<repository>Goethe- und Schiller-Archiv, Weimar</repository>
<idnotype="GSA-Signatur">71/27,1, 71/27,2</idno>
<idnotype="Mette-Signatur">D 20</idno>
<idnotype="N-Archiv-Signatur">D XII</idno>
<idnotype="DFGA-Sigle">D-20a, D-20b</idno>
<idnotype="SpN-Sigle">D 20a, D 20b</idno>
</msIdentifier>
<msContents>
<abtype="descHead">
1. Inhaltsbeschreibung</ab>
<p>Druckmanuskript zu Zur Genealogie der Moral. Eine Streitschrift. C. G. Naumann, Leipzig 1887.</p>
<abtype="descHead">
1.1 Inhaltsverzeichnis</ab>
<p><locus>a1r</locus>: <descxml:id="contents_a1r">Druckvorlage GM Titelseite; Notizen von Köselitz die Korrektur von Bogen 12 und Titelbogen betreffend</desc></p><!-- zu Notizen von Kö vgl. b59v --><!-- alles noch zu überprüfen! -->
2. Frühere Manuskriptbeschreibung (H. J. Mette)</ab>
<p>„D 20: Eigenhändiges Dm. zu E 40 (auf den Seiten V-VII sowie den Seiten 27 und 33 der ersten Gruppe finden sich offenbar von Nietzsche angeordnete Korrekturen von fremder Hand); 34 einseitig, 4 doppelseitig beschriebene, z. T. aus mehreren Blättern zusammengeklebte Foliobogen (Format im allgemeinen 23×36) und 67 einseitig beschriebene Quartblätter (17,5×21,5), mit der Paginierung I-VII, 1-13, 13a-c, 14-33, 1-66.“ (<reftarget="#Mette1933">Mette 1933</ref>, XLIVf.)</p>
<material>Quartblatt</material>, <width>22,2</width>×<height>33,3</height>, liniiert, roter Farbschnitt, Rekto links beschnitten. Verso vakat. Ursprünglich wahrscheinlich aus gleichem Heft wie Quartblätter in D 20b.</desc>
<material>Quartblatt</material>, ca. <width>22,2</width>×<height>33,3</height>, liniiert, roter Farbschnitt, Rekto rechts beschnitten; minimer Textverlust durch Beschnitt. Verso vakat.</desc>
</p>
<!-- usw. -->
<abtype="descHead">
3.2 Paginierung, Foliierung</ab>
<p>Paginierung, egh: D 20a Rekto und ggf. Verso oben rechts, a2v oben links; D 20b Rekto oben links. a1r-a3v und a5r-a12r: „I.“ bis „VI.“ und „1.“ bis „8“, <reftarget="#N_red">Rotstift</ref>; a6r-a17r: „2“ bis „13“, <reftarget="#N_pencil">Bleistift</ref>; a20r: „14.“, <reftarget="#N_black1">schwarze Tinte</ref><!-- GSA? -->; a22r: „16“, unten rechts, <reftarget="#N_red">Rotstift</ref> (egh?)<!-- GSA? -->. b1r: „1.“, <reftarget="#N_black2">schwarze Tinte</ref>, b2r-b18r, b20r-b61r: „2“ bis „60“, <reftarget="#N_pencil">Bleistift</ref>, b62r, b66r-b68r: „61“ bis „64“, <reftarget="#N_black2">schwarze Tinte</ref>, b69r-b70r: „65“ bis „66“, <reftarget="#N_pencil">Bleistift</ref>.</p>
<p>Paginierung, fHd: D 20a, D 20b Rekto und ggf. Verso oben rechts, a18r oben links. Durchgehend <reftarget="#N-Archiv_red">Rotstift</ref>. a4r: „VII“; a18r, a18v, a19r: „13a“, „13b“, „13c“; a20r-a39r: „14.“ bis „33.“. Radierte frühere Paginierung: a18r-a39r, b1r-b18r, b20r-b62r, b65r, b67r-b70r: „14“ bis „102“; b66r: „98“ nicht radiert.</p>
<locus>b21r</locus>: <descxml:id="addDesc_b21r">Anstreichungen, <reftarget="#N-Archiv_blue">Blaustift, fHd (N-Archiv)</ref>; Anmerkungen (Z. 1 „gesperrt!“, Z. 5 „del“, Z. 7 „nicht gesperrt!“), <reftarget="#N-Archiv_pencil">Bleistift, fHd (N-Archiv)</ref>.</desc>
</p>
</additions>
</physDesc>
<history>
<abtype="descHead">
4. Entstehungsgeschichte</ab>
<p>Hier ausführlicher Text, von Vs bis Ed mit Schwerpunkt Dm; im Folgenden Kurzversion Antrag:</p>
<p>Im Juli und August 1887 entstanden. Über die Entstehungsgeschichte von Zur Genealogie der Moral ist wenig bekannt, die Vorarbeiten sind weitgehend verloren gegangen, laut N wurde die Schrift „rasch beschlossen, begonnen und fertig gemacht“ (<reftarget="#apdx1887-08-08*">N an H. Köselitz, 8.8.1887</ref>); zunächst waren nur zwei Abhandlungen zum Druck vorgesehen, im Laufe des August folgte eine dritte Abhandlung, Korrektur und Druck dauerten bis Mitte Oktober.</p>
