hand="#N_brown1" rend="hatching">erlaubt.</del></subst>
<lb n="36" rend="indent" xml:id="a31r_lb36"/>Diese Liste ist gewiß nicht vollständig; ersichtlich ist die Strafe mit Nützlichkeiten aller Art überladen. <milestone unit="page" edRef="#Ed" n="73"/>Um so eher darf
<lb n="37" xml:id="a31r_lb37"/> man von ihr eine <hi rend="underline">vermeintliche</hi> Nützlichkeit in Abzug bringen, die allerdings im populären Bewußtsein als ihre wesentlich<pc force="weak">-</pc>
<lb n="38" xml:id="a31r_lb38"/>ste gilt, – der Glaube an die Strafe, der heute aus mehreren Gründen wackelt, findet <del rend="hatching">heute</del> <add place="above" rend="insM" xml:id="a31r_add_d2e507">gerade</add> an ihr immer noch
<lb n="39" xml:id="a31r_lb39"/> seine kräftigste Stütze. Die Strafe soll den Werth haben, das <hi rend="underline">Gefühl</hi> <hi rend="underline">der</hi> <hi rend="underline">Schuld</hi> im Schuldigen aufzuwecken, man sucht in
<lb n="1" xml:id="b49r_lb1"/>behandlung durchgesetzt hat, ist jedes Mal die Krankhaftigkeit unheimlich schnell in die Tiefe
<lb n="2" xml:id="b49r_lb2"/>und Breite gewachsen. Was war immer der „Erfolg“? Ein zerrüttetes Nervensystem, hinzu
<lb n="3" xml:id="b49r_lb3"/>zu dem, was sonst schon krank war; und das im Größten <subst xml:id="b49r_subst_d2e57"><add place="above" rend="insM" xml:id="b49r_add_d2e58">wie</add><del rend="hatching">und</del></subst> im Kleinsten, bei Ein<pc force="weak">-</pc>
<lb n="4" xml:id="b49r_lb4"/>zelnen <subst xml:id="b49r_subst_d2e69"><add place="above" rend="insM" xml:id="b49r_add_d2e70">wie</add><del rend="hatching">und</del></subst> bei Massen. Wir finden im Gefolge des Buß- und Erlösungs-<hi rend="latin">training</hi> un<pc force="weak">-</pc>
<lb n="5" xml:id="b49r_lb5"/>geheure epileptische Epidemien, <add place="above" rend="insM" xml:id="b49r_add_d2e83">die größten, von denen die Geschichte weiß,</add> wie die der <hi rend="latin">St. Veit</hi>- und <hi rend="latin">St.</hi> Johann-Tänzer <add place="above" rend="insM" xml:id="b49r_add_d2e93">des Mittelalters; <add place="inline" rend="insMExt" xml:id="b49r_add_d2e95"><metamark xml:id="mark1a_b49r" rend="red-marking" target="#mark1b_b49r #substAdd1_b49r">(+)</metamark></add></add> – hier<pc force="weak">-</pc>
<lb n="6" xml:id="b49r_lb6"/>her gehört auch die Hexen-Hysterie, etwas dem Somnambulismus Verwandtes <add place="above" rend="insM" xml:id="b49r_add_d2e104">(acht große epidemische Ausbrüche derselben allein zwischen 1564 <choice xml:id="b49r_choice_d2e106"><abbr>u</abbr><expan>und</expan></choice> 1605)</add> –; wir fin<pc force="weak">-</pc>
<lb n="7" xml:id="b49r_lb7"/>den in seinem Gefolge <add place="above" rend="insM" xml:id="b49r_add_d2e117">insgleichen</add> jene todsüchtigen Massen-Delirien, deren entsetzlicher Schrei
<lb n="8" xml:id="b49r_lb8"/>„<hi rend="latin">evviva la morte</hi>“ über ganz Europa weg gehört wurde, unterbrochen bald von wol<pc force="weak">-</pc>
<lb n="9" xml:id="b49r_lb9"/>lüstigen, bald von zerstörungswüthigen <subst xml:id="b49r_subst_d2e131"><add place="above" rend="insM" xml:id="b49r_add_d2e132">Idiosynkrasien</add><del rend="hatching">Gelüsten</del></subst>: wie der gleiche Affektwechsel, <subst xml:id="subst2a_b49r" seq="1"><add place="above" xml:id="b49r_add_d2e138">mit</add><del rend="hatching">die</del>
<lb n="10" xml:id="b49r_lb10"/><add place="above" rend="insM" xml:id="b49r_add_d2e144">den </add></subst>gleichen Intermittenzen <add place="above" rend="insM" xml:id="b49r_add_d2e147"><milestone unit="page" edRef="#Ed" n="159"/>und Umsprüngen,</add> auch heute noch überall beobachtet <subst xml:id="subst2b_b49r" seq="1"><add place="above" xml:id="b49r_add_d2e152">wird,</add><del rend="hatching">werden</del></subst><add place="inline" xml:id="b49r_add_d2e156">,<add place="above" rend="insM" instant="true" xml:id="b49r_add_d2e158"> in jedem Falle</add></add>, wo die asketische
<lb n="11" xml:id="b49r_lb11"/>Sündenlehre <add place="above" rend="insM" seq="1" xml:id="b49r_add_d2e164">es <del xml:id="substDel3_b49r" rend="hatching" seq="2">einmal</del> wieder<add xml:id="substAdd3_b49r" place="inline" rend="insMExt" seq="2"> einmal</add></add> zu einem großen Erfolge <subst xml:id="b49r_subst_d2e172"><add place="above" xml:id="b49r_add_d2e173">bringt</add><del rend="hatching">kommt</del></subst> (die religiöse Neurose <subst xml:id="b49r_subst_d2e178"><add place="above" rend="insM" xml:id="b49r_add_d2e179"><hi rend="underline">erscheint</hi> als eine</add><del rend="hatching">ist</del></subst> eine Form des
<lb n="12" xml:id="b49r_lb12"/>„bösen Wesens“: daran ist kein Zweifel<subst xml:id="b49r_subst_d2e188"><add place="inline" xml:id="b49r_add_d2e189">.</add><add place="above" rend="insM" xml:id="b49r_add_d2e191"> Was sie ist? <hi rend="latin">Quaeritur</hi>.)</add><del rend="hatching">)</del></subst> In’s Große gerechnet, <subst xml:id="b49r_subst_d2e200"><add xml:id="substAdd4a_b49r" place="above" rend="insM" seq="2">so hat sich</add><del xml:id="substDel4a_b49r" rend="hatching" seq="2">was soll ein Arzt </del><add place="above" rend="insM" seq="1" xml:id="b49r_add_d2e205">das</add><del rend="hatching" seq="1"> vom</del></subst>
<lb n="14" xml:id="b49r_lb14"/>stematisirung aller Mittel der Gefühls-Ausschweifung<subst xml:id="b49r_subst_d2e255"><add place="inline" xml:id="b49r_add_d2e256">,</add><add place="above" rend="insM" xml:id="b49r_add_d2e258"> unter dem Schutz heiliger Absichten,</add><del rend="hatching">?</del></subst> auf eine furchtbare <add place="above" rend="insM" xml:id="b49r_add_d2e263">und unvergeßliche</add> Weise in
<lb n="15" xml:id="b49r_lb15"/>die <add place="above" rend="insM" xml:id="b49r_add_d2e268">ganze</add> Geschichte des Menschen eingeschrieben*; und <add place="above" rend="insM" xml:id="b49r_add_d2e274">leider</add> <hi rend="underline">nicht</hi> <hi rend="underline">nur</hi> in seine Geschichte… Ich wüßte
<lb n="16" xml:id="b49r_lb16"/>kaum noch etwas Anderes geltend zu machen, was dermaaßen zerstörerisch der <hi rend="underline">Gesundheit</hi>
<lb n="17" xml:id="b49r_lb17"/>und Rassen-Kräftigkeit namentlich der Europäer zugesetzt hat als dies Ideal; man darf
<lb n="18" xml:id="b49r_lb18"/>es ohne alle Übertreibung <hi rend="underline">das</hi> <add place="above" rend="insM" xml:id="b49r_add_d2e296"><hi rend="underline">eigentliche</hi></add> <hi rend="underline">Verhängniß</hi> in der Gesundheitsgeschichte des europäischen
<lb n="19" xml:id="b49r_lb19"/>Menschen nennen. Höchstens, daß seinem Einflusse noch der spezifisch-germanische Einfluß gleich<pc force="weak">-</pc>
<lb n="20" xml:id="b49r_lb20"/>zusetzen wäre: ich meine die Alcohol-Vergiftung Europa’s, welche streng mit dem politischen
<lb n="21" xml:id="b49r_lb21"/>und <add place="above" rend="insM" xml:id="b49r_add_d2e313"><del rend="hatching">*dem</del></add> Rassen-Übergewicht <add place="above" rend="insM" xml:id="b49r_add_d2e317"><del rend="hatching">oder @@@@</del></add> der Germanen bisher Schritt gehalten hat<add place="above" rend="insM" xml:id="b49r_add_d2e322"> (– wo sie ihr Blut einimpften, impften sie auch ihr Laster ein.)</add>. – Zudritt in der Reihe
<lb n="22" xml:id="b49r_lb22"/>wäre die Syphilis zu nennen, – <hi rend="latin">magno sed proxima intervallo</hi>.
<lb n="24" xml:id="b49r_lb24"/>Der asketische Priester hat die seelische Gesundheit verdorben, wo er auch nur zur Herr<pc force="weak">-</pc><add place="below" instant="true" xml:id="b49r_add_d2e352">schaft</add>
</p>
<ab xml:id="b49r_ab_d2e358">
<add xml:id="substAdd1_b49r">
<lb n="25" xml:id="b49r_lb25"/><add place="inline" rend="red-marking" instant="true" xml:id="b49r_add_d2e363"><metamark xml:id="mark1b_b49r" target="#mark1a_b49r">(+) </metamark></add>wir finden <add place="above" rend="insM" xml:id="b49r_add_d2e367">als andre Form <subst xml:id="b49r_subst_d2e369"><add place="above" rend="insM" xml:id="b49r_add_d2e370">seines</add><del rend="hatching">@@@</del></subst> Nachspiels</add> furchtbare Lähmungen und <add place="above" rend="insM" xml:id="b49r_add_d2e377">Dauer-</add>Depressionen, mit denen unter Umständen d<subst xml:id="b49r_subst_d2e380"><del rend="overwritten">er</del><add place="superimposed" xml:id="b49r_add_d2e383">as</add></subst> <add place="below" rend="insM" xml:id="b49r_add_d2e386">Temperament</add><del rend="hatching">Charakter</del> eines Volks oder
<lb n="26" xml:id="b49r_lb26"/>einer Stadt (Genf, Basel) <add place="above" rend="insM" xml:id="b49r_add_d2e394">ein für alle Mal</add> in sein Gegentheil u*mschlägt</add>
</ab>
</div2></div1>
</body>
<back><!-- hier folgt der Anhang: Dokumente zur Entstehungs- und Druckgeschichte --></back>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb3" start="#a2r_lb3" rend="indent" n="3">Wir sind uns unbekannt, wir Erkennenden, wir selbst uns selbst: das hat seinen guten Grund. Wir haben nie
</line>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb4" start="#a2r_lb4" n="4">nach uns gesucht, – wie sollte es geschehn, daß wir eines Tags uns <hi rend="underline">fänden</hi>? Mit Recht hat man gesagt: „wo euer
</line>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb5" start="#a2r_lb5" n="5">Schatz ist, da ist auch euer Herz“; <hi rend="underline">unser</hi> Schatz ist, wo die Bienenkörbe unsrer Erkenntniß stehn. Wir sind immer
</line>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb6" start="#a2r_lb6" n="6">dazu unterwegs, als geborne Flügelthiere und Honigsammler des Geistes, wir kümmern uns von Herzen eigentlich
</line>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb7" start="#a2r_lb7" n="7">nur um Eins – etwas „heimzubringen“. Was das Leben sonst, die sogenannten „Erlebnisse“ angeht, – wer von uns
</line>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb8" start="#a2r_lb8" n="8">hat dafür auch nur Ernst genug? Oder Zeit genug? Bei solchen Sachen waren wir, fürchte ich, nie recht „bei
</line>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb9" start="#a2r_lb9" n="9">der Sache“: wir haben eben unser Herz nicht dort<del rend="overwritten" cause="#a2r_add_d2e80">
<del rend="strikethrough">,</del>
</del>
<add place="superimposed" corresp="#a2r_add_d2e80"> –</add> und nicht einmal unser Ohr! Vielmehr wie ein Göttlich-
</line>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb10" start="#a2r_lb10" n="10">Zerstreuter und In-sich-Versenkter, dem die Glocke eben mit aller Macht ihre zwölf Schläge des Mittags in’s
</line>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb11" start="#a2r_lb11" n="11">Ohr gedröhnt hat, mit Einem Male aufwacht und sich fragt „was hat es da eigentlich geschlagen?“ so reiben
</line>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb12" start="#a2r_lb12" n="12">auch wir uns mitunter <hi rend="underline">hinterdrein</hi> die Ohren und fragen, ganz erstaunt, ganz betreten „was haben wir da
</line>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb13" start="#a2r_lb13" n="13">eigentlich erlebt? mehr noch: wer <hi rend="underline">sind</hi> wir eigentlich?“ und zählen nach, hinterdrein, wie gesagt, alle <milestone unit="page" edRef="#Ed" n="IV"/>die
</line>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb14" start="#a2r_lb14" n="14">zitternden zwölf Glockenschläge unsres Erlebnisses, unsres Lebens, unsres <hi rend="underline">Seins</hi> – ach! und verzählen uns da<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb15" start="#a2r_lb15" n="15">bei… Wir bleiben uns eben nothwendig fremd, wir verstehn uns nicht, wir <hi rend="underline">müssen</hi> uns verwechseln, für
</line>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb16" start="#a2r_lb16" n="16">uns heißt der Satz in alle Ewigkeit „Jeder ist sich selbst der Fernste“, – für uns sind wir keine „Erkennen<pc force="weak">-</pc>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb19" start="#a2r_lb19" n="19">– Meine Gedanken über die <hi rend="underline">Herkunft</hi> unsrer moralischen Vorurtheile – denn um sie handelt es sich in dieser Streit<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb20" start="#a2r_lb20" n="20">schrift – haben ihren ersten, sparsamen und vorläufigen Ausdruck in jener Aphorismen-Sammlung erhalten, die den
</line>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb21" start="#a2r_lb21" n="21">Titel trägt „Menschliches, Allzumenschliches. Ein Buch für freie Geister<del rend="strikethrough" cert="high">.</del>“ und deren Niederschrift in Sorrent begonnen
</line>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb22" start="#a2r_lb22" n="22">wurde, während eines Winters, welcher es mir erlaubte, Halt zu machen wie ein Wandrer Halt macht, und das weite
</line>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb23" start="#a2r_lb23" n="23">und gefährliche Land zu überschauen, durch das mein Geist bis dahin gewandert war. Dies geschah im Winter 1876
</line>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb24" start="#a2r_lb24" n="24">-77; die Gedanken selbst sind älter. Es waren in der Hauptsache schon die gleichen Gedanken, die ich in den
</line>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb25" start="#a2r_lb25" n="25">vorliegenden Abhandlungen wieder aufnehme: – hoffen wir, daß die lange Zwischenzeit ihnen gut gethan hat,
</line>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb26" start="#a2r_lb26" n="26">daß sie reifer, heller, stärker, vollkommner geworden sind! <hi rend="underline">Daß</hi> ich aber heute noch an ihnen festhalte, daß sie
</line>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb27" start="#a2r_lb27" n="27">sich selber inzwischen immer fester an einander gehalten haben, ja in einander gewachsen und verwachsen sind, das
</line>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb28" start="#a2r_lb28" n="28">stärkt in mir die frohe Zuversichtlichkeit, sie möchten von Anfang an in mir nicht einzeln, <milestone unit="page" edRef="#Ed" n="V"/>nicht beliebig, nicht spo<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb29" start="#a2r_lb29" n="29">radisch entstanden sein, sondern aus einer gemeinsamen Wurzel heraus, aus einem in der Tiefe gebietenden, im<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb30" start="#a2r_lb30" n="30">mer bestimmter redenden, immer Bestimmteres verlangenden <hi rend="underline">Grundwillen</hi> der Erkenntniß. So allein nämlich ge<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb31" start="#a2r_lb31" n="31">ziemt es sich bei einem Philosophen. Wir haben kein Recht darauf, irgend worin <hi rend="underline">einzeln</hi> zu sein: wir dürfen weder
</line>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb32" start="#a2r_lb32" n="32">einzeln irren, noch einzeln die Wahrheit treffen. Vielmehr mit der Nothwendigkeit, mit der ein Baum seine
</line>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb33" start="#a2r_lb33" n="33">Früchte trägt, wachsen aus uns unsre Gedanken, unsre Werthe, un<retrace>s</retrace>re Ja’s und Nein’s und Wenn’s und Ob’s –
</line>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb34" start="#a2r_lb34" n="34">verwandt und bezüglich allesammt unter einander und Zeugnisse Eines Willens, Einer Gesundheit, Eines Erd<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb35" start="#a2r_lb35" n="35">reichs, Einer Sonne. – Ob sie <hi rend="underline">euch</hi> schmecken, diese unsre Früchte? – Aber was geht das die Bäume an!
