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<lbn="3"xml:id="b3r_lb3"/>und Sinnlichkeit giebt, braucht es glücklicher Weise noch lange kein tragischer Gegensatz
<lbn="4"xml:id="b3r_lb4"/>zu sein. Dies dürfte wenigstens für alle wohlgeratheneren, wohlgemutheren Sterbli<pcforce="weak">-</pc>
<lbn="5"xml:id="b3r_lb5"/>chen gelten, welche ferne davon sind, ihr labiles Gleichgewicht zwischen „Thier und
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<lbn="7"xml:id="b3r_lb7"/>und Hellsten, gleich Goethen, gleich Hafis, haben darin sogar einen Lebensreiz <hirend="underline">mehr</hi>
<lbn="8"xml:id="b3r_lb8"/>gesehn. Solche „Widersprüche“ gerade verführen zum Dasein… Andrerseits versteht es
<lbn="9"xml:id="b3r_lb9"/>sich nur zu gut, daß wenn einmal die verunglückten Schweine dazu gebracht werden,
<lbn="10"xml:id="b3r_lb10"/>die Keuschheit anzubeten – und es giebt solche Schweine! – sie in ihr nur ihren Ge<pcforce="weak">-</pc>
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<lbn="21"xml:id="b3r_lb21"/>wird – wie? war dieser Parsifal überhaupt <hirend="underline">ernst</hi> ge<milestoneunit="page"edRef="#Ed"n="100"/>meint? Man könnte näm<pcforce="weak">-</pc>
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