<p>Vs: Überlieferung nur sehr lückenhaft, vereinzelte Vs in KGW IX: N VII 3, W I 8, Mp XV, Mp XVI, Mp XVII.</p>
<p>Cb: K 11 (Mette-Signatur): Bogen 1, in doppelter Ausführung überliefert, Korrekturen von Ns und Köselitz’ Hand; Bogen 10, ohne Korrekturen.</p>
<pxml:id="CbTitel">Cb Titel, S. [I]-[XVI] (Titelei, Vorrede 1-8, Titelblatt GM I), nicht überliefert</p>
<pxml:id="Cb1">Cb 1, S. 1-16 (GM I 1-10), in doppelter Ausführung überliefert (Cb 1a, Cb 1b)</p>
<p>usw.</p>
<p>Ed: E 40 (Mette-Signatur): Zur Genealogie der Moral. Eine Streitschrift. Leipzig: C. G. Naumann 1887.</p>
</history>
</msDesc></sourceDesc></fileDesc>
<profileDesc>
<creation>
<listChangeordered="true">
<changexml:id="preliminaryContext">Entstehungskontext: Enttäuschende Verkaufszahlen von JGB, mitgeteilt von C. G. Naumann, vermutlich <datenotAfter="1887-06-05">Anfang Juni 1887</date>; biographische Nachfragen zu Ns Großmutter väterlicherseits durch die Weimarer Goethe-Forschung, <datewhen="1887-07-06">6.7.1887</date>.</change>
<changexml:id="version0">Der ersten Niederschrift einer Seite zugehörend.</change><!-- passt hier ganz schlecht rein! -->
<changexml:id="GM01beginning">Beginn der Arbeiten an GM laut N ca. <datewhen="1887-07-10">am 10. Juli 1887</date>.</change>
<changexml:id="GM01redivision">Im Zug der ersten Niederschrift Zwischenrevision von GM I 4-7: Vereinigung von §5 und 6 zu §5 (später GM I 4), Umnummerierung von §7-9 zu 6-8 (später GM I 5-7), Fortsetzung mit §9ff. (später GM I 8ff.), vermutlich <datenotBefore="1887-07-10"notAfter="1887-07-15">kurz vor oder um Mitte Juli 1887</date>.</change>
<changexml:id="GM01formerVersion">Erste Dm-Fassung, ca. vom 10. bis 17. Juli 1887 entstanden, <datewhen="1887-07-17">am 17. Juli 1887</date> an Druckerei geschickt. Abhandlung in 18 Abschnitten, Titel vermutlich „Jenseits von Gut und Schlecht? Eine philosophische Streitschrift“; Titelblatt und §1 nicht erhalten geblieben, §2-18 weitgehend GM I 1-17 entsprechend. Von der Druckerei unbearbeitet geblieben, da von N drei Tage später bereits zurückverlangt.</change>
<changexml:id="GM01MsBack">Dm (erste Dm-Fassung vom 17. Juli 1887) <datewhen="1887-07-20">am 20. Juli 1887</date> telegraphisch von der Druckerei zurückverlangt.</change>
<changexml:id="TertullianPassage">Nachtrag der Tertullian-Stelle in GM I 15, <datenotBefore="1887-07-20"notAfter="1887-07-29">nach dem 20. Juli, vor Ende Juli 1887</date>. In der ersten, am 17. Juli an die Druckerei geschickten Dm-Fassung mit Hinweis für den Setzer (a17r: „<hirend="underline">Lücke</hi>.“) ausgelassen, da N den Tertullian-Text nicht zur Hand hatte. Mit Brief vom 17. Juli bei F. Overbeck um den Text nachgefragt und diesen wahrscheinlich nur wenige Tage später zugeschickt bekommen. Ns Abschrift daraufhin von ihm selbst als eingelegtes Blatt (a18rv) dem Dm, das er am 20. Juli von der Druckerei zurückverlangt hatte, hinzugefügt.</change>
<changexml:id="GM01finalVersion">Finale Version von GM I, <datenotBefore="1887-07-20"notAfter="1887-07-29">nach dem 20. Juli, vor Ende Juli 1887</date>. Entfernung von ursprünglichem Titelblatt und §1 der ersten Dm-Fassung, nicht erhalten geblieben; Umnummerierung von §2-18 zu GM I 1-17, im Dm nur bei der ersten Nummer eigenhändig ausgeführt.</change>
<changexml:id="GM02abortedVersion">Erste Version von GM II, nach §1-11 abgebrochen, <datenotBefore="1887-07-20"notAfter="1887-07-29">nach dem 20. Juli, vor Ende Juli 1887</date>. Nur fragmentarisch erhalten geblieben, in Teilen GM II 1-8 und 11-13 entsprechend.</change>
<changexml:id="GMdefiniteTitle">Erstmalige Erwähnung des definitiven Titels „[Z]ur Genealogie der Moral. Eine Streitschrift“ in einer Postkarte an H. Köselitz vom <datewhen="1887-07-24">24. Juli 1887</date>.</change>