</line>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb36" start="#a2r_lb36" n="36">Was geht das <hi rend="underline">uns</hi> an, uns Philosophen!…
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb38" start="#a2r_lb38" n="38">Bei einer mir eignen Bedenklichkeit, die ich ungern eingestehe – sie bezieht sich nämlich auf die <hi rend="underline">Moral</hi>,
</line>
<line xml:id="srcD_line_a2r_lb39" start="#a2r_lb39" n="39">auf Alles, was bisher auf Erden als Moral gefeiert worden ist –, einer Bedenklichkeit, <del rend="hatching">die</del> welche in meinem </line>
<line xml:id="srcD_line_a3r_lb1" start="#a3r_lb1" n="1">abliegt (in der <hi rend="latin">Dr. Rée</hi>, gleich allen englischen Moralgenealogen, die moralische Werthungsweise <hi rend="underline">an</hi> <hi rend="underline">sich</hi> sieht); ins<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3r_lb2" start="#a3r_lb2" n="2">gleichen S. <del>29</del>74. <hi rend="latin">Wand.</hi> S. 29. <metamark xml:id="srcD_metamark_a3r_add_d2e64" function="insertion">
<add place="above" corresp="#a3r_add_d2e64">
<hi rend="latin">Morgenr.</hi> S. 99</add>
</metamark> über die Herkunft der Gerechtigkeit als eines Ausgleichs zwischen ungefähr Gleich-
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3r_lb3" start="#a3r_lb3" n="3">Mächtigen (Gleichgewicht als Voraussetzung aller Verträge, folglich alles Rechts); insgleichen über die Herkunft der Strafe
<hi rend="latin">Wand.</hi> S. 25. 34. für die der terroristische Zweck, <metamark xml:id="srcD_metamark_a3r_add_d2e76" function="insertion" rend="inSpatium">
<line xml:id="srcD_line_a3r_lb7" start="#a3r_lb7" rend="indent" n="7">Im Grunde lag mir gerade damals etwas viel Wichtigeres am Herzen als eignes oder fremdes Hypothesenwesen über den
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3r_lb8" start="#a3r_lb8" n="8">Ursprung der Moral (oder vielmehr: das letztere nur um eines Zweckes willen, zu dem es eins unter vielen Mit<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3r_lb9" start="#a3r_lb9" n="9">teln war) Es handelte sich für mich um den <hi rend="underline">Werth</hi> der Moral, – und darüber hatte ich mich fast allein mit meinem
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3r_lb10" start="#a3r_lb10" n="10">großen Lehrer Schopenhauer auseinanderzusetzen, an den wie an einen Gegenwärtigen jenes Buch, die Leidenschaft <choice corresp="#a3r_choice_d2e115">
</choice> der geheime Widerspruch jenes Buchs sich wendet <add place="inline" corresp="#a3r_add_d2e122">(</add>– denn auch jenes Buch war eine „Streitschrift.“) Es handelte sich
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3r_lb12" start="#a3r_lb12" n="12">in Sonderheit um den Werth des „Unegoistischen“, der Mitleids- Selbstverläugnungs- Selbstopferungs-Instinkte, welche
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3r_lb13" start="#a3r_lb13" n="13">gerade Schopenhauer so lange vergoldet, vergöttlicht und verjenseitigt hatte, bis sie ihm schließlich als die „Werthe an
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3r_lb14" start="#a3r_lb14" n="14">sich“ übrig blieben, auf Grund deren er zum Leben, auch zu sich selbst, <hi rend="underline">Nein</hi> <hi rend="underline">sagte</hi>. Aber gerade gegen <hi rend="underline">diese</hi> In<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3r_lb15" start="#a3r_lb15" n="15">stinkte redete aus mir ein immer grundsätzlicherer Argwohn, eine immer tiefer grabende Skepsis! Gerade hier sah
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3r_lb16" start="#a3r_lb16" n="16">ich die <hi rend="underline">große</hi> Gefahr der Menschheit, ihre <choice corresp="#a3r_choice_d2e152">
<line xml:id="srcD_line_a3r_lb17" start="#a3r_lb17" n="17">hier sah ich den Anfang vom Ende, das Stehenbleiben, die nihilistische Müdigkeit, den Willen <hi rend="underline">gegen</hi> das Leben
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3r_lb18" start="#a3r_lb18" n="18">sich wendend, die letzte Krankheit sich zärtlich und schwermüthig ankündigend: ich <metamark xml:id="srcD_metamark_a3r_add_d2e164" function="insertion">
<del rend="hatching">begriff</del> die immer mehr um sich grei<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3r_lb19" start="#a3r_lb19" n="19">fende Mitleids-Moral, welche selbst die Philosophen ergriff und krank machte, <milestone unit="page" edRef="#Ed" n="X"/>als das unheimlichste Symptom einer
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3r_lb20" start="#a3r_lb20" n="20">unheimlich gewordnen europäischen Cultur, als ihren Umweg – zum Nihilismus?… Zu einem neuen Buddhis<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3r_lb21" start="#a3r_lb21" n="21">mus, einem Zukunfts-Buddhismus?… Diese moderne Philosophen-Bevorzugung und Überschätzung des Mitlei<metamark xml:id="srcD_metamark_a3r_add_d2e186" function="insertion" rend="inWord">
<line xml:id="srcD_line_a3r_lb22" start="#a3r_lb22" n="22">nämlich etwas Neues: gerade über den <hi rend="underline">Unwerth</hi> des Mitleidens waren bisher die Philosophen übereingekommen.
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3r_lb23" start="#a3r_lb23" n="23">Ich nenne nur Plato, Spinoza, <choice corresp="#a3r_choice_d2e198">
<seg corresp="#trans1_a3r">Eins</seg> <metamark function="transposition" rend="transLine"/> <seg corresp="#trans2_a3r">in Einem</seg>: in der Geringschätzung des Mitleidens. –
<line xml:id="srcD_line_a3r_lb26" start="#a3r_lb26" rend="indent" n="26">Dies Problem vom <hi rend="underline">Werthe</hi> des Mitleids und der Mitleids-Moral <metamark xml:id="srcD_metamark_a3r_add_d2e237" function="insertion" rend="inSpatium" style="top:-0.125em;height:1.4375em;">
<add place="above" corresp="#a3r_add_d2e237" style="left:-7.5em;">(– <add corresp="#a3r_add_d2e240" style="left:4.6875em;top:-3.02734em;" place="above" hand="#typesetter_black1">ich bin ein Gegner der schändlichen modernen Gefühlsverweichlichung –</add>
</metamark> scheint zunächst nur etwas Vereinzeltes, ein Frage<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3r_lb27" start="#a3r_lb27" n="27">zeichen für sich; wer aber einmal hier hängen bleibt, hier fragen <hi rend="underline">lernt</hi>, dem wird es gehn, wie es mir ergangen ist –
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3r_lb28" start="#a3r_lb28" n="28">eine ungeheure neue Aussicht thut sich ihm auf, eine Möglichkeit faßt ihn wie ein Schwindel, jede Art Mißtrauen,
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3r_lb29" start="#a3r_lb29" n="29">Argwohn, Furcht springt hervor, der Glaube an die Moral, an alle Moral wankt, – endlich wird eine neue Forderung
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3r_lb30" start="#a3r_lb30" n="30">laut. Sprechen wir sie aus, diese <hi rend="underline">neue</hi> <hi rend="underline">Forderung</hi>: wir haben eine <hi rend="underline">Kritik</hi> der moralischen Werthe nöthig, <hi rend="underline">der</hi>
<hi rend="underline">Werth</hi> <hi rend="underline">dieser</hi> <hi rend="underline">Werthe</hi> <hi rend="underline">ist</hi> <hi rend="underline">selbst</hi> <hi rend="underline">erst</hi> <hi rend="underline">einmal</hi> <hi rend="underline">in</hi> <hi rend="underline">Frage</hi> <hi rend="underline">zu</hi> <hi rend="underline">stellen</hi> – und dazu thut eine Kenntniß der Bedingungen
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3r_lb32" start="#a3r_lb32" n="32">und Umstände noth, aus denen sie gewachsen, unter denen sie sich ent<milestone unit="page" edRef="#Ed" n="XI"/>wickelt und verschoben haben (Moral als
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3r_lb33" start="#a3r_lb33" n="33">Folge, als Symptom, als Maske, als Tartüfferie, als Krankheit, als Mißverständniß, aber auch Moral als Ursache, als
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3r_lb34" start="#a3r_lb34" n="34">Heilmittel, als <hi rend="latin">Stimulans</hi>, als Hemmung, als Gift), wie eine solche Kenntniß weder bis jetzt da war, noch auch nur
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3r_lb35" start="#a3r_lb35" n="35">begehrt worden ist. Man nahm den <hi rend="underline">Werth</hi> dieser „Werthe“ als gegeben, als thatsächlich, als jenseits aller In-Fra<pc force="weak">-</pc>
<add place="superimposed" corresp="#a3r_add_d2e358">St</add>ellung; man hat bisher auch nicht im Entferntesten daran gezweifelt und geschwankt, <add place="inline" corresp="#a3r_add_d2e362">„</add>den <del rend="strikethrough">„</del>Guten“ <metamark xml:id="srcD_metamark_a3r_add_d2e369" function="insertion">
<line xml:id="srcD_line_a3v_lb1" start="#a3v_lb1" n="1">als „den Bösen“ anzusetzen, höherwerthig im Sinn der Förderung, Nützlichkeit, Gedeihlichkeit in Hinsicht auf <hi rend="underline">den</hi> Menschen über<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3v_lb2" start="#a3v_lb2" n="2">haupt (die Zukunft des Menschen eingerechnet) Wie<del rend="overwritten" cause="#a3v_add_d2e67">
<del rend="strikethrough">,</del>
</del>
<add place="superimposed" corresp="#a3v_add_d2e67">?</add> wenn das Umgekehrte die Wahrheit wäre? Wie? wenn im „Guten“
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3v_lb3" start="#a3v_lb3" n="3">auch ein Rückgangssymptom läge, insgleichen eine Gefahr, eine Verführung, ein Gift, ein <hi rend="latin">Narcoticum</hi>, durch das
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3v_lb4" start="#a3v_lb4" n="4">etwa die Gegenwart <hi rend="underline">auf</hi> <hi rend="underline">Kosten</hi> <hi rend="underline">der</hi> <hi rend="underline">Zukunft</hi> lebte? Vielleicht behaglicher, ungefährlicher, aber auch in kleinerem Stile,
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3v_lb5" start="#a3v_lb5" n="5">niedriger?… So daß gerade die Moral daran Schuld wäre, wenn eine an sich mögliche <hi rend="underline">höchste</hi> <hi rend="underline">Mächtigkeit</hi> <hi rend="underline">und</hi>
<del rend="hatching">mir</del> selbst, seitdem mir dieser Ausblick sich öffnete, Gründe hatte, mich nach gelehrten, kühnen und arbeit<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3v_lb9" start="#a3v_lb9" n="9">samen Genossen umzusehn (ich thue es heute noch). Es gilt, das ungeheure, ferne <milestone unit="page" edRef="#Ed" n="XII"/>und so versteckte Land der Moral –
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3v_lb10" start="#a3v_lb10" n="10">der wirklich dagewesenen, wirklich gelebten Moral – mit lauter neuen Fragen und gleichsam mit neuen Augen zu
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3v_lb11" start="#a3v_lb11" n="11">bereisen: und heißt dies nicht beinahe so viel als dieses Land erst <hi rend="underline">entdecken</hi>?… Wenn ich dabei, unter Anderen,
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3v_lb12" start="#a3v_lb12" n="12">auch an den genannten <hi rend="latin">Dr. Rée</hi> dachte, so geschah es, weil ich gar nicht zweifelte, daß er von der Natur seiner Fra<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3v_lb13" start="#a3v_lb13" n="13">gen selbst auf eine richtigere Methodik, um zu Antworten zu gelangen, gedrängt werden würde. Habe ich mich darin
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3v_lb14" start="#a3v_lb14" n="14">betrogen? Mein Wunsch war es jedenfalls, einem so scharfen und unbetheiligten Auge eine bessere Richtung, die Rich<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3v_lb15" start="#a3v_lb15" n="15">tung zur wirklichen <hi rend="underline">Historie</hi> <hi rend="underline">der</hi> <hi rend="underline">Moral</hi> zu geben und ihn vor solchem englischen Hypothesenwesen <hi rend="underline">ins</hi> <hi rend="underline">Blaue</hi>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3v_lb16" start="#a3v_lb16" n="16">noch zur rechten Zeit zu warnen. Es liegt ja auf der Hand, welche Farbe für einen Moral-Genealogen hundert
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3v_lb17" start="#a3v_lb17" n="17">Mal wichtiger sein muß als gerade das Blaue: nämlich <hi rend="underline">das</hi> <hi rend="underline">Graue</hi>, will sagen, das Urkundliche, das Wirklich-
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3v_lb18" start="#a3v_lb18" n="18">Feststellbare, das Wirklich-Dagewesene, kurz die ganze lange schwer zu entziffernde Hieroglyphenschrift der
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3v_lb19" start="#a3v_lb19" n="19">menschlichen Moral-Vergangenheit! – <hi rend="underline">Diese</hi> war dem <hi rend="latin">Dr. Rée</hi> unbekannt; aber er hatte Darwin gelesen – und
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3v_lb20" start="#a3v_lb20" n="20">so reichen sich in seinen Hypothesen auf eine Weise, die zum Mindesten unterhaltend ist, die Darwinsche Bestie
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3v_lb21" start="#a3v_lb21" n="21">und der allermodernste <add corresp="#a3v_add_d2e203" place="below" hand="#typesetter_black1">
<del corresp="#substDel1b_a3v" hand="#typesetter_black1" rend="strikethrough">Bildungsphilister</del> artig die Hand, letzterer mit dem Ausdruck
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3v_lb22" start="#a3v_lb22" n="22">einer gewissen gutmüthigen und feinen Indolenz im Gesicht, in die selbst ein Gran von Pessimismus, von Ermü<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3v_lb23" start="#a3v_lb23" n="23">dung eingemischt ist: als ob es sich eigent<milestone unit="page" edRef="#Ed" n="XIII"/>lich gar nicht lohne, alle diese Dinge – die Probleme der Moral <add place="inline" corresp="#a3v_add_d2e233">–</add> so
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3v_lb24" start="#a3v_lb24" n="24">ernst zu nehmen. Mir nun scheint es umgekehrt gar keine Dinge zu geben, die es mehr <hi rend="underline">lohnten</hi>, daß man
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3v_lb25" start="#a3v_lb25" n="25">sie ernst nimmt; zu welchem Lohne es zum Beispiel gehört, daß man eines Tags vielleicht die Erlaub<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3v_lb26" start="#a3v_lb26" n="26">niß erhält, sie <hi rend="underline">heiter</hi> zu nehmen. Die Heiterkeit nämlich oder, um es in meiner Sprache zu sagen, <hi rend="underline">die</hi>
<hi rend="underline">fröhliche</hi> <hi rend="underline">Wissenschaft</hi> – ist ein Lohn: ein Lohn für einen langen, tapferen, arbeitsamen <del rend="hatching" instant="true">Ernst</del> und unter<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3v_lb28" start="#a3v_lb28" n="28">irdischen Ernst, der freilich nicht Jedermanns Sache ist. An dem Tage aber, wo wir aus vollem Herzen