<changexml:id="GM02revision">Um- und Ausarbeitung von §1-11 der abgebrochenen ersten Version zu GM II 1-13, gegen <datenotBefore="1887-07-20"notAfter="1887-07-29">Ende Juli 1887</date>. Ersetzung von §1, §2 und §7 durch GM II 1, 2 und 7, Erweiterungen, Ergänzungen und ggf. Umnummerierungen von §6 (GM II 6), §9 (GM II 11) und §10 (GM II 12), zwei neue Abschnitte eingefügt mit GM II 9-10.</change>
<changexml:id="GM02completion">Niederschrift von GM II 14-24 nach Umabrbeitung von GM II 1-13, gegen <datenotBefore="1887-07-20"notAfter="1887-07-29">Ende Juli 1887</date>.</change>
<changexml:id="GMfrontRecord">Niederschrift von GM Vorrede 1-7 und Titelblatt, nach oder während der Vollendung von GM II 1-24, gegen <datenotBefore="1887-07-20"notAfter="1887-07-29">Ende Juli 1887</date>.</change><!-- GSA?! Vorrede/Titelblatt sieht doch deutlich weniger braun aus als das übrige Braun2!? -->
<changexml:id="GM01-02finalVersion">Dm von GM I-II <datewhen="1887-07-30">am 30. Juli 1887</date> an Druckerei geschickt. Titelblatt, Vorrede 1-7, GM I-II (exklusive der nachträglichen Textänderungen zu GM II und Vorrede).</change><!-- gem. 8.8. an Kö: am 30.7. verschickt! Br an CGN aber 29.7. -->
<changexml:id="GM02addenda">Nachträgliche Textänderungen zu GM II, teilweise von Druckerei-Mitarbeiter in Dm eingetragen; Ns schriftliche Anordnungen nur zum Teil überliefert. Genauer Zeitpunkt nicht ermittelt, <datenotBefore="1887-07-31"notAfter="1887-09-30">frühestens Ende Juli, spätestens Anfang September 1887</date>.</change>
<changexml:id="GMVorrede06-07addenda">Nachträgliche Textänderungen zu GM Vorrede 6-7, von Druckerei-Mitarbeiter in Dm eingetragen; Ns Anordnungen nicht überliefert. Genauer Zeitpunkt nicht ermittelt, <datenotBefore="1887-07-31"notAfter="1887-10-15">frühestens Ende Juli, spätestens Anfang/Mitte Oktober 1887</date>.</change>
<changexml:id="proofreading">Bogenkorrekturen zu GM I-II, GM III und Titelei <datefrom="1887-08-09"to="1887-10-19">vom 9. August bis 19. Oktober 1887</date>: 12½ Bogen, Korrektur gelesen von N in Sils und Köselitz in Venedig, die letzten 5½ Bogen Ende September bis Mitte Oktober gemeinsam in Venedig.</change>
<changexml:id="GM03firstVersion">Erste Version von GM III in 22 Abschnitten (später GM III 2-23) <datenotBefore="1887-08-01"notAfter="1887-08-20">Anfang/Mitte August 1887</date>.</change>
<changexml:id="GM03completion">Ergänzung und Erweiterung der ersten Version von GM III zur finalen Version von GM III, gegen <datenotBefore="1887-08-15"notAfter="1887-08-28">Ende August 1887</date>. Neuer Anfangsabschnitt GM III 1, Umnummerierung von §1-22 zu GM III 2-23, fünf neue Abschnitte GM III 24-28, Inhaltsverzeichnis zu GM I-III.</change>
<changexml:id="GMVorrede08record">Niederschrift von GM Vorrede 8, gegen <datenotBefore="1887-08-15"notAfter="1887-08-28">Ende August 1887</date>.</change>
<changexml:id="GM03finalVersion">Dm von GM III <datewhen="1887-08-28">am 28. August 1887</date> an Druckerei geschickt: GM III, Vorrede 8, Inhaltsverzeichnis.</change>
<changexml:id="GMVorrede08Addendum">Nachträgliche Textänderung zu GM Vorrede 8, von Druckerei-Mitarbeiter in Dm eingetragen; Ns Anordnung nicht überliefert. Genauer Zeitpunkt nicht ermittelt, <datenotBefore="1887-08-01"notAfter="1887-10-15">frühestens Ende August, spätestens Anfang/Mitte Oktober 1887</date>.</change>
<changexml:id="proofreadingCb12Titel">Notizen von Köselitz zur Korrektur der letzten beiden Bogen, Cb 12 und Cb Titel, nicht überliefert, <datenotBefore="1887-10-15"notAfter="1887-10-18">Mitte Oktober 1887</date>.</change>
<changexml:id="proofreadingCbTitel">Nachtrag zur Korrektur des Titelbogens, von Köselitz in Dm eingetragen, vermutlich <datewhen="1887-10-18">am 18. Oktober 1887</date>. Vgl. <reftarget="#KGB_KSB"n="III5/8, Nr. 928">N an Naumann, 18.10.1887 (in KGB/KSB mit Fehllesung „hundertartige“, recte: „hundertactige“)</ref>.</change>
<changexml:id="distribution">Die ersten fertigen Exemplare am <datewhen="1887-11-10">10. November 1887</date> von der Druckerei an N und H. Köselitz verschickt.</change>
<handNotexml:id="typesetter_black"scribe="typesetter"medium="black ink"scope="minor">Schwarze Tinte, fHd (N.N., Druckerei)<notetype="msDesc">In einer dem Dm beiliegenden Archivnotiz fälschlicherweise wegen ähnlicher Handschrift Louise Röder-Wiederhold zugeschrieben.</note>
</handNote>
<handNotexml:id="typesetter_red"scribe="typesetter"medium="red pencil"scope="minor">Rotstift, fHd (Druckerei)<notetype="msDesc">Satztechnische Markierungen und Hinweise von Mitarbeitern der Druckerei.</note>
</handNote>
<handNotexml:id="typesetter_blue"scribe="typesetter"medium="red pencil"scope="minor">Blaustift, fHd (Druckerei)<notetype="msDesc">Satztechnische Markierungen und Hinweise von Mitarbeitern der Druckerei.</note>
</handNote>
<handNotexml:id="N-Archiv_red"scribe="N-Archiv"medium="red pencil"scope="minor">Rotstift, fHd (N-Archiv)<notetype="msDesc">Paginierung(en) sowie editorische Markierungen und Anmerkungen von Mitarbeitern des Weimarer Nietzsche-Archivs.</note>
</handNote>
<handNotexml:id="N-Archiv_blue"scribe="N-Archiv"medium="blue pencil"scope="minor">Blaustift, fHd (N-Archiv)<notetype="msDesc">Editorische Markierungen und Anmerkungen von Mitarbeitern des Weimarer Nietzsche-Archivs.</note>
<certaintymatch="@scribe"locus="value"cert="medium"/>Rote Tinte, fHd (N-Archiv?)<notetype="msDesc">Markierung orthographischer Unregelmäßigkeiten und Fehler.</note>
</handNote>
<handNotexml:id="GSA_pencil"scribe="GSA"medium="pencil"scope="minor">Bleistift, fHd (GSA)<notetype="msDesc">Foliierung durch Mitarbeiter:in des Goethe- und Schiller-Archivs.</note>
</handNote>
<handNotexml:id="notIdentified_black"scribe="notIdentified"medium="black ink"scope="minor">Schwarze Tinte (3), Zuordnung unklar<notetype="msDesc">b19r: Schraffurstreichung und Pagina in differenter schwarzer Tinte, egh oder fHd?</note>
</handNote><!-- so? oder so seitenspezifische notes besser auf der entsprechenden Seite selbst geben?! -->
<notetype="editorial"xml:id="a23r_note_d2e48">darunter radierte Streichung mit Rotstift (N-Archiv) erkennbar, das Gestrichene nicht mehr erkennbar, möglicherweise „17.“ mit Rotstift (Druckerei?)</note>
<lbn="1"xml:id="a23r_lb1"/>Sieden des Verbrechers in Öl oder Wein (<addxml:id="substAdd1_a23r"place="above"rend="insM"seq="1">noch im </add>vierzehnte<substxml:id="subst1a_a23r"seq="1"><delrend="overwritten">s</del><addplace="superimposed"xml:id="a23r_add_d2e71">n</add></subst> und fünfzehnte<substxml:id="subst1b_a23r"seq="1"><delrend="overwritten">s</del><addplace="superimposed"xml:id="a23r_add_d2e77">n</add></subst> Jahrhundert), das beliebte Schinden („Riemen<pcforce="weak">-</pc>
<lbn="2"xml:id="a23r_lb2"/>schneiden“), das Herausschneiden des Fleisches aus der Brust; auch wohl daß man den Übelthäter mit Honig
<lbn="3"xml:id="a23r_lb3"/>bestrich und bei brennender Sonne den Fliegen überließ. Mit Hülfe solcher Bilder und Vorgänge behält man end<pcforce="weak">-</pc>
<lbn="4"xml:id="a23r_lb4"/>lich fünf, sechs „ich will nicht“ im Gedächtnisse, in Bezug auf welche man sein <hirend="underline">Versprechen</hi> gegeben hat, um unter
<lbn="5"xml:id="a23r_lb5"/>den Vortheilen der Societät zu leben – und wirklich! mit Hülfe dieser Art von Gedächtniß kam man endlich
<lbn="6"xml:id="a23r_lb6"/>„zur Vernunft“! – Ah, die Vernunft, der Ernst, die Herrschaft <milestoneunit="page"edRef="#Ed"n="48"/>über die Affekte, diese ganze düstere Sache, welche
<lbn="7"xml:id="a23r_lb7"/>Nachdenken heißt, alle diese Vorrechte und Prunkstücke des Menschen: wie theuer haben sie sich gezahlt gemacht!