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3v_lb29" start="#a3v_lb29" n="29">sagen: „vorwärts! auch unsre alte Moral gehört <hi rend="underline">in</hi> <hi rend="underline">die</hi> <hi rend="underline">Komödie</hi>!“ haben wir für das <add corresp="#a3v_add_d2e284" place="above" hand="#Koeselitz_pencil">dionysische</add>
<line xml:id="srcD_line_a3v_lb30" start="#a3v_lb30" n="30">ma vom „Schicksal der Seele“ eine neue Verwicklung und Möglichkeit entdeckt –: und er wird sie sich
</line>
<line xml:id="srcD_line_a3v_lb31" start="#a3v_lb31" n="31">schon zu Nutze machen, darauf darf man wetten, er, der große alte ewige Komödiendichter unsres Daseins!…
<line xml:id="srcD_line_a3v_note_d2e325_a3v_lb35" style="bottom:4em;" start="#a3v_lb35" hand="#N_brown1" n="35">NB! Hierauf folgt ein leeres Blatt, auf dem nur diese Wor<pc force="weak">-</pc>
<line xml:id="srcD_line_a4r_lb3" start="#a4r_lb3" rend="indent" hand="#N_black2" n="3">– Wenn diese Schrift irgend Jemandem unverständlich ist und schlecht zu Ohren geht,
</line>
<line xml:id="srcD_line_a4r_lb4" start="#a4r_lb4" hand="#N_black2" n="4">so liegt die Schuld, wie mich dünkt, nicht nothwendig an mir. Sie ist deutlich genug,
</line>
<line xml:id="srcD_line_a4r_lb5" start="#a4r_lb5" hand="#N_black2" n="5">vorausgesetzt, was ich voraussetze, daß man zuerst meine früheren Schriften <del corresp="#substDel1a_a4r" rend="hatching">Zeile für</del>
<del corresp="#substDel1b_a4r" rend="hatching">Zeile</del> gelesen und einige Mühe dabei nicht gespart hat: diese sind in der That nicht
</line>
<line xml:id="srcD_line_a4r_lb7" start="#a4r_lb7" hand="#N_black2" n="7">leicht zugänglich. Was zum Beispiel meinen „Zarathustra“ anbetrifft, so lasse ich
</line>
<line xml:id="srcD_line_a4r_lb8" start="#a4r_lb8" hand="#N_black2" n="8">Niemanden als dessen Kenner gelten, den nicht jedes seiner Worte irgendwann
<line xml:id="srcD_line_a4r_lb10" start="#a4r_lb10" hand="#N_black2" n="10">len macht die aphoristische Form Schwierigkeit: sie liegt darin, daß man diese
</line>
<line xml:id="srcD_line_a4r_lb11" start="#a4r_lb11" hand="#N_black2" n="11">Form heute <hi rend="underline">nicht</hi> <hi rend="underline">schwer</hi> <hi rend="underline">genug</hi> nimmt. Ein Aphorismus, rechtschaffen geprägt und
</line>
<line xml:id="srcD_line_a4r_lb12" start="#a4r_lb12" hand="#N_black2" n="12">ausgegossen, ist damit noch nicht „entziffert“, daß er abgelesen ist; vielmehr hat
</line>
<line xml:id="srcD_line_a4r_lb13" start="#a4r_lb13" hand="#N_black2" n="13">nun erst dessen <hi rend="underline">Auslegung</hi> zu beginnen, zu der es einer Kunst der Auslegung
</line>
<line xml:id="srcD_line_a4r_lb14" start="#a4r_lb14" hand="#N_black2" n="14">bedarf. Ich habe in der dritten Abhandlung dieses Buchs ein Muster von dem dar<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a4r_lb15" start="#a4r_lb15" hand="#N_black2" n="15">geboten, was ich in einem solchen Falle „Auslegung“ nenne: – dieser Abhandlung ist
</line>
<line xml:id="srcD_line_a4r_lb16" start="#a4r_lb16" hand="#N_black2" n="16">ein Aphorismus vorangestellt, sie selbst ist dessen Commentar. Freilich thut, um
</line>
<line xml:id="srcD_line_a4r_lb17" start="#a4r_lb17" hand="#N_black2" n="17">dergestalt das Lesen als <hi rend="underline">Kunst</hi> zu üben, Eins vor Allem Noth, was heutzu<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a4r_lb18" start="#a4r_lb18" hand="#N_black2" n="18">tage gerade am Besten verlernt worden ist – und darum hat es noch Zeit bis
</line>
<line xml:id="srcD_line_a4r_lb19" start="#a4r_lb19" hand="#N_black2" n="19">zur „Lesbarkeit“ meiner Schriften –, wozu man beinahe Kuh und jedenfalls
<add place="inline" corresp="#a5r_add_d2e75">– </add>Diese englischen Psychologen, denen man bisher auch die einzigen Versuche zu danken hat, es zu einer Entstehungsge<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a5r_lb4" start="#a5r_lb4" hand="#N_black1" n="4">schichte der Moral zu bringen, <del rend="strikethrough" cert="medium">–</del> sie geben uns mit sich selbst kein kleines Räthsel auf; sie <metamark xml:id="srcD_metamark_a5r_add_d2e87" function="insertion">
<line xml:id="srcD_line_a5r_lb5" start="#a5r_lb5" hand="#N_black1" n="5">als leibhaftige Räthsel, etwas Wesentliches vor ihren Büchern voraus – <hi rend="underline">sie</hi> <metamark xml:id="srcD_metamark_a5r_add_d2e101" function="insertion" rend="inSpatium">
<add place="above" corresp="#a5r_add_d2e101">
<hi rend="underline">selbst</hi>
</add>
</metamark> <hi rend="underline">sind</hi> <hi rend="underline">interessant!</hi> Diese englischen Psychologen –
</line>
<line xml:id="srcD_line_a5r_lb6" start="#a5r_lb6" hand="#N_black1" n="6">was wollen sie eigentlich? Man findet sie, sei es nun freiwillig oder unfreiwillig, immer am gleichen Werke, näm<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a5r_lb7" start="#a5r_lb7" hand="#N_black1" n="7">lich die <hi rend="latin">partie honteuse</hi> unsrer inneren Welt in den Vordergrund zu drängen und gerade dort das eigentlich Wirk<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a5r_lb8" start="#a5r_lb8" hand="#N_black1" n="8">same, Leitende, für die Entwicklung Entscheidende zu suchen, wo der intellektuelle Stolz des Menschen es am letzten
</line>
<line xml:id="srcD_line_a5r_lb9" start="#a5r_lb9" hand="#N_black1" n="9">zu finden <hi rend="underline">wünschte</hi> (zum Beispiel in der <hi rend="latin">vis inertiae</hi> der Gewohnheit oder in der Vergeßlichkeit oder in einer blinden
</line>
<line xml:id="srcD_line_a5r_lb10" start="#a5r_lb10" hand="#N_black1" n="10">und zufälligen Ideen-Verhäkelung und -Mechanik oder in irgend etwas Rein-Passivem, Automatischem, Reflexmäßigem,
</line>
<line xml:id="srcD_line_a5r_lb11" start="#a5r_lb11" hand="#N_black1" n="11">Molekularem und Gründlich-Stupidem) – was treibt diese <del rend="overwritten" cause="#a5r_add_d2e143" type="SOW">p</del>
<add place="superimposed" corresp="#a5r_add_d2e143" instant="true">P</add>sychologen eigentlich immer gerade in <hi rend="underline">diese</hi> Richtung? Ist
</line>
<line xml:id="srcD_line_a5r_lb12" start="#a5r_lb12" hand="#N_black1" n="12">es ein heimlicher hämischer gemeiner seiner selbst vielleicht uneingeständlicher Instinkt der Verkleinerung des Men<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a5r_lb13" start="#a5r_lb13" hand="#N_black1" n="13">schen? Oder etwa ein pessimistischer Argwohn, das Mißtrauen von enttäuschten, verdüsterten, giftig und grün geworde<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a5r_lb14" start="#a5r_lb14" hand="#N_black1" n="14">nen Idealisten? Oder eine kleine unterirdische Feindschaft und Rancune gegen das Christenthum (<metamark xml:id="srcD_metamark_a5r_add_d2e164" function="insertion" rend="inWord">
<milestone unit="page" edRef="#Cb #Ed" n="2"/>vielleicht nicht einmal über die Schwelle des Bewußtseins gelangt ist? Oder gar ein lüsterner Geschmack am Be<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a5r_lb16" start="#a5r_lb16" hand="#N_black1" n="16">fremdlichen, am Schmerzhaft-Paradoxen, am Fragwürdigen und Unsinnigen des Daseins? Oder endlich <add place="inline" corresp="#a5r_add_d2e177">–</add> von Allem
</line>
<line xml:id="srcD_line_a5r_lb17" start="#a5r_lb17" hand="#N_black1" n="17">Etwas, ein wenig Gemeinheit, ein wenig Verdüsterung, ein wenig Antichristlichkeit, ein wenig Kitzel und Bedürf<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a5r_lb18" start="#a5r_lb18" hand="#N_black1" n="18">niß nach Pfeffer?… Aber man sagt mir, daß es einfach alte kalte langweilige Frösche seien, die am Menschen her<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a5r_lb19" start="#a5r_lb19" hand="#N_black1" n="19">um, in den Menschen hinein kriechen und hüpfen, wie als ob sie da so recht in ihrem Elemente wären, nämlich
</line>
<line xml:id="srcD_line_a5r_lb20" start="#a5r_lb20" hand="#N_black1" n="20">in einem <hi rend="underline">Sumpfe</hi>. Ich höre das mit Widerstand, mehr noch, ich glaube nicht daran; und wenn man wünschen darf, wo
</line>
<line xml:id="srcD_line_a5r_lb21" start="#a5r_lb21" hand="#N_black1" n="21">man nicht wissen kann, so wünsche ich von Herzen, daß es umgekehrt mit ihnen stehe<add place="inline" corresp="#a5r_add_d2e201">n <metamark xml:id="srcD_metamark_a5r_add_d2e203" function="insertion" rend="beforePunctuation">
<line xml:id="srcD_line_a5r_lb23" start="#a5r_lb23" hand="#N_black1" n="23">im Zaum zu halten wissen und sich dazu erzogen haben, der Wahrheit alle Wünschbarkeit zu opfern, <hi rend="underline">jeder</hi>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a5r_lb24" start="#a5r_lb24" hand="#N_black1" n="24">Wahrheit, sogar der schlichten, herben, häßlichen, widrigen, unchristlichen, unmoralischen Wahrheit… Denn es giebt
<del rend="strikethrough">“</del> selber abgeht, daß sie gerade von allen guten Geistern der <restore type="strikethrough">
<hi rend="underline">Historie</hi>
</restore> selbst
</line>
<line xml:id="srcD_line_a6r_lb4" start="#a6r_lb4" n="4">in Stich gelassen worden sind! Sie denken allesammt, wie es <metamark xml:id="srcD_metamark_a6r_add_d2e76" function="insertion" rend="inSpatium">
</metamark> alter Philosophen-Brauch ist, <hi rend="underline">wesentlich</hi> un<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a6r_lb5" start="#a6r_lb5" n="5">historisch: daran ist kein Zweifel. Die Stümperei ihrer Moral-Genealogie kommt gleich am Anfang<del rend="strikethrough">e</del> zu Tage, da,
</line>
<line xml:id="srcD_line_a6r_lb6" start="#a6r_lb6" n="6">wo es sich darum han<milestone unit="page" edRef="#Cb #Ed" n="3"/>delt, die Herkunft des Begriffs und Urtheils „gut“ zu ermitteln. „Man hat ursprünglich – so de<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a6r_lb7" start="#a6r_lb7" n="7">kretieren sie – unegoistische Handlungen von Seiten derer gelobt und gut genannt, denen sie erwiesen wurden,
</line>
<line xml:id="srcD_line_a6r_lb8" start="#a6r_lb8" n="8">also denen sie <hi rend="underline">nützlich</hi> waren; später hat man diesen Ursprung des Lobes <hi rend="underline">vergessen</hi> und die unegoistischen Handlungen
</line>
<line xml:id="srcD_line_a6r_lb9" start="#a6r_lb9" n="9">einfach, weil sie <hi rend="underline">gewohnheitsmäßig</hi> immer als gut gelobt wurden, auch als gut empfunden – wie als ob sie an sich
</line>
<line xml:id="srcD_line_a6r_lb10" start="#a6r_lb10" n="10">etwas Gutes wären.“ Man sieht sofort: diese erste Ableitung enthält <metamark xml:id="srcD_metamark_a6r_add_d2e117" function="insertion">
</add> als Unterlage einer Werthschätzung, auf welche der höhere Mensch <metamark xml:id="srcD_metamark_a6r_add_d2e177" function="insertion" rend="inSpatium">
</metamark> wie auf eine Art Vorrecht des Menschen <metamark xml:id="srcD_metamark_a6r_add_d2e180" function="insertion" rend="endOfLine" style="top:-0.125em;height:1.4375em;">
<line xml:id="srcD_line_a6r_lb14" start="#a6r_lb14" n="14">dieser Theorie der eigentliche Entstehungsheerd des Begriffs „gut“ an falscher Stelle gesucht und angesetzt wird: das
</line>
<line xml:id="srcD_line_a6r_lb15" start="#a6r_lb15" n="15">Urtheil „gut“ rührt <hi rend="underline">nicht</hi> von denen her, welchen „Güte“ erwiesen wird! Vielmehr sind es „die Guten“ selber<del rend="strikethrough" instant="true">,</del> ge<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a6r_lb16" start="#a6r_lb16" n="16">wesen, das heißt die Vornehmen, Mächtigen, Höhergestellten und Hochgesinnten, welche sich selbst und ihr Thun als
</line>
<line xml:id="srcD_line_a6r_lb17" start="#a6r_lb17" n="17">gut, nämlich als <restore type="strikethrough">
<hi rend="underline">ersten</hi>
</restore> <restore type="strikethrough">
<hi rend="underline">Ranges</hi>
</restore> empfanden und ansetzten, im Gegensatz zu allem Niedrigen, Niedrig-Gesinnten, Ge<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a6r_lb18" start="#a6r_lb18" n="18">meinen und Pöbelhaften. Aus diesem <hi rend="underline">Pathos</hi> <hi rend="underline">der</hi> <hi rend="underline">Distanz</hi> heraus haben sie sich das Recht, Werthe zu schaffen, Na<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a6r_lb19" start="#a6r_lb19" n="19">men der Werthe auszuprägen, erst genommen: was gieng sie die Nützlichkeit an! Der Gesichtspunkt der Nützlich<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a6r_lb20" start="#a6r_lb20" n="20">keit ist gerade in Bezug auf ein solches heißes Herausquellen oberster rang-ord<milestone unit="page" edRef="#Cb #Ed" n="4"/>nender, rang-abhebender Werthur<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a6r_lb21" start="#a6r_lb21" n="21">theile so fremd und unangemessen wie möglich: hier ist eben das Gefühl bei einem Gegensatze jenes niedrigen
<add place="superimposed" corresp="#a6r_add_d2e282" instant="true">, –</add> und nicht für ein<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a6r_lb23" start="#a6r_lb23" n="23">mal, nicht für eine Stunde der Ausnahme, sondern für die Dauer. Das Pathos der Vornehmheit und Distanz, wie
</line>
<line xml:id="srcD_line_a6r_lb24" start="#a6r_lb24" n="24">gesagt, das dauernde und dominirende Gesammt- und Grundgefühl einer höheren herrschen<retrace>d</retrace>en Art im Verhältniß zu
</line>
<line xml:id="srcD_line_a6r_lb25" start="#a6r_lb25" n="25">einer niederen Art, zu einem „Unten“ – <hi rend="underline">das</hi> ist der Ursprung des Gegensatzes „gut“ und „schlecht“. (Das Her<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a6r_lb26" start="#a6r_lb26" n="26">renrecht, Namen zu geben, geht so weit, daß man sich erlauben sollte, den Ursprung der Sprache selbst als Macht<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a6r_lb27" start="#a6r_lb27" n="27">äußerung der Herrschenden zu fassen: sie sagen „das <hi rend="underline">ist</hi> das und das“, sie siegeln jegliches Ding und Geschehen
</line>
<line xml:id="srcD_line_a6r_lb28" start="#a6r_lb28" n="28">mit einem Laute ab und nehmen es dadurch gleichsam in Besitz.) Es liegt an diesem Ursprunge, daß das Wort
</line>
<line xml:id="srcD_line_a6r_lb29" start="#a6r_lb29" n="29">„gut“ sich von vornherein durchaus <hi rend="underline">nicht</hi> nothwendig an „unegoistische“ Handlungen anknüpft: wie es der Aberglaube
</line>
<line xml:id="srcD_line_a6r_lb30" start="#a6r_lb30" n="30">jener Moralgenealogen ist. Vielmehr geschieht es erst bei einem <hi rend="underline">Niedergange</hi> aristokratischer Werthurtheile, daß sich
</line>
<line xml:id="srcD_line_a6r_lb31" start="#a6r_lb31" n="31">dieser ganze Gegensatz „egoistisch“ „unegoistisch“ dem menschlichen Gewissen mehr und mehr aufdrängt – es ist, um
</line>
<line xml:id="srcD_line_a6r_lb32" start="#a6r_lb32" n="32">mich meiner Sprache zu bedienen, <hi rend="underline">der</hi> <hi rend="underline">Heerdeninstinkt</hi>, der mit ihm endlich zu Worte (auch zu <hi rend="underline">Worten</hi>) kommt.