<lbn="8"xml:id="a23r_lb8"/>wie viel Blut und Grausen ist auf dem Grunde aller „guten Dinge“!…
<lbn="10"xml:id="a23r_lb10"/>Aber <addplace="above"rend="insM"xml:id="a23r_add_d2e120">wie ist denn jene andre „düstre Sache“, das Bewußtsein der Schuld, das ganze „schlechte Gewissen“ auf Erden entstanden? – Und hiermit</add> kommen wir auf unsre Genealogen der Moral zurück. Nochmals gesagt – oder habe ich’s noch gar nicht gesagt? – sie tau<pcforce="weak">-</pc>
<lbn="11"xml:id="a23r_lb11"/>gen nichts. Eine fünfspannenlange eigne <addplace="above"rend="insM"xml:id="a23r_add_d2e128">bloß „moderne“</add> Erfahrung; kein Wissen, kein Wille zum Wissen<addplace="above"rend="insM"xml:id="a23r_add_d2e132"> des Vergangnen</add>; noch weniger ein historischer In<pcforce="weak">-</pc>
<lbn="12"xml:id="a23r_lb12"/>stinkt<substxml:id="a23r_subst_d2e140"><addplace="inline"xml:id="a23r_add_d2e141">,</add><delrend="hatching">und</del><addplace="above"rend="insM"xml:id="a23r_add_d2e146">ein hier gerade nöthiges</add></subst> „zweites Gesicht“ – und dennoch Geschichte der Moral treiben: das <substxml:id="subst2_a23r"seq="1"><delrend="hatching">endet</del><addplace="above"rend="insM"xml:id="a23r_add_d2e152">muß</add></subst> billigerweise mit Ergebnissen<addxml:id="substAdd2_a23r"place="above"rend="insM"seq="1"> enden</add>, die zur
<lbn="13"xml:id="a23r_lb13"/>Wahrheit in einem nicht bloß spröden Verhältnisse stehn. Haben sich diese bisherigen Genealogen der Moral auch nur von
<lbn="14"xml:id="a23r_lb14"/>Ferne etwas davon träumen lassen, daß zum Beispiel <substxml:id="a23r_subst_d2e164"><addplace="above"rend="insM"xml:id="a23r_add_d2e165">jener</add><delrend="hatching">der</del></subst> moralische <substxml:id="a23r_subst_d2e170"><addplace="above"rend="insM"xml:id="a23r_add_d2e171">Hauptbegriff</add><delrend="hatching">Begriff</del></subst> „Schuld“ seine Herkunft aus dem sehr ma<pcforce="weak">-</pc>
<lbn="15"xml:id="a23r_lb15"/>teriellen Begriff „Schulden“ genommen hat? Oder daß die Strafe <addplace="above"rend="insM"xml:id="a23r_add_d2e182">als eine <hirend="underline">Vergeltung</hi></add> sich vollkommen abseits von jeder Voraussetzung
<lbn="16"xml:id="a23r_lb16"/>über Freiheit oder Unfreiheit des Willens entwickelt hat? – und dies bis zu dem Grade, daß es vielmehr immer erst einer
<lbn="17"xml:id="a23r_lb17"/>hohen Stufe der <delrend="strikethrough">„</del>Vermenschlichung<delrend="strikethrough">“</del> bedarf, damit <substxml:id="a23r_subst_d2e198"><addplace="above"rend="insM"xml:id="a23r_add_d2e199">das Thier „Mensch“</add><delrend="hatching">ein Volk</del></subst> anfängt, jene viel primitiveren Unterscheidungen „absichtlich“ „fahr<pcforce="weak">-</pc>
<lbn="18"xml:id="a23r_lb18"/>lässig“ „zufällig“ „zurechnungsfähig“ und deren Gegensätze zu machen und bei der Zumessung der Strafe in Anschlag zu bringen.