</line>
<line xml:id="srcD_line_a6r_lb33" start="#a6r_lb33" n="33">Und auch dann dauert es noch lange, bis dieser Instinkt in dem Maaße Herr wird, daß die moralische Werth<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a6r_lb34" start="#a6r_lb34" n="34">schätzung bei jenem Gegensatze geradezu hängen und stecken bleibt (wie dies zum Beispiel im gegenwärtigen Eu<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a6r_lb35" start="#a6r_lb35" n="35">ropa der Fall ist: heute herrscht das Vorurtheil, welches „moralisch“, „unegoistisch“, „<hi rend="latin">désinteressé</hi>“ als gleichwerthige <milestone unit="page" edRef="#Cb #Ed" n="5"/>Be<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a6r_lb36" start="#a6r_lb36" n="36">griffe nimmt, unter uns bereits mit der Gewalt einer „fixen Idee“ und Kopfkrankheit)
<line xml:id="srcD_line_a6r_lb38" start="#a6r_lb38" n="38">Zweitens aber: ganz abgesehn von der historischen Unhaltbarkeit jener Hypothese über die Herkunft <del rend="hatching" instant="true">jenes</del> des Werth<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a6r_lb39" start="#a6r_lb39" n="39">urtheils „gut“, krankt sie an einem psychologischen Widersinn in sich selbst. Die Nützlichkeit der unegoistischen Hand<pc force="weak">-</pc>
<line xml:id="srcD_line_a7r_lb1" start="#a7r_lb1" n="1">der Ursprung ihres Lobes sein, und dieser Ursprung soll <hi rend="underline">vergessen</hi> <metamark xml:id="srcD_metamark_a7r_add_d2e60" function="insertion" rend="inSpatium">
</metamark> <hi rend="underline">möglich</hi>? Hat vielleicht
</line>
<line xml:id="srcD_line_a7r_lb2" start="#a7r_lb2" n="2">die Nützlichkeit solcher Handlungen irgendwann einmal aufgehört? Das Gegentheil ist der Fall: diese Nützlichkeit
</line>
<line xml:id="srcD_line_a7r_lb3" start="#a7r_lb3" n="3">ist vielmehr die Alltagserfahrung zu allen Zeiten gewesen, Etwas also, das fortwährend immer neu unterstrichen
</metamark> statt aus dem Bewußtsein zu verschwinden, statt vergeßbar zu werden<del rend="overwritten" cause="#a7r_add_d2e87" type="EOW">.</del>
<add place="superimposed" corresp="#a7r_add_d2e87">,</add> sich dem Bewußtsein mit immer größe<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a7r_lb5" start="#a7r_lb5" n="5">rer Deutlichkeit darstellen mußte. Um wie viel vernünftiger ist jene entgegengesetzte Theorie (sie ist deshalb nicht
</line>
<line xml:id="srcD_line_a7r_lb6" start="#a7r_lb6" n="6">wahrer –) welche zum Beispiel von <hi rend="latin">Herbert Spencer</hi> vertreten wird: der den Begriff „gut“ <del rend="hatching">geradezu</del> als wesensgleich
</line>
<line xml:id="srcD_line_a7r_lb7" start="#a7r_lb7" n="7">mit dem Begriff „nützlich“, „zweckmäßig“ ansetzt, so daß in den Urtheilen „gut“ und „schlecht“ die Menschheit gerade
</line>
<line xml:id="srcD_line_a7r_lb8" start="#a7r_lb8" n="8">ihre <hi rend="underline">unvergeßnen</hi> und <hi rend="underline">unvergeßbaren</hi> Erfahrungen über nützlich-zweckmäßig, <del rend="hatching">und</del> über schädlich-unzweckmäßig auf<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a7r_lb9" start="#a7r_lb9" n="9">summirt und sanktionirt habe. Gut ist, nach dieser Theorie, was sich von jeher als nützlich bewiesen hat: damit darf
</line>
<line xml:id="srcD_line_a7r_lb10" start="#a7r_lb10" n="10">es als „werthvoll im höchsten Grade“, als „werthvoll an sich“ Geltung behaupten. Auch dieser Weg der Erklärung ist,
</line>
<line xml:id="srcD_line_a7r_lb11" start="#a7r_lb11" n="11">wie gesagt, falsch, aber wenigstens ist die Erklärung selbst in sich vernünftig und <metamark xml:id="srcD_metamark_a7r_add_d2e128" function="insertion" rend="inSpatium">
<add place="inline" corresp="#a7r_add_d2e148">– </add>Den Fingerzeig zum <hi rend="underline">rechten</hi> Wege gab mir die Frage, was eigentlich die von den verschiednen Sprachen ausgeprägten Be<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a7r_lb14" start="#a7r_lb14" n="14">zeichnungen des „Guten“ in etymologischer Hinsicht zu bedeuten haben: <del rend="hatching">–</del> und da fand ich, daß sie allesammt auf
<add place="inline" corresp="#a7r_add_d2e177">–</add> daß überall „vornehm“ „edel“ im ständischen Sinne der Grundbegriff
</line>
<line xml:id="srcD_line_a7r_lb16" start="#a7r_lb16" n="16">ist, aus dem sich „gut“ im Sinne von <metamark xml:id="srcD_metamark_a7r_add_d2e183" function="insertion">
<line xml:id="srcD_line_a7r_lb17" start="#a7r_lb17" n="17">wendigkeit heraus entwickelt: eine Entwicklung, die immer parallel mit jener anderen läuft, welche „gemein“ „pöbel<pc force="weak">-</pc>
</metamark> in den Begriff „schlecht“ übergehn macht. <del rend="hatching">(</del>Das beredteste Beispiel für das Letztere ist das deutsche
</line>
<line xml:id="srcD_line_a7r_lb19" start="#a7r_lb19" n="19">Wort „schlecht“ selber: als welches mit „schlicht“ identisch ist – vergleiche „schlechtweg“ „schlechterdings – und ursprünglich
</line>
<line xml:id="srcD_line_a7r_lb20" start="#a7r_lb20" n="20">den schlichten, den gemeinen Mann <metamark xml:id="srcD_metamark_a7r_add_d2e219" function="insertion" rend="inSpatium">
<del corresp="#substDel2b_a7r" rend="hatching">und</del> noch ohne einen verdächtigenden Seitenblick <add corresp="#substAdd2_a7r" place="inline" rend="insMExt">einfach</add>
</add>
</add>
</metamark> im Gegensatz zum Vornehmen bezeichnet<retrace>e.</retrace> Um die Zeit des dreißigjährigen Kriegs
<add place="above" corresp="#a7r_add_d2e256">in Betreff der Moral-Genealogie</add>
</metamark> eine <hi rend="underline">wesentliche</hi> Einsicht; daß sie so spät erst gefunden <metamark xml:id="srcD_metamark_a7r_add_d2e263" function="insertion">
<line xml:id="srcD_line_a7r_lb24" start="#a7r_lb24" n="24">demokratische Vorurtheil innerhalb der modernen Welt in Hinsicht auf alle Fragen der Herkunft ausübt<add place="inline" corresp="#a7r_add_d2e275">.</add>
<add place="superimposed" corresp="#a7r_add_d2e282">U</add>nd dies
</line>
<line xml:id="srcD_line_a7r_lb25" start="#a7r_lb25" n="25">bis in das <metamark xml:id="srcD_metamark_a7r_add_d2e287" function="insertion" rend="inSpatium">
<add place="superimposed" corresp="#a7r_add_d2e333">d</add>er <hi rend="underline">Plebejismus</hi> des mo<milestone unit="page" edRef="#Cb #Ed" n="7"/>dernen Geistes, der englischer Abkunft ist, brach da einmal wieder auf seinem heimischen
</line>
<line xml:id="srcD_line_a7r_lb28" start="#a7r_lb28" n="28">Boden heraus, heftig wie ein schlammichter Vulkan und mit jener versalzten <metamark xml:id="srcD_metamark_a7r_add_d2e344" function="insertion" rend="inSpatium">
<line xml:id="srcD_line_a7r_lb31" start="#a7r_lb31" n="31">In Hinsicht auf <hi rend="underline">unser</hi> Problem, das aus guten Gründen ein <hi rend="underline">stilles</hi> Problem genannt werden kann und sich <metamark xml:id="srcD_metamark_a7r_add_d2e399" function="insertion">
<line xml:id="srcD_line_a7r_lb32" start="#a7r_lb32" n="32">an wenige Ohren wendet, ist es von keinem kleinen Interesse, festzustellen, daß vielfach noch in jenen Worten und
</line>
<line xml:id="srcD_line_a7r_lb33" start="#a7r_lb33" n="33">Wurzeln, die „gut“ bezeichnen, die Hauptnuance durchschimmert, auf welche hin die Vornehmen sich eben als Menschen
<add place="superimposed" corresp="#a7r_add_d2e412" instant="true">e</add> sich vielleicht in den häufigsten Fällen einfach nach ihrer Überlegen<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a7r_lb35" start="#a7r_lb35" n="35">heit an Macht (<metamark xml:id="srcD_metamark_a7r_add_d2e420" function="insertion" rend="inWord">
</metamark>„die Mächtigen“, „die Herren“ „die Gebietenden“) oder nach dem sichtbarsten Abzeichen dieser Überlegen<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a7r_lb36" start="#a7r_lb36" n="36">heit, zum Beispiel als „die Reichen“, „die Besitzenden“ (das ist der Sinn von <hi rend="latin">arya</hi>; und entsprechend im <hi rend="latin">Eranischen</hi>,
<del rend="hatching">auch mehrfach im</del> <hi rend="latin">Slavischen</hi>) Aber auch nach einem <hi rend="underline">typischen</hi> <hi rend="underline">Charakterzuge</hi>: und dies ist der Fall, der uns hier
</line>
<line xml:id="srcD_line_a7r_lb38" start="#a7r_lb38" n="38">angeht. Sie heißen sich zum Beispiel „die Wahrhaftigen“<del rend="overwritten" cause="#a7r_add_d2e457">.</del>
<add place="superimposed" corresp="#a7r_add_d2e457" instant="true">;</add> voran der <choice corresp="#a7r_choice_d2e460">
<sic>griechischen</sic>
<corr>griechische</corr>
</choice> Adel, dessen Mundstück <metamark xml:id="srcD_metamark_a7r_add_d2e465" function="insertion" rend="inSpatium">
<line xml:id="srcD_line_a8r_lb1" start="#a8r_lb1" n="1">Das dafür ausgeprägte Wort <hi rend="grc">ἐσϑλός</hi> bedeutet der Wurzel nach Einen, der <hi rend="underline">ist</hi>, der Realität hat, der wirklich ist, der wahr ist;
</line>
<line xml:id="srcD_line_a8r_lb2" start="#a8r_lb2" n="2">dann, mit einer subjektiven Wendung, den Wahren als den Wahrhaftigen: in dieser Phase der Begriffs-Verwandlung wird
</line>
<line xml:id="srcD_line_a8r_lb3" start="#a8r_lb3" n="3">es zum Schlag- und Stichwort des Adels und geht ganz und gar in den Sinn „adelig“ über, zur Abgrenzung vom <hi rend="underline">lügenhaften</hi>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a8r_lb4" start="#a8r_lb4" n="4">gemeinen Manne, so wie <hi rend="latin">Theognis</hi> ihn nimmt <milestone unit="page" edRef="#Cb #Ed" n="8"/>und schildert – bis endlich das Wort, nach dem Niedergange des Adels, zur
</line>
<line xml:id="srcD_line_a8r_lb5" start="#a8r_lb5" n="5">Bezeichnung der seelischen <hi rend="latin">noblesse</hi> übrig bleibt und gleichsam reif und süß wird. Im Worte <hi rend="grc">κακός</hi> <metamark xml:id="srcD_metamark_a8r_add_d2e90" function="insertion">
<add place="above" corresp="#a8r_add_d2e90">wie in <hi rend="grc">δειλός</hi>
</add>
</metamark> (der Plebejer im
</line>
<line xml:id="srcD_line_a8r_lb6" start="#a8r_lb6" n="6">Gegensatz zum <hi rend="grc">ἀγαϑός</hi>) ist die Feigheit unterstrichen: dies giebt vielleicht einen Wink, in welcher Richtung man die
</line>
<line xml:id="srcD_line_a8r_lb7" start="#a8r_lb7" n="7">etymologische Herkunft des mehrfach deutbaren <hi rend="grc">ἀγαϑός</hi> zu suchen hat. Im lateinischen <hi rend="latin">malus</hi> (dem ich <hi rend="grc">μέλας</hi> zur Seite
</line>
<line xml:id="srcD_line_a8r_lb8" start="#a8r_lb8" n="8">stelle) könnte der gemeine Mann als der Dunkelfarbige, vor allem als der Schwarzhaarige („<hi rend="latin">hic niger est</hi> –“) gekennzeich<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a8r_lb9" start="#a8r_lb9" n="9">net sein, als der vorarische Insasse des italischen Bodens, der sich von der herrschend gewordnen blonden, nämlich arischen
</line>
<line xml:id="srcD_line_a8r_lb10" start="#a8r_lb10" n="10">Eroberer-Rasse durch die Farbe am deutlichsten abhob; wenigstens bot mir das Irische den genau entsprechenden Fall –
</hi> (zum Beispiel im Namen <hi rend="latin">Fin-Gal</hi>) das abzeichnende Wort des Adels, ursprünglich der Blondkopf, zuletzt der Gute,
</line>
<line xml:id="srcD_line_a8r_lb12" start="#a8r_lb12" n="12">Edle, Reine, im Gegensatz zu den dunklen schwarzhaarigen Ureinwohnern. Die Kelten, beiläufig gesagt, waren durch<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a8r_lb13" start="#a8r_lb13" n="13">aus eine blonde Rasse; man thut Unrecht, wenn man jene Streifen einer wesentlich dunkel<del rend="hatching" instant="true">farbigen</del>haarigen Bevölke<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a8r_lb14" start="#a8r_lb14" n="14">rung, die sich auf sorgfältigen ethnographischen Karten Deutschlands bemerkbar machen, mit irgend <choice corresp="#a8r_choice_d2e152">
<sic>welchen</sic>
<corr>welcher</corr>
</choice> keltischen Her<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a8r_lb15" start="#a8r_lb15" n="15">kunft und Blutmischung in Zusammenhang bringt, wie dies noch <hi rend="latin">Virchow</hi> thut: vielmehr schlägt an diesen Stellen die