<lbn="19"xml:id="a23r_lb19"/>Jener jetzt so wohlfeile und <milestoneunit="section"type="signature"edRef="#Ed"n="Bogen4"/><milestoneunit="page"edRef="#Ed"n="49"/>scheinbar so natürliche, so unvermeidliche Gedanke, der wohl gar zur Erklärung, wie überhaupt das
<lbn="20"xml:id="a23r_lb20"/>Gerechtigkeitsgefühl auf Erden zu Stande gekommen ist, hat herhalten müssen „der Verbrecher verdient Strafe, <hirend="underline">weil</hi> er
<lbn="21"xml:id="a23r_lb21"/>hätte anders handeln können“ ist thatsächlich eine überaus spät erreichte, ja raffinirte Form des menschlichen Urtheilens
<lbn="22"xml:id="a23r_lb22"/>und Schließens; wer sie in die Anfänge verlegt, vergreift sich mit groben Fingern an der Psychologie der älteren Mensch<pcforce="weak">-</pc>
<lbn="23"xml:id="a23r_lb23"/>heit. Es ist die längste Zeit der menschlichen Geschichte hindurch durchaus <hirend="underline">nicht</hi> gestraft worden, <hirend="underline">weil</hi> man den Übelan<pcforce="weak">-</pc>
<lbn="24"xml:id="a23r_lb24"/>stifter für seine That verantwortlich machte, also <hirend="underline">nicht</hi><substxml:id="a23r_subst_d2e244"><addplace="above"rend="insM"xml:id="a23r_add_d2e245">unter der Voraussetzung, daß nur der Schuldige zu strafen sei</add><delrend="hatching">zur</del><delrend="hatching">Vergebung einer Schuld</del></subst>: – vielmehr, so wie jetzt noch
<lbn="25"xml:id="a23r_lb25"/>Eltern ihre Kinder strafen, aus Zorn über einen erlittenen Schaden, <addplace="above"rend="insM"xml:id="a23r_add_d2e256">der sich am Schädiger ausläßt –</add> dieser Zorn aber in Schranken gehalten und mo<pcforce="weak">-</pc>
<lbn="26"xml:id="a23r_lb26"/>difizirt durch <delrend="hatching"instant="true">jene</del> die Idee, daß jeder Schaden <addplace="above"rend="insM"xml:id="a23r_add_d2e267">irgend worin</add> sein <hirend="underline">Äquivalent</hi> habe und wirklich abgezahlt werden könne – sei es
<lbn="27"xml:id="a23r_lb27"/>selbst durch einen Schmerz des Schädigers<substxml:id="a23r_subst_d2e276"><delrend="overwritten">.</del><addplace="superimposed"xml:id="a23r_add_d2e279">. –</add></subst> Woher diese uralte, tiefgewurzelte, vielleicht jetzt nicht mehr ausrottbare
<lbn="28"xml:id="a23r_lb28"/>Idee <addplace="above"rend="insM"seq="1"xml:id="a23r_add_d2e284"><delxml:id="substDel3a_a23r"rend="hatching"seq="2">der Äquivalenz von Schaden und Leid</del></add> ihre Macht genommen hat<substxml:id="a23r_subst_d2e288"><addxml:id="substAdd3a_a23r"place="inline"seq="2">, </add><addxml:id="substAdd3b_a23r"place="above"rend="insM"seq="2">die <retrace>I</retrace>dee einer Äquivalenz von Schaden und <substxml:id="a23r_subst_d2e295"><delrend="hatching"seq="3">Leid?</del><addplace="inline"rend="insMExt"seq="3"xml:id="a23r_add_d2e299">Schmerz?</add></subst></add><delxml:id="substDel3b_a23r"rend="hatching"seq="2">?</del></subst> Ich habe es bereits verrathen: in dem Vertragsverhältniß zwischen <hirend="underline">Gläubiger</hi> und
<lbn="29"xml:id="a23r_lb29"/><hirend="underline">Schuldner</hi>, das so alt ist als es überhaupt „Rechtssubjekte“ giebt und seinerseits wieder auf die Grundformen von
<lbn="30"xml:id="a23r_lb30"/>Kauf, Verkauf, Tausch, Handel und Wandel zurückweist.</p></div2>
<lbn="32"xml:id="a23r_lb32"/>Die Vergegenwärtigung dieser Vertragsverhältnisse weckt allerdings, wie es nach dem <substxml:id="a23r_subst_d2e327"><addplace="above"rend="insM"xml:id="a23r_add_d2e328">Voraus-Bemerkten</add><delrend="hatching">vorangehenden Paragraphen</del></subst>