<hi rend="underline">vorarische</hi> Bevölkerung Deutschlands vor. (Das Gleiche gilt beinahe für ganz Europa: im Wesentlichen hat die unter<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a8r_lb17" start="#a8r_lb17" n="17">worfne Rasse schließlich <metamark xml:id="srcD_metamark_a8r_add_d2e175" function="insertion" rend="inSpatium">
</metamark> wieder die Oberhand bekommen, in Farbe, Kürze des Schädels, vielleicht sogar in den in<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a8r_lb18" start="#a8r_lb18" n="18">tellektuellen und socialen Instinkten: wer steht uns dafür, <metamark xml:id="srcD_metamark_a8r_add_d2e184" function="insertion">
<add place="above" corresp="#a8r_add_d2e192">der noch modernere</add>
</metamark> <milestone unit="page" edRef="#Cb #Ed" n="9"/>Anarchismus und namentlich
</line>
<line xml:id="srcD_line_a8r_lb19" start="#a8r_lb19" n="19">jener Hang zur „<hi rend="latin">commune</hi>“, zur primitivsten Gesellschafts-Form, der allen Socialisten Europa’s <metamark xml:id="srcD_metamark_a8r_add_d2e203" function="insertion" rend="inSpatium">
<line xml:id="srcD_line_a8r_lb21" start="#a8r_lb21" n="21">nische <hi rend="latin">bonus</hi> glaube ich als „den Krieger“ auslegen <del rend="overwritten" cause="#a8r_add_d2e273">d</del>
<add place="superimposed" corresp="#a8r_add_d2e273" instant="true">zu</add> dürfen: vorausgesetzt, daß ich mit Recht <hi rend="latin">bonus</hi> auf ein
<hi rend="latin">Bonus</hi> somit als Mann des Zwistes, der Entzweiung (<hi rend="latin">duo</hi>), als Kriegsmann: man sieht, was im alten Rom
</line>
<line xml:id="srcD_line_a8r_lb24" start="#a8r_lb24" n="24">an einem Manne seine „Güte“ ausmachte. Unser deutsches „Gut“ selbst: sollte es nicht „den Göttlichen“, den
</line>
<line xml:id="srcD_line_a8r_lb25" start="#a8r_lb25" n="25">Mann göttlichen Geschlechts bedeuten? Und mit dem Volks- (ursprünglich Adels-)Namen der Gothen identisch
</line>
<line xml:id="srcD_line_a8r_lb26" start="#a8r_lb26" n="26">sein? Die Gründe zu dieser Vermuthung gehören nicht hierher. –
<line xml:id="srcD_line_a8r_lb28" start="#a8r_lb28" n="28">Von dieser Regel, daß der politische Vorrangs-Begriff sich immer in einen seelischen Vorrangs-Begriff auslöst, macht es
</line>
<line xml:id="srcD_line_a8r_lb29" start="#a8r_lb29" n="29">zunächst noch keine Ausnahme (obgleich es Anlaß zu Ausnahmen giebt), wenn die höchste Kaste zugleich die <hi rend="underline">priesterliche</hi>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a8r_lb30" start="#a8r_lb30" n="30">Kaste ist und folglich zu ihrer Gesammt-Bezeichnung ein Prädikat bevorzugt, <choice corresp="#a8r_choice_d2e345">
<sic>daß</sic>
<corr>das</corr>
</choice> an ihre priesterliche Funktion er<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a8r_lb31" start="#a8r_lb31" n="31">innert. Da tritt zum Beispiel „rein“ und „unrein“ sich zum ersten Male als Ständeabzeichen gegenüber; und auch hier
</line>
<line xml:id="srcD_line_a8r_lb32" start="#a8r_lb32" n="32">kommt später ein „gut“ und ein „schlecht“ in einem nicht mehr ständischen Sinne zur Entwicklung. Im Übrigen sei
</line>
<line xml:id="srcD_line_a8r_lb33" start="#a8r_lb33" n="33">man davor gewarnt, diese Begriffe „rein“ und „unrein“ nicht von vornherein zu schwer, zu weit oder gar symbolisch zu neh<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a8r_lb34" start="#a8r_lb34" n="34">men: alle Begriffe <milestone unit="page" edRef="#Cb #Ed" n="10"/>der älteren Menschheit sind vielmehr <metamark xml:id="srcD_metamark_a8r_add_d2e367" function="insertion">
<del rend="hatching">zu verstehen</del>. Der „Reine“ ist von Anfang an bloß ein Mensch, der sich
</line>
<line xml:id="srcD_line_a8r_lb36" start="#a8r_lb36" n="36">wäscht, der sich gewisse Speisen verbietet, die Hautkrankheiten nach sich zieh<del rend="overwritten" cause="#a8r_add_d2e395">t</del>
<add place="superimposed" corresp="#a8r_add_d2e395" instant="true">n</add>, der nicht mit den schmutzigen Weibern
<add place="above" instant="true" corresp="#a8r_add_d2e402">der einen Abscheu vor Blut hat<anchor corresp="#appAnchor_a8r37"/>
</add>
</metamark>
</add> – nicht mehr, nicht viel mehr! Andrerseits erhellt es freilich aus der ganzen Art einer
</line>
<line xml:id="srcD_line_a8r_lb38" start="#a8r_lb38" n="38">wesentlich priesterlichen Aristokratie, warum hier gerade frühzeitig sich die Werthungs-Gegensätze <del rend="hatching">leicht</del> auf eine ge<pc force="weak">-</pc>
</metamark> Klüfte zwischen Mensch und Mensch aufgerissen
</line>
<line xml:id="srcD_line_a9r_lb2" start="#a9r_lb2" n="2">worden, über die selbst ein Achill der Freigeisterei nicht <del rend="hatching">mehr</del> ohne Schauder hinwegsetzen wird. Es ist <metamark xml:id="srcD_metamark_a9r_add_d2e87" function="insertion">
<add place="above" corresp="#a9r_add_d2e87">von Anfang an</add>
<del rend="hatching">Methoden!</del> Denken wir zum Beispiel an gewisse Diätformen (Ver<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a9r_lb8" start="#a9r_lb8" n="8">meidung des Fleisches), an das Fasten, an die geschlechtliche Enthaltsamkeit, an die Flucht „in die Wüste“ (<hi rend="latin">Weir Mit</hi>
<hi rend="latin">chell</hi>’sche Isolirung, freilich ohne die <milestone unit="page" edRef="#Cb #Ed" n="11"/>darauf folgende Mastkur und Überernährung, in der das wirksamste Gegenmittel
</metamark> des Fakirs und Brahmanen <metamark xml:id="srcD_metamark_a9r_add_d2e240" function="insertion" rend="inSpatium" style="top:-0.125em;height:1.4375em;">
<add place="above" corresp="#a9r_add_d2e240" style="left:-8.75em;">– <hi rend="latin">Brahman</hi> als gläserner Knopf und fixe Idee benutzt –</add>
</metamark> und das schließliche <del rend="hatching" instant="true">allgemeine Satthaben und Verlangen nach einer <hi rend="latin">unio my</hi>
<pc force="weak">-</pc>
</del>
<add corresp="#a9r_add_d2e253" style="left:-20.8125em;top:-1.3125em;" place="above" instant="true">nur zu begreifliche allgemeine Satthaben mit seiner <choice corresp="#a9r_choice_d2e255">
<add place="above" instant="true" corresp="#a9r_add_d2e261">dem <hi rend="underline">Nich<retrace>t</retrace>s</hi> (oder Gott: – das Verlangen nach einer <hi rend="latin">unio mystica</hi> mit Gott ist das Verlangen des Buddhisten ins Nichts, <hi rend="latin">Nirvâna</hi>
<add place="inline" rend="insMExt" instant="false" corresp="#a9r_add_d2e278"> und nicht mehr!</add>
</add>
</metamark>
<del rend="hatching" instant="true">
<hi rend="latin">stica</hi>, sei es mit Gott, sei es mit dem Nichts (– es ist Ein Verlangen*)</del> <space unit="char" quantity="100"/> Bei den Priestern
<line xml:id="srcD_line_a9r_lb14" start="#a9r_lb14" n="14">Billigkeit ließe sich allerdings auch hinzufügen, daß erst auf dem Boden dieser <hi rend="underline">wesentlich</hi> <hi rend="underline">gefährlichen</hi> Daseinsform des
</line>
<line xml:id="srcD_line_a9r_lb15" start="#a9r_lb15" n="15">Menschen, der priesterlichen, der Mensch überhaupt <hi rend="underline">ein</hi> <metamark xml:id="srcD_metamark_a9r_add_d2e314" function="insertion">
<add place="above" corresp="#a9r_add_d2e314">
<hi rend="underline">interessantes</hi>
</add>
</metamark>
<del rend="hatching">krankes</del> <hi rend="underline">Thier</hi> geworden ist, <del rend="hatching">–</del> daß erst hier die menschliche Seele
</line>
<line xml:id="srcD_line_a9r_lb16" start="#a9r_lb16" n="16">in einem höheren Sinne <hi rend="underline">Tiefe</hi> bekommen hat und <hi rend="underline">böse</hi> geworden ist <del rend="hatching">(</del>
<add place="above" corresp="#a9r_add_d2e338">– und das sind <add place="inline" rend="insMExt" corresp="#a9r_add_d2e340">ja </add>
</add>
</metamark>die beiden Grundformen der bisherigen Überlegen<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a9r_lb17" start="#a9r_lb17" n="17">heit des Menschen über <metamark xml:id="srcD_metamark_a9r_add_d2e350" function="insertion">
<add place="inline" corresp="#a9r_add_d2e381">– </add>Man wird bereits errathen haben, wie leicht sich die priesterliche Werthungs-Weise <del rend="hatching">sich</del> von der ritterlich-aristokratischen
</line>
<line xml:id="srcD_line_a9r_lb20" start="#a9r_lb20" n="20">abzweigen und <del rend="hatching">unter Umständen sich</del>
</metamark> Die ritterlich-aristokratischen Werthurtheile <milestone unit="page" edRef="#Ed" n="12"/>haben zu ihrer Voraussetzung eine mächtige Leiblich<pc force="weak">-</pc>
<add place="inline" corresp="#a9r_add_d2e425">,</add> selbst überschäumend<restore corresp="#substRestore5_a9r" rend="dotUnderline">
<del rend="strikethrough">e</del>
</restore> <del corresp="#substDel5_a9r" rend="hatching">reiche</del> Gesundheit, sammt dem, was deren Erhaltung bedingt, Krieg, Abenteuer,
</line>
<line xml:id="srcD_line_a9r_lb24" start="#a9r_lb24" n="24">Jagd, Tanz, Kampfspiele und alles überhaupt, was starkes <metamark xml:id="srcD_metamark_a9r_add_d2e440" function="insertion">
</metamark> Handeln in sich schließt. Die priesterlich-vornehme Werthungs-
</line>
<line xml:id="srcD_line_a9r_lb25" start="#a9r_lb25" n="25">Weise hat – wir sahen es – andre Voraussetzungen: schlimm genug für sie, wenn es sich um Krieg handelt! Die Prie<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a9r_lb26" start="#a9r_lb26" n="26">ster sind, wie bekannt, die <hi rend="underline">bösesten</hi> <hi rend="underline">Feinde</hi> – weshalb doch? Weil sie die ohnmächtigsten sind. Aus der Ohnmacht wächst
</line>
<line xml:id="srcD_line_a9r_lb27" start="#a9r_lb27" n="27">bei ihnen der Haß ins Ungeheure und Unheimliche, ins Geistigste und Giftigste. Die ganz großen Hasser in der Weltgeschichte
</line>
<line xml:id="srcD_line_a9r_lb28" start="#a9r_lb28" n="28">sind immer Priester gewesen, auch die geistreichsten Hasser: – gegen den Geist der priesterlichen Rache kommt überhaupt
</line>
<line xml:id="srcD_line_a9r_lb29" start="#a9r_lb29" n="29">aller übrige Geist kaum in Betracht. Die menschliche Geschichte wäre eine gar zu dumme Sache ohne den Geist, der von
</line>
<line xml:id="srcD_line_a9r_lb30" start="#a9r_lb30" n="30">den Ohnmächtigen her in sie gekommen ist: – nehmen wir sofort das größte Beispiel. Alles, was auf Erden gegen „die
</line>
<line xml:id="srcD_line_a9r_lb31" start="#a9r_lb31" n="31">Vornehmen“, „die Gewaltigen“, „die Herren“, „die Machthaber“ gethan worden ist, ist nicht der Rede werth im Vergleich mit dem,
</line>
<line xml:id="srcD_line_a9r_lb32" start="#a9r_lb32" n="32">was <hi rend="underline">die</hi> <hi rend="underline">Juden</hi> gegen sie gethan haben: die Juden, jenes priesterliche<del rend="strikethrough" instant="true">n</del> Volk, das sich an seinen Feinden und Überwäl<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a9r_lb33" start="#a9r_lb33" n="33">tigern zuletzt nur durch eine radikale Umwerthung von deren Werthen, also durch einen Akt der <hi rend="underline">geistigsten</hi> <hi rend="underline">Rache</hi> Genug<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a9r_lb34" start="#a9r_lb34" n="34">thuung zu schaffen wußte. So allein war es eben einem priesterlichen Volke gemäß, dem Volke der zurückgetretensten prie<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a9r_lb35" start="#a9r_lb35" n="35">sterlichen Rachsucht. Die Juden sind es gewesen, die gegen die aristokratische Werthgleichung (gut = vornehm = mächtig = schön
</metamark> mit einer furchteinflößenden <milestone unit="page" edRef="#Cb #Ed" n="13"/>Folgerichtigkeit die Umkehrung gewagt und mit den Zähnen des abgründlichsten Has<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a9r_lb37" start="#a9r_lb37" n="37">ses (des Hasses der Ohnmacht) festgehalten haben, nämlich „die Elenden sind allein die Guten, die Armen, Ohnmächtigen,
</line>
<line xml:id="srcD_line_a9r_lb38" start="#a9r_lb38" n="38">Niedrigen sind allein die Guten, die Leidenden <metamark xml:id="srcD_metamark_a9r_add_d2e521" function="insertion" rend="inSpatium">
<line xml:id="srcD_line_a10r_lb1" start="#a10r_lb1" n="1">allein giebt es Seligkeit<add place="inline" cert="high" corresp="#a10r_add_d2e51">,</add> – dagegen ihr, ihr Vornehmen und Gewaltigen, ihr seid in alle Ewigkeit die Bösen, die Grausamen,<anchor corresp="#appAnchor_a10r1"/>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a10r_lb2" start="#a10r_lb2" n="2">die Lüsternen, die Unersättlichen, die Gottlosen, ihr werdet auch ewig die Unseligen, Verfluchten und Verdammten sein!“…