<lbn="33"xml:id="a23r_lb33"/>von vornherein zu erwarten steht, gegen die ältere <milestoneunit="page"edRef="#Ed"n="50"/>Menschheit, die sie schuf oder gestattete, mancherlei Verdacht
<lbn="34"xml:id="a23r_lb34"/>und Widerstand. Hier gerade wird <hirend="underline">versprochen</hi>; hier gerade handelt es sich darum, dem, der verspricht, ein Gedächt<pcforce="weak">-</pc>
<lbn="35"xml:id="a23r_lb35"/>niß zu <hirend="underline">machen</hi>; hier gerade, so darf man argwöhnen, wird eine Fundstätte für Hartes, Grausames, Peinliches sein. Der
<lbn="36"xml:id="a23r_lb36"/>Schuldner, um Vertrauen für sein Versprechen der Zurückbezahlung einzuflößen, um eine Bürgschaft für den Ernst und
<lbn="37"xml:id="a23r_lb37"/>die Heiligkeit seines Versprechens zu geben, um bei sich selbst die Zurechtbezahlung als Pflicht, Verpflichtung seinem
<lbn="38"xml:id="a23r_lb38"/>Gewissen einzuschärfen, verpfändet Kraft eines Vertrags dem Gläubiger für den Fall, daß er nicht zahlt, etwas, das <addplace="above"rend="insM"xml:id="a23r_add_d2e358">er</add> sonst
</p>
</div2></div1></body>
</text>
<sourceDoc><surfacexml:id="srcD_surface_a23r"type="relative"start="#a23r"facs="#D-20a_17"><zonexml:id="srcD_zone_a23r_div2_d2e58"start="#a23r_div2_d2e58"type="firstBlock"style="padding-top:5em;"><zonexml:id="srcD_zone_a23r_fw_d2e26"type="fw-top-right"start="#a23r_fw_d2e26"><fwtype="pageNumber"hand="#N-Archiv_red"place="top-right"corresp="#a23r_fw_d2e26"><delrend="erased">20</del></fw></zone><zonexml:id="srcD_zone_a23r_fw_d2e30"type="fw-top-right"start="#a23r_fw_d2e30"style="left:52.4448em;top:1.375em;"><fwtype="pageNumber"hand="#N-Archiv_red"place="top-right"corresp="#a23r_fw_d2e30">17.<anchorcorresp="#appAnchor_a23r"/></fw></zone><linexml:id="srcD_line_a23r_lb1"start="#a23r_lb1"n="1">Sieden des Verbrechers in Öl oder Wein (<metamarkxml:id="srcD_metamark_substAdd1_a23r"function="insertion"rend="inWord"><addplace="above"corresp="#substAdd1_a23r">noch im </add></metamark>vierzehnte<delrend="overwritten"cause="#a23r_add_d2e71">s</del><addplace="superimposed"corresp="#a23r_add_d2e71">n</add> und fünfzehnte<delrend="overwritten"cause="#a23r_add_d2e77">s</del><addplace="superimposed"corresp="#a23r_add_d2e77">n</add> Jahrhundert), das beliebte Schinden („Riemen<pcforce="weak">-</pc>
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb2"start="#a23r_lb2"n="2">schneiden“), das Herausschneiden des Fleisches aus der Brust; auch wohl daß man den Übelthäter mit Honig
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb3"start="#a23r_lb3"n="3">bestrich und bei brennender Sonne den Fliegen überließ. Mit Hülfe solcher Bilder und Vorgänge behält man end<pcforce="weak">-</pc>
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb4"start="#a23r_lb4"n="4">lich fünf, sechs „ich will nicht“ im Gedächtnisse, in Bezug auf welche man sein <hirend="underline">Versprechen</hi> gegeben hat, um unter
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb5"start="#a23r_lb5"n="5">den Vortheilen der Societät zu leben – und wirklich! mit Hülfe dieser Art von Gedächtniß kam man endlich
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb6"start="#a23r_lb6"n="6">„zur Vernunft“! – Ah, die Vernunft, der Ernst, die Herrschaft <milestoneunit="page"edRef="#Ed"n="48"/>über die Affekte, diese ganze düstere Sache, welche
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb7"start="#a23r_lb7"n="7">Nachdenken heißt, alle diese Vorrechte und Prunkstücke des Menschen: wie theuer haben sie sich gezahlt gemacht!