</line>
<line xml:id="srcD_line_a10r_lb3" start="#a10r_lb3" n="3">Man weiß, <hi rend="underline">wer</hi> die Erbschaft dieser jüdischen Umwerthung gemacht hat… Ich erinnere in Betreff der ungeheuren und
</line>
<line xml:id="srcD_line_a10r_lb4" start="#a10r_lb4" n="4">über alle Maaßen verhängnißvollen Initiative, welche die Juden mit dieser grundsätzlichsten aller Kriegserklärungen ge<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a10r_lb5" start="#a10r_lb5" n="5">geben haben, an den Satz, auf den ich bei einer andren Gelegenheit gekommen bin („<hi rend="latin">Jenseits von Gut und Böse</hi>“ <hi rend="latin">p.</hi> 118)
</line>
<line xml:id="srcD_line_a10r_lb6" start="#a10r_lb6" n="6">– daß nämlich mit den Juden <hi rend="underline">der</hi> <hi rend="underline">Sklavenaufstand</hi> <hi rend="underline">in</hi> <hi rend="underline">der</hi> <hi rend="underline">Moral</hi> beginnt: jener Aufstand, welcher eine zweitausendjährige
</line>
<line xml:id="srcD_line_a10r_lb7" start="#a10r_lb7" n="7">Geschichte hinter sich hat und der uns heute nur deshalb aus den Augen gerückt ist, weil er – siegreich gewesen
<add place="inline" corresp="#a10r_add_d2e116">– </add>Aber ihr versteht das nicht? Ihr habt keine Augen für Etwas, das zwei Jahrtausende gebraucht hat, um zum Siege zu kom<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a10r_lb11" start="#a10r_lb11" n="11">men?… Daran ist Nichts zum Verwundern: alle langen Dinge sind schwer zu sehn, zu übersehn. <hi rend="underline">Das</hi> aber ist das Ereigniß:
</line>
<line xml:id="srcD_line_a10r_lb12" start="#a10r_lb12" n="12">aus dem Stamme jene<retrace>s</retrace> Baums der Rache und des Hasses, des jüdischen Hasses – des tiefsten und sublimsten, nämlich Ideale
</line>
<line xml:id="srcD_line_a10r_lb13" start="#a10r_lb13" n="13">schaffenden, Werthe umschaffenden Hasses, <milestone unit="page" edRef="#Cb #Ed" n="14"/>dessen Gleichen nie auf Erden dagewesen ist – wuchs etwas ebenso Unvergleichliches
</line>
<line xml:id="srcD_line_a10r_lb14" start="#a10r_lb14" n="14">heraus, eine <hi rend="underline">neue</hi> <hi rend="underline">Liebe</hi>, die tiefste und sublimste aller Arten Liebe: – und aus welchem andren Stamme hätte sie auch
</line>
<line xml:id="srcD_line_a10r_lb15" start="#a10r_lb15" n="15">wachsen können?… Daß man aber ja nicht vermeine, sie sei etwa als die eigentliche Verneinung jenes Durstes nach Ra<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a10r_lb16" start="#a10r_lb16" n="16">che, als der Gegensatz des jüdischen Hasses emporgewachsen! Nein, das Umgekehrte ist die Wahrheit! Diese Liebe wuchs
</line>
<line xml:id="srcD_line_a10r_lb17" start="#a10r_lb17" n="17">aus ihm heraus, als seine Krone, als die triumphirende, in der reinsten Helle und Sonnenfülle sich breit und breiter entfalten<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a10r_lb18" start="#a10r_lb18" n="18">de Krone, welche mit demselben Drange gleichsam im Reiche des Lichts und der Höhe auf die Ziele jenes Hasses, auf Sieg,
</line>
<line xml:id="srcD_line_a10r_lb19" start="#a10r_lb19" n="19">auf Beute, auf Verführung aus war, mit dem die Wurzeln jenes Hasses sich immer gründlicher und begehrlicher in Alles,
</line>
<line xml:id="srcD_line_a10r_lb20" start="#a10r_lb20" n="20">was Tiefe hatte und böse war, hinunter senkten. Dieser Jesus von Nazareth, als das leibhafte Evangelium der Liebe,
</line>
<line xml:id="srcD_line_a10r_lb21" start="#a10r_lb21" n="21">dieser den Armen, den Kranken, den Sündern die Seligkeit und den Sieg bringende „Erlöser“ – war er nicht gerade die
</line>
<line xml:id="srcD_line_a10r_lb22" start="#a10r_lb22" n="22">Verführung in ihrer unheimlichsten und unwiderstehlichsten Form, die Verführung und der Umweg zu eben jenen <hi rend="underline">jüdischen</hi>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a10r_lb23" start="#a10r_lb23" n="23">Werthen und Neuerungen des Ideals? Hat Israel nicht gerade auf dem Umwege dieses „Erlösers“, dieses scheinbaren
</line>
<line xml:id="srcD_line_a10r_lb24" start="#a10r_lb24" n="24">Widersachers und Auflösers Israel’s, das letzte Ziel seiner sublimen Rachsucht <hi rend="underline">erreicht</hi>? Gehört es nicht in die geheime
</line>
<line xml:id="srcD_line_a10r_lb25" start="#a10r_lb25" n="25">schwarze Kunst einer wahrhaft <hi rend="underline">
<retrace>g</retrace>roßen</hi> Politik der Rache, einer weitsichtigen, unterirdischen, langsam-<retrace>g</retrace>reifenden und
</line>
<line xml:id="srcD_line_a10r_lb26" start="#a10r_lb26" n="26">vorausrechnenden Rache, daß Israel selber das <del rend="hatching" instant="true">W</del> eigentliche Werkzeug seiner Rache vor aller Welt wie etwas Todfeind<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a10r_lb27" start="#a10r_lb27" n="27">liches verleugnen und an’s Kreuz schlagen mußte, damit „alle Welt“, nämlich alle Gegner Israels unbedenklich ge<milestone unit="page" edRef="#Cb #Ed" n="15"/>rade
</line>
<line xml:id="srcD_line_a10r_lb28" start="#a10r_lb28" n="28">an diesen Köder einbeißen konnten? Und wüßte man sich andrerseits, aus allem Raffinement des Geistes heraus,
</line>
<line xml:id="srcD_line_a10r_lb29" start="#a10r_lb29" n="29">überhaupt noch einen <hi rend="underline">gefährlicheren</hi> Köder auszudenken? Etwas, das an verlockender berauschender betäubender verderben<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a10r_lb30" start="#a10r_lb30" n="30">der Kraft jenem Symbol des „heiligen Kreuzes“ gleichkäme, jener schauerlichen Paradoxie eines „Gottes am Kreuze“,
</line>
<line xml:id="srcD_line_a10r_lb31" start="#a10r_lb31" n="31">jenem Mysterium einer unausdenkbaren letzten äußersten Grausamkeit und Selbstkreuzigung Gottes <hi rend="underline">zum</hi> <hi rend="underline">Heile</hi> <hi rend="underline">des</hi> <hi rend="underline">Men</hi>
<hi rend="underline">schen</hi>?… Gewiß ist wenigstens, daß <hi rend="latin">sub hoc signo</hi> Israel mit seiner Rache und Umwerthung aller Werthe bisher über
</line>
<line xml:id="srcD_line_a10r_lb33" start="#a10r_lb33" n="33">alle anderen Ideale, über alle <hi rend="underline">vornehmeren</hi> Ideale immer wieder triumphirt hat. – –
<add place="superimposed" corresp="#a10r_add_d2e263">S</add>ie noch von <hi rend="underline">vornehmeren</hi> Idealen! Fügen wir uns in die Thatsachen: das Volk hat gesiegt – oder „die
</line>
<line xml:id="srcD_line_a10r_lb36" start="#a10r_lb36" n="36">Sklaven“ oder „der Pöbel“ oder „die Heerde“ oder wie Sie es zu nennen belieben – wenn dies durch die Juden geschehn
</line>
<line xml:id="srcD_line_a10r_lb37" start="#a10r_lb37" n="37">ist, wohlan! so hatte nie ein Volk eine welthistorischere Mission. „Die Herren“ sind abgethan; die Moral des gemeinen
</line>
<line xml:id="srcD_line_a10r_lb38" start="#a10r_lb38" n="38">Mannes hat gesiegt. Man mag diesen Sieg zugleich als eine Blutvergiftung nehmen <metamark xml:id="srcD_metamark_a10r_add_d2e276" function="insertion" rend="inSpatium">
<add place="above" corresp="#a10r_add_d2e276">(er hat die Rassen durch einander gemengt)</add>
</metamark> – ich widerspreche nicht; unzweifel<pc force="weak">-</pc>
<add corresp="#a27r_add_d2e128" place="below">in</add> dem Verhältniß zwischen Käufer u. Verkäufer, Gläubiger und Schuldner: hier trat zuerst Per<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a27r_lb4" start="#a27r_lb4" hand="#N_black1" n="4">son gegen Person, hier <hi rend="underline">maß</hi> <hi rend="underline">sich</hi> zuerst Person an Person. Man hat keinen noch so niedren Grad von Civilisation auf<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a27r_lb5" start="#a27r_lb5" hand="#N_black1" n="5">gefunden, in dem <del corresp="#substDel4_a27r" rend="hatching">sich</del> nicht schon <del rend="overwritten" cause="#a27r_add_d2e155" type="SOW">e</del>
<add place="superimposed" corresp="#a27r_add_d2e155">E</add>twas von diesem Verhältnisse bemerkbar <metamark xml:id="srcD_metamark_a27r_add_d2e159" function="insertion">
<line xml:id="srcD_line_a27r_lb6" start="#a27r_lb6" hand="#N_black1" n="6">quivalente ausdenken, tauschen – das hat in einem solchen Maaße das allererste Denken des Menschen präokkupirt
</line>
<line xml:id="srcD_line_a27r_lb7" start="#a27r_lb7" hand="#N_black1" n="7">daß es in einem gewissen Sinne <hi rend="underline">das</hi> Denken ist: hier ist die älteste Art Scharfsinn herangezüchtet worden, hier
</line>
<line xml:id="srcD_line_a27r_lb8" start="#a27r_lb8" hand="#N_black1" n="8">möchte ebenfalls der erste Ansatz des menschlichen Stolzes, seines Vorrangs-Gefühls in Hinsicht auf anderes Gethier zu
</metamark> unser Wort „Mensch“ (<hi rend="latin">manas</hi>) gerade etwas von <hi rend="underline">diesem</hi> Selbstgefühl aus: der Mensch
</line>
<line xml:id="srcD_line_a27r_lb10" start="#a27r_lb10" hand="#N_black1" n="10">bezeichnete sich als das Wesen, welches Werthe mißt, werthet und mißt, als das „abschätzende Thier an sich.“ Kauf und Ver<pc force="weak">-</pc>
</metamark> gesellschaftlicher Verbände: aus der rudimentärsten Form des Perso<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a27r_lb12" start="#a27r_lb12" hand="#N_black1" n="12">nen-Rechts hat sich vielmehr das keimende Gefühl von <metamark xml:id="srcD_metamark_a27r_add_d2e221" function="insertion" rend="inSpatium">
<line xml:id="srcD_line_a27r_lb14" start="#a27r_lb14" hand="#N_black1" n="14">wohnheit<del corresp="#substDel5_a27r" rend="hatching">en</del>, Macht an Macht zu vergleichen, zu messen, zu berechnen. Das Auge war nun einmal für diese Perspek<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a27r_lb15" start="#a27r_lb15" hand="#N_black1" n="15">tive eingestellt: und mit jener plumpen Consequenz, <choice corresp="#a27r_choice_d2e264">
<sic>das</sic>
<corr>die</corr>
</choice> dem schwerbeweglichen, aber dann unerbittlich in
</line>
<line xml:id="srcD_line_a27r_lb16" start="#a27r_lb16" hand="#N_black1" n="16">gleicher Richtung weitergehenden Denken der älteren Menschheit eigenthümlich ist, langte man alsbald bei der großen
</line>
<line xml:id="srcD_line_a27r_lb17" start="#a27r_lb17" hand="#N_black1" n="17">Verallgemeinerung an „jedes Ding hat seinen Preis; <hi rend="underline">Alles</hi> kann abgezahlt werden“ – de<del rend="overwritten" cause="#a27r_add_d2e278" type="EOW">r</del>
<add corresp="#substAdd6b_a27r" hand="#N_brown1" place="inline">gute Wille unter ungefähr Gleichmächtigen, sich mit einander abzufinden, sich durch einen Ausgleich <metamark xml:id="srcD_metamark_a27r_add_d2e315" function="insertion">
<add corresp="#substAdd6c_a27r" hand="#N_brown1" place="inline">weniger Mächtige, diese unter sich zu einem Ausgleich zu <hi hand="#N_brown1" rend="underline">zwingen</hi>. –</add>
<add corresp="#substAdd3b_a30r" hand="#N_brown1" place="inline">Hier noch ein Wort über Ursprung und Zweck der Strafe – zwei Probleme, die auseinander fallen<del rend="overwritten" cause="#a30r_add_d2e172" type="SOW">.</del>
<del corresp="#substDel4i_a30r" hand="#N_brown1" rend="hatching">, wie es bisher die Moral-Genealogen</del> <metamark xml:id="srcD_metamark_substAdd2b_a30r" function="insertion" rend="endOfLine">
<add place="above" corresp="#substAdd2b_a30r">
<del hand="#N_brown1" corresp="#substDel4j_a30r">in Betreff der Strafe</del>
</metamark> Der „<retrace>Z</retrace>weck<anchor corresp="#appAnchor_a30r6a"/> im Rechte“ ist <metamark xml:id="srcD_metamark_substAdd1ddd_a30r" function="insertion" rend="inSpatium">
<add place="above" corresp="#substAdd1f_a30r">es für alle Art Historie gar keinen wichtigeren Satz<metamark xml:id="srcD_metamark_substAdd1g_a30r" function="insertion" rend="beforePunctuation">
<add place="above" corresp="#substAdd1g_a30r"> als jenen</add>
</metamark>, der mit solcher Mühe errungen ist, aber auch wirklich errungen <hi rend="underline">sein</hi> <hi rend="underline">sollte</hi> – daß nämlich </add>
</metamark>
<del corresp="#substDel1q_a30r" rend="hatching">lich</del> die Ursache der Entstehung eines Dings <del rend="hatching">von</del>
</add> Verwendung und Einord<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a30r_lb10" start="#a30r_lb10" n="10">nung in ein System von Zwecken <hi rend="latin">toto coelo</hi> auseinander liegen; daß etwas Vorhandenes, irgendwie Zu-Stande-Gekom<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a30r_lb11" start="#a30r_lb11" n="11">menes immer wieder von einer ihm überlegnen Macht auf <metamark xml:id="srcD_metamark_a30r_add_d2e497" function="insertion">
<line xml:id="srcD_line_a30r_lb12" start="#a30r_lb12" n="12">Nutzen umgebildet und umgerichtet wird; daß alles Geschehen <metamark xml:id="srcD_metamark_substAdd7_a30r" function="insertion" rend="inSpatium">
<add place="above" corresp="#substAdd7_a30r">in der organischen Welt</add>
</metamark> ein <hi rend="underline">Überwältigen</hi>, <hi rend="underline">Herrwerden</hi> und daß wiederum alles
</line>
<line xml:id="srcD_line_a30r_lb13" start="#a30r_lb13" n="13">Überwältigen und Herrwerden <del corresp="#substDel7a_a30r" rend="hatching">in der organischen und</del> <del corresp="#substDel7b_a30r" rend="hatching">unorganischen Welt</del> ein Neu-Interpretieren, ein Zurechtmachen ist,
</line>
<line xml:id="srcD_line_a30r_lb14" start="#a30r_lb14" n="14">bei dem der bisherige „Sinn“ <metamark xml:id="srcD_metamark_a30r_add_d2e534" function="insertion" rend="inSpatium">
</metamark> nothwendig verdunkelt oder ganz ausgelöscht werden muß. Wenn man die <hi rend="underline">Nützlichkeit</hi>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a30r_lb15" start="#a30r_lb15" n="15">von irgend welchem physiologischen Organ (oder auch einer Rechts-Institution, einer <metamark xml:id="srcD_metamark_a30r_add_d2e543" function="insertion" rend="inSpatium">
<add place="above" corresp="#a30r_add_d2e556">Künsten oder im </add>
</metamark>religiösen Cultus) noch so gut begriffen hat, so hat man damit noch nichts in Betreff seiner Entstehung<del rend="hatching">, noch nicht ein</del>
<del rend="hatching">mal in Betreff seiner bisherigen</del> <del rend="hatching">Entwicklung</del> begriffen: so unbequem und unangenehm dies älteren Ohren klingen
</line>
<line xml:id="srcD_line_a30r_lb18" start="#a30r_lb18" n="18">mag, – denn <metamark xml:id="srcD_metamark_a30r_add_d2e578" function="insertion">
<del rend="hatching">bisher</del> hatte man in dem nachweisbaren Zwecke<add place="inline" corresp="#a30r_add_d2e583">, <metamark xml:id="srcD_metamark_a30r_add_d2e585" function="insertion" rend="inSpatium">
<add place="above" instant="true" corresp="#a30r_add_d2e585">in der Nützlichkeit</add>
</metamark>
</add> eines Dings, <milestone unit="page" edRef="#Ed" n="68"/>einer Form, einer Einrichtung auch <metamark xml:id="srcD_metamark_a30r_add_d2e591" function="insertion">
<del rend="hatching">aus dem</del> Greifen.<add place="inline" rend="insMExt" corresp="#a30r_add_d2e623"> So hat man sich auch die Strafe vorgestellt als erfunden <hi rend="underline">zum</hi> Strafen.</add>
</add>
</metamark> Aber alle Zwecke, alle Nützlichkeiten sind nur <hi rend="underline">Anzeichen</hi> davon, daß <metamark xml:id="srcD_metamark_a30r_add_d2e632" function="insertion">
<add place="above" corresp="#a30r_add_d2e632">
<del rend="hatching">wieder</del>
</add>
</metamark> ein Wille zur
</line>
<line xml:id="srcD_line_a30r_lb20" start="#a30r_lb20" n="20">Macht über etwas weniger Mächtiges Herr geworden ist und ihm von sich aus den Sinn einer Funktion aufgeprägt hat; und
</line>
<line xml:id="srcD_line_a30r_lb21" start="#a30r_lb21" n="21">die ganze Geschichte eines „Dings“ <metamark xml:id="srcD_metamark_a30r_add_d2e640" function="insertion" rend="inSpatium">
<add place="above" corresp="#a30r_add_d2e640">eines Organs, eines Brauchs</add>
</metamark> kann dergestalt eine fortgesetzte <metamark xml:id="srcD_metamark_a30r_add_d2e644" function="insertion">
</metamark>Kette von immer neuen Interpretationen und Zurechtma<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a30r_lb22" start="#a30r_lb22" n="22">chungen sein, deren Ursachen selbst unter sich nicht im Zusammenhange zu sein brauchen, vielmehr <metamark xml:id="srcD_metamark_substAdd8_a30r" function="insertion" rend="inSpatium">
<add place="above" corresp="#a30r_add_d2e662">eines Dings<add place="inline" rend="insMExt" corresp="#a30r_add_d2e664">, eines Brauchs<add place="inline" rend="insMExt" corresp="#a30r_add_d2e666">, eines Organs</add>
</add>
</add>
</metamark> ist demgemäß nichts weniger als sein <hi rend="latin">progressus</hi> auf ein Ziel hin, noch weni<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a30r_lb24" start="#a30r_lb24" n="24">ger ein logischer und kürzester, mit dem kleinsten Aufwand von Kraft und Kosten erreichter <hi rend="latin">progressus</hi>, – sondern die Auf<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a30r_lb25" start="#a30r_lb25" n="25">einanderfolge von mehr oder minder tiefgehenden, mehr oder minder von einander unabhängigen <metamark xml:id="srcD_metamark_substAdd9_a30r" function="insertion" rend="inSpatium">
<add place="above" corresp="#substAdd9_a30r">
<add corresp="#substAdd11_a30r" place="inline" rend="insMExt">an ihm sich abspielenden<space unit="char" quantity="5"/>
</add> <del corresp="#substDel11a_a30r" rend="hatching">an irgend etwas Festerem und Widerstehenden </del>
<del corresp="#substDel14g_a30r" rend="strikethrough">muß sich auch seinerseits, so schwach es auch sein mag</del>,</add>
</metamark> <del corresp="#substDel13b_a30r" rend="hatching">bewegt sich auch seinerseits</del> <del corresp="#substDel14h_a30r" rend="strikethrough">von innen her nach außen<metamark xml:id="srcD_metamark_substAdd13d_a30r" function="insertion" rend="beforePunctuation">
<del corresp="#substDel14j_a30r" rend="strikethrough">ßen“ zu bethätigen und zu bereichern, um es in sich hineinzunehmen und ihm <hi rend="underline">sein</hi> Gesetz, <hi rend="underline">seinen</hi> Sinn aufzuprägen. </del>
<add place="above" corresp="#substAdd13e_a30r" style="left:0em;">Die Form ist flüssig, der „Sinn“ ist es <metamark xml:id="srcD_metamark_a30r_add_d2e810" function="insertion" style="top:0.332031em;height:0.996094em;">
</metamark>innerhalb jedes einzelnen Organismus steht es nicht anders: mit jedem wesentlichen Wachsthum des Ganzen verschiebt sich auch
</line>
<line xml:id="srcD_line_a30r_lb31" start="#a30r_lb31" n="31">der „Sinn“ der einzelnen Organe, – unter Umständen kann deren theilweises Zu-Grunde-Gehn, deren Zahl-Verminderung (zum
</line>
<line xml:id="srcD_line_a30r_lb32" start="#a30r_lb32" n="32">Beispiel durch Vernichtung der Mittel<metamark xml:id="srcD_metamark_a30r_add_d2e820" function="insertion" rend="inWord">
<del hand="#N_brown1" rend="hatching">bildungen</del>) ein Zeichen wachsender Kraft und <milestone unit="page" edRef="#Ed" n="69"/>Vollkommenheit sein. Ich wollte sagen: auch
</line>
<line xml:id="srcD_line_a30r_lb33" start="#a30r_lb33" n="33">das theilweise <hi rend="underline">Unnützlichwerden</hi>, das Verkümmern und Entarten, das Verlustiggehn von Sinn und Zweckmäßigkeit gehört <metamark xml:id="srcD_metamark_a30r_add_d2e833" function="insertion">
</metamark> wirklichen <hi rend="latin">progressus</hi>: als welcher immer in Gestalt eines Willens und Wegs zu <hi rend="underline">größerer</hi> <hi rend="underline">Macht</hi> erscheint und immer auf
</line>
<line xml:id="srcD_line_a30r_lb35" start="#a30r_lb35" n="35">Unkosten zahlreicher kleinerer Mächte durchgesetzt wird. Die Größe eines „Fortschritts“ <hi rend="underline">bemißt</hi> sich <metamark xml:id="srcD_metamark_a30r_add_d2e868" function="insertion">
<line xml:id="srcD_line_a30r_lb37" start="#a30r_lb37" n="37">welcher lieber sich noch mit der absoluten Zufälligkeit, ja <metamark xml:id="srcD_metamark_a30r_add_d2e937" function="insertion" rend="inSpatium">
</metamark> Unsinnigkeit alles Geschehens <del instant="unknown">sich</del> vertragen würde als mit der The<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a30r_lb38" start="#a30r_lb38" n="38">orie eines in allem Geschehen sich abspielenden <hi rend="underline">Macht-Willens</hi>. D<del rend="overwritten" cause="#a30r_add_d2e955" type="EOW">er</del>
</add> <del rend="hatching">und in ihnen Unfug</del> <add hand="#N_brown1" place="inline" rend="insMExt" corresp="#a30r_add_d2e1057">eindringen <hi rend="underline">darf</hi>;</add>
</add>
</metamark>
<del rend="hatching">sein Unwesen</del> <del rend="hatching">treibt;</del> ja er scheint mir <metamark xml:id="srcD_metamark_a30r_add_d2e1069" function="insertion">
<line xml:id="srcD_line_a30r_lb41" start="#a30r_lb41" n="41">vom Leben <metamark xml:id="srcD_metamark_substAdd18_a30r" function="insertion">
<add place="above" corresp="#substAdd18_a30r">Herr geworden zu sein<add hand="#N_brown1" place="inline" rend="insMExt" corresp="#a30r_add_d2e1083">, zu ihrem Schaden, wie sich von selbst versteht,</add>
</add>
</metamark>
<del corresp="#substDel18_a30r" rend="hatching">in eine falsche Richtung gedrängt zu haben</del>, indem er ihr <metamark xml:id="srcD_metamark_a30r_add_d2e1089" function="insertion">
<add place="above" corresp="#a30r_add_d2e1089">einen Grundbegriff, den der</add>
</metamark>
<del rend="hatching">den Begriff</del> der eigentlichen <hi rend="underline">Aktivität</hi>, <metamark xml:id="srcD_metamark_a30r_add_d2e1098" function="insertion">
<del rend="hatching">eskamotirt</del>. Man stellt dagegen <metamark xml:id="srcD_metamark_a30r_add_d2e1107" function="insertion" rend="inSpatium">
<add place="above" corresp="#a30r_add_d2e1107">unter dem Druck jener Idiosynkrasie</add>
</metamark> die „Anpassung“ in den Vordergrund<metamark xml:id="srcD_metamark_a30r_add_d2e1111" function="insertion" rend="beforePunctuation">
<add place="above" corresp="#a30r_add_d2e1111"> das heißt eine Aktivität zweiten Ranges, <milestone unit="page" edRef="#Ed" n="70"/>eine bloße Reaktivität</add>
</metamark>, ja man hat das Leben selbst als eine immer zweckmäßigere
</line>
<line xml:id="srcD_line_a30r_lb43" start="#a30r_lb43" n="43">innere Anpassung an äußere Umstände definirt (<hi rend="latin">Herbert Spencer</hi>) Damit ist aber das Wesen des Lebens verkannt, sein <hi rend="underline">Wille</hi> <hi rend="underline">zur</hi>
<hi rend="underline">Macht</hi>; damit ist der principielle Vorrang übersehn, den die spontanen, angreifenden, übergreifenden, neu-auslegenden, neu-richtenden
</line>
<line xml:id="srcD_line_a30r_lb45" start="#a30r_lb45" n="45">und gestaltenden Kräfte haben, auf deren Wirkung erst die „Anpassung“ folgt; <metamark xml:id="srcD_metamark_a30r_add_d2e1135" function="insertion">
<add place="above" corresp="#a30r_add_d2e1135">damit ist im Organismus selbst die herrschaftliche Rolle der höchsten </add>
</metamark>
<del rend="hatching">als eine Reaktion und Unterwerfungsform dessen, was</del>
<add corresp="#a30r_add_d2e1141" place="above">Funktionäre abgeleugnet, in denen der Wille zum Leben aktiv und aggressiv erscheint. Man erinnert sich, was <hi rend="latin">Huxley Spencer’n</hi> zum Vorwurf gemacht hat – seinen „<hi rend="latin">admini<pc force="weak">-</pc>
</hi>
</add>
<del rend="hatching">zu schwach ist, um über den Feind Herr zu werden, und eben noch stark genug, um sein Sonderdasein aufrecht zu erhalten</del>
<add corresp="#a30r_add_d2e1152" place="below">
<hi rend="latin">strativen Nihilismus</hi>“: aber es handelt sich noch um <hi rend="underline">mehr</hi> als um’s „Administriren“…</add>
<add place="inline" corresp="#a31r_add_d2e67">– </add>Man hat also, um zur Sache, nämlich zur <hi rend="underline">Strafe</hi> zurückzukehren, zweierlei an ihr zu unterscheiden: einmal das relativ
</metamark> Abfolge von Prozeduren, andrerseits das <hi rend="underline">Flüssige</hi>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a31r_lb4" start="#a31r_lb4" n="4">an ihr, den Sinn, den <retrace>Z</retrace>weck, die Erwartung, welche sich an die Ausführung solcher Prozeduren knüpft. Hierbei wird
<del rend="hatching">muß</del>, daß letztere<del corresp="#substDel1_a31r" rend="strikethrough">r</del> erst in die <metamark xml:id="srcD_metamark_a31r_add_d2e155" function="insertion" rend="inSpatium">
<add place="above" corresp="#a31r_add_d2e155">(längst vorhandene, aber in einem anderen Sinne übliche)</add>
</metamark> Prozedur <hi rend="underline">hineingelegt</hi>, hineingedeutet worden ist,
</line>
<line xml:id="srcD_line_a31r_lb7" start="#a31r_lb7" n="7">kurz, daß es <hi rend="underline">nicht</hi> so steht, wie unsre naiven Moral- und Rechtsgenealogen bisher annahmen, welche sich <metamark xml:id="srcD_metamark_a31r_add_d2e167" function="insertion" rend="inSpatium">
</add>, ihren „Sinn“, so stellt in einem sehr späten Zustan<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a31r_lb10" start="#a31r_lb10" n="10">de der Cultur (zum Beispiel im heutigen Europa) der Begriff <del rend="overwritten" cause="#a31r_add_d2e230" type="SOW">d</del>
<add place="superimposed" instant="true" corresp="#a31r_add_d2e230">„S</add>trafe“ in der That <metamark xml:id="srcD_metamark_a31r_add_d2e233" function="insertion">
</metamark>, die Geschichte ihrer Ausnützung zu den verschiedensten Zwecken
</line>
<line xml:id="srcD_line_a31r_lb12" start="#a31r_lb12" n="12">krystallisirt sich zuletzt in eine Art von Einheit, welche schwer löslich, schwer zu analysiren und<add place="inline" corresp="#a31r_add_d2e253">, <metamark xml:id="srcD_metamark_a31r_add_d2e255" function="insertion" rend="inSpatium">
<add place="above" instant="true" corresp="#a31r_add_d2e255">was man hervorheben muß,</add>
</metamark>
</add> ganz und gar <hi rend="underline">unde</hi>
<retrace>(</retrace>Es ist heute <hi rend="underline">unmöglich</hi>, bestimmt zu sagen, <hi rend="underline">warum</hi> eigentlich <metamark xml:id="srcD_metamark_a31r_add_d2e279" function="insertion" rend="inSpatium">
<del corresp="#substDel4_a31r" rend="hatching">Alle</del> Begriffe, in denen <metamark xml:id="srcD_metamark_substAdd3b_a31r" function="insertion" rend="inSpatium">
</metamark> ein ganzer Prozeß semiotisch zusammen<del corresp="#substDel3b_a31r" rend="hatching">ge</del>faßt <del corresp="#substDel3c_a31r" rend="hatching">wird</del>, entziehn sich der Defini<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a31r_lb14" start="#a31r_lb14" n="14">tion; definirbar ist nur das, was keine Geschichte hat.<add corresp="#substAdd4_a31r" place="inline">)</add>
<del corresp="#substDel3d_a31r" rend="hatching">)</del> In einem früheren Stadium erscheint dagegen jene Synthesis
</line>
<line xml:id="srcD_line_a31r_lb15" start="#a31r_lb15" n="15">von „Sinnen“ noch löslicher, auch noch verschiebbarer; man kann <metamark xml:id="srcD_metamark_a31r_add_d2e316" function="insertion" rend="inSpatium">
</metamark> wahrnehmen, wie für jeden einzelnen Fall die Elemen<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a31r_lb16" start="#a31r_lb16" n="16">te der Synthesis <del rend="hatching">noch</del> ihre Werthigkeit verändern und sich demgemäß umordnen, so daß bald dies, bald jenes Element
</line>
<line xml:id="srcD_line_a31r_lb17" start="#a31r_lb17" n="17">auf Kosten der übrigen hervortritt und dominirt, ja unter Umständen Ein Element (etwa der Zweck der Abschreckung)
</line>
<line xml:id="srcD_line_a31r_lb18" start="#a31r_lb18" n="18">den ganzen Rest von Elementen aufzuheben scheint. Um wenigstens eine Vorstellung davon zu geben, wie unsicher,
</line>
<line xml:id="srcD_line_a31r_lb19" start="#a31r_lb19" n="19">wie nachträglich, wie accidentiell „der Sinn“ der Strafe ist und wie ein und dieselbe Prozedur auf grundverschiedne Ab<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a31r_lb20" start="#a31r_lb20" n="20">sichten hin benützt, gedeutet, zurechtgemacht werden kann: so stehe hier das Schema, das sich mir selbst auf Grund
</line>
<line xml:id="srcD_line_a31r_lb21" start="#a31r_lb21" n="21">eines verhältnißmäßig kleinen und zufälligen Materials ergeben hat. Strafe als Unschädlichmachen, als Verhinderung wei<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a31r_lb22" start="#a31r_lb22" n="22">teren Schädigens. Strafe <milestone unit="page" edRef="#Ed" n="72"/>als Abzahlung des Schadens an den Geschädigten, in irgend einer Form (auch in der <metamark xml:id="srcD_metamark_a31r_add_d2e350" function="insertion">
<line xml:id="srcD_line_a31r_lb23" start="#a31r_lb23" n="23">Compensation) Strafe als Isolirung einer Gleichgewichts-Störung, um ein Weitergreifen der Störung zu verhüten. Strafe
</line>
<line xml:id="srcD_line_a31r_lb24" start="#a31r_lb24" n="24">als Furchteinflößen vor denen, welche die Strafe bestimmen und <choice corresp="#a31r_choice_d2e360">
<sic>Exekutiren</sic>
<corr>exekutiren</corr>
</choice>. Strafe als eine Art Ausgleich für die Vortheile,
</line>
<line xml:id="srcD_line_a31r_lb25" start="#a31r_lb25" n="25">welche der Verbrecher bis dahin genossen hat (zum Beispiel wenn er als Bergwerkssklave nutzbar gemacht wird). Strafe
</line>
<line xml:id="srcD_line_a31r_lb26" start="#a31r_lb26" n="26">als Ausscheidung eines entartenden Elementes (unter Umständen eines ganzen Zweigs, wie nach chinesischem Rechte:
</line>
<line xml:id="srcD_line_a31r_lb27" start="#a31r_lb27" n="27">somit als Mittel zur Reinerhaltung der Rasse oder <metamark xml:id="srcD_metamark_a31r_add_d2e370" function="insertion" rend="inSpatium">
</metamark> eines socialen Typus). Strafe als Fest, nämlich als Verge<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a31r_lb28" start="#a31r_lb28" n="28">waltigung und Verhöhnung eines endlich niedergeworfnen Feindes. Strafe als ein Gedächtniß-machen, sei es für den,
</line>
<line xml:id="srcD_line_a31r_lb29" start="#a31r_lb29" n="29">der die Strafe erleidet – die sogenannte „Besserung“, sei es für die Zeugen der Exekution. Strafe als <metamark xml:id="srcD_metamark_a31r_add_d2e382" function="insertion">
<add place="above" corresp="#a31r_add_d2e382">Zahlung eines Honorars</add>
<del hand="#N_brown1" rend="hatching">die</del> Macht, welche den Übelthäter vor den Ausschweifungen der Rache schützt<del rend="strikethrough">e</del>. <metamark xml:id="srcD_metamark_a31r_add_d2e408" function="insertion" rend="inSpatium">
<add place="above" instant="true" corresp="#a31r_add_d2e408">Strafe als Compromiß mit<add corresp="#substAdd5a_a31r" place="inline" rend="insMExt"> dem Naturzustand<del rend="strikethrough">e</del>
</metamark> aufrecht erhalten und als Privilegium in Anspruch <choice corresp="#a31r_choice_d2e432">
<sic>genomen</sic>
<corr>genommen</corr>
</choice> wird. Strafe als Kriegserklärung <metamark xml:id="srcD_metamark_a31r_add_d2e438" function="insertion" rend="inSpatium">
<add place="above" corresp="#a31r_add_d2e438">
<choice corresp="#a31r_choice_d2e439">
<abbr>u</abbr>
<expan>und</expan>
</choice> Kriegsmaßregel</add>
</metamark> ge<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a31r_lb32" start="#a31r_lb32" n="32">gen einen Feind des <metamark xml:id="srcD_metamark_a31r_add_d2e449" function="insertion">
</metamark> Gesetzes, der Ordnung, der Obrigkeit, den man als gefährlich für das Gemeinwesen, als vertragsbrüchig
</line>
<line xml:id="srcD_line_a31r_lb33" start="#a31r_lb33" n="33">in Hinsicht auf dessen Voraussetzungen, als einen Empörer, Verräther <choice corresp="#a31r_choice_d2e454">
<abbr>u</abbr>
<expan>und</expan>
</choice> Friedensbrecher mit <metamark xml:id="srcD_metamark_a31r_add_d2e460" function="insertion">
<line xml:id="srcD_line_a31r_lb36" start="#a31r_lb36" rend="indent" hand="#N_brown1" n="36">Diese Liste ist gewiß nicht vollständig; ersichtlich ist die Strafe mit Nützlichkeiten aller Art überladen. <milestone unit="page" edRef="#Ed" n="73"/>Um so eher darf
</line>
<line xml:id="srcD_line_a31r_lb37" start="#a31r_lb37" hand="#N_brown1" n="37"> man von ihr eine <hi rend="underline">vermeintliche</hi> Nützlichkeit in Abzug bringen, die allerdings im populären Bewußtsein als ihre wesentlich<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_a31r_lb38" start="#a31r_lb38" hand="#N_brown1" n="38">ste gilt, – der Glaube an die Strafe, der heute aus mehreren Gründen wackelt, findet <del rend="hatching">heute</del> <metamark xml:id="srcD_metamark_a31r_add_d2e507" function="insertion">
<line xml:id="srcD_line_a31r_lb39" start="#a31r_lb39" hand="#N_brown1" n="39"> seine kräftigste Stütze. Die Strafe soll den Werth haben, das <hi rend="underline">Gefühl</hi> <hi rend="underline">der</hi> <hi rend="underline">Schuld</hi> im Schuldigen aufzuwecken, man sucht in
<line xml:id="srcD_line_b49r_lb1" start="#b49r_lb1" n="1">behandlung durchgesetzt hat, ist jedes Mal die Krankhaftigkeit unheimlich schnell in die Tiefe
</line>
<line xml:id="srcD_line_b49r_lb2" start="#b49r_lb2" n="2">und Breite gewachsen. Was war immer der „Erfolg“? Ein zerrüttetes Nervensystem, hinzu
</line>
<line xml:id="srcD_line_b49r_lb3" start="#b49r_lb3" n="3">zu dem, was sonst schon krank war; und das im Größten <metamark xml:id="srcD_metamark_b49r_add_d2e58" function="insertion">
<add place="above" corresp="#b49r_add_d2e83">die größten, von denen die Geschichte weiß,</add>
</metamark> wie die der <hi rend="latin">St. Veit</hi>- und <hi rend="latin">St.</hi> Johann-Tänzer <metamark xml:id="srcD_metamark_b49r_add_d2e93" function="insertion" rend="inSpatium">
<line xml:id="srcD_line_b49r_lb6" start="#b49r_lb6" n="6">her gehört auch die Hexen-Hysterie, etwas dem Somnambulismus Verwandtes <metamark xml:id="srcD_metamark_b49r_add_d2e104" function="insertion" rend="inSpatium" style="top:-0.125em;height:1.4375em;">
<add place="above" corresp="#b49r_add_d2e104" style="left:-20em;">(acht große epidemische Ausbrüche derselben allein zwischen 1564 <choice corresp="#b49r_choice_d2e106">
<abbr>u</abbr>
<expan>und</expan>
</choice> 1605)</add>
</metamark> –; wir fin<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_b49r_lb7" start="#b49r_lb7" n="7">den in seinem Gefolge <metamark xml:id="srcD_metamark_b49r_add_d2e117" function="insertion">
</metamark> jene todsüchtigen Massen-Delirien, deren entsetzlicher Schrei
</line>
<line xml:id="srcD_line_b49r_lb8" start="#b49r_lb8" n="8">„<hi rend="latin">evviva la morte</hi>“ über ganz Europa weg gehört wurde, unterbrochen bald von wol<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_b49r_lb9" start="#b49r_lb9" n="9">lüstigen, bald von zerstörungswüthigen <metamark xml:id="srcD_metamark_b49r_add_d2e132" function="insertion">
</add> und gefährlichste<del corresp="#substDel4g_b49r" rend="hatching">n</del> Sy<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_b49r_lb14" start="#b49r_lb14" n="14">stematisirung aller Mittel der Gefühls-Ausschweifung<add place="inline" corresp="#b49r_add_d2e256">,</add>
</metamark> <hi rend="underline">nicht</hi> <hi rend="underline">nur</hi> in seine Geschichte… Ich wüßte
</line>
<line xml:id="srcD_line_b49r_lb16" start="#b49r_lb16" n="16">kaum noch etwas Anderes geltend zu machen, was dermaaßen zerstörerisch der <hi rend="underline">Gesundheit</hi>
</line>
<line xml:id="srcD_line_b49r_lb17" start="#b49r_lb17" n="17">und Rassen-Kräftigkeit namentlich der Europäer zugesetzt hat als dies Ideal; man darf
</line>
<line xml:id="srcD_line_b49r_lb18" start="#b49r_lb18" n="18">es ohne alle Übertreibung <hi rend="underline">das</hi> <metamark xml:id="srcD_metamark_b49r_add_d2e296" function="insertion" rend="inSpatium">
<add place="above" corresp="#b49r_add_d2e296">
<hi rend="underline">eigentliche</hi>
</add>
</metamark> <hi rend="underline">Verhängniß</hi> in der Gesundheitsgeschichte des europäischen
</line>
<line xml:id="srcD_line_b49r_lb19" start="#b49r_lb19" n="19">Menschen nennen. Höchstens, daß seinem Einflusse noch der spezifisch-germanische Einfluß gleich<pc force="weak">-</pc>
</line>
<line xml:id="srcD_line_b49r_lb20" start="#b49r_lb20" n="20">zusetzen wäre: ich meine die Alcohol-Vergiftung Europa’s, welche streng mit dem politischen
<line xml:id="srcD_line_b49r_lb24" start="#b49r_lb24" n="24">Der asketische Priester hat die seelische Gesundheit verdorben, wo er auch nur zur Herr<pc force="weak">-</pc>