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb8"start="#a23r_lb8"n="8">wie viel Blut und Grausen ist auf dem Grunde aller „guten Dinge“!…
</zone></line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb10"start="#a23r_lb10"n="10">Aber <metamarkxml:id="srcD_metamark_a23r_add_d2e120"function="insertion"rend="inSpatium"><addplace="above"corresp="#a23r_add_d2e120">wie ist denn jene andre „düstre Sache“, das Bewußtsein der Schuld, das ganze „schlechte Gewissen“ auf Erden entstanden? – Und hiermit</add></metamark> kommen wir auf unsre Genealogen der Moral zurück. Nochmals gesagt – oder habe ich’s noch gar nicht gesagt? – sie tau<pcforce="weak">-</pc>
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb11"start="#a23r_lb11"n="11">gen nichts. Eine fünfspannenlange eigne <metamarkxml:id="srcD_metamark_a23r_add_d2e128"function="insertion"rend="inSpatium"><addplace="above"corresp="#a23r_add_d2e128">bloß „moderne“</add></metamark> Erfahrung; kein Wissen, kein Wille zum Wissen<metamarkxml:id="srcD_metamark_a23r_add_d2e132"function="insertion"rend="beforePunctuation"><addplace="above"corresp="#a23r_add_d2e132"> des Vergangnen</add></metamark>; noch weniger ein historischer In<pcforce="weak">-</pc>
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb12"start="#a23r_lb12"n="12">stinkt<addplace="inline"corresp="#a23r_add_d2e141">,</add><delrend="hatching">und</del><metamarkxml:id="srcD_metamark_a23r_add_d2e146"function="insertion"rend="afterWord"><addplace="above"corresp="#a23r_add_d2e146">ein hier gerade nöthiges</add></metamark> „zweites Gesicht“ – und dennoch Geschichte der Moral treiben: das <delrend="hatching">endet</del><metamarkxml:id="srcD_metamark_a23r_add_d2e152"function="insertion"rend="afterWord"><addplace="above"corresp="#a23r_add_d2e152">muß</add></metamark> billigerweise mit Ergebnissen<metamarkxml:id="srcD_metamark_substAdd2_a23r"function="insertion"rend="beforePunctuation"><addplace="above"corresp="#substAdd2_a23r"> enden</add></metamark>, die zur
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb13"start="#a23r_lb13"n="13">Wahrheit in einem nicht bloß spröden Verhältnisse stehn. Haben sich diese bisherigen Genealogen der Moral auch nur von
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb14"start="#a23r_lb14"n="14">Ferne etwas davon träumen lassen, daß zum Beispiel <metamarkxml:id="srcD_metamark_a23r_add_d2e165"function="insertion"><addplace="above"corresp="#a23r_add_d2e165">jener</add></metamark><delrend="hatching">der</del> moralische <metamarkxml:id="srcD_metamark_a23r_add_d2e171"function="insertion"><addplace="above"corresp="#a23r_add_d2e171">Hauptbegriff</add></metamark><delrend="hatching">Begriff</del> „Schuld“ seine Herkunft aus dem sehr ma<pcforce="weak">-</pc>
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb15"start="#a23r_lb15"n="15">teriellen Begriff „Schulden“ genommen hat? Oder daß die Strafe <metamarkxml:id="srcD_metamark_a23r_add_d2e182"function="insertion"><addplace="above"corresp="#a23r_add_d2e182">als eine <hirend="underline">Vergeltung</hi></add></metamark> sich vollkommen abseits von jeder Voraussetzung
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb16"start="#a23r_lb16"n="16">über Freiheit oder Unfreiheit des Willens entwickelt hat? – und dies bis zu dem Grade, daß es vielmehr immer erst einer
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb17"start="#a23r_lb17"n="17">hohen Stufe der <delrend="strikethrough">„</del>Vermenschlichung<delrend="strikethrough">“</del> bedarf, damit <metamarkxml:id="srcD_metamark_a23r_add_d2e199"function="insertion"><addplace="above"corresp="#a23r_add_d2e199">das Thier „Mensch“</add></metamark><delrend="hatching">ein Volk</del> anfängt, jene viel primitiveren Unterscheidungen „absichtlich“ „fahr<pcforce="weak">-</pc>
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb18"start="#a23r_lb18"n="18">lässig“ „zufällig“ „zurechnungsfähig“ und deren Gegensätze zu machen und bei der Zumessung der Strafe in Anschlag zu bringen.
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb19"start="#a23r_lb19"n="19">Jener jetzt so wohlfeile und <milestoneunit="section"type="signature"edRef="#Ed"n="Bogen4"/><milestoneunit="page"edRef="#Ed"n="49"/>scheinbar so natürliche, so unvermeidliche Gedanke, der wohl gar zur Erklärung, wie überhaupt das
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb20"start="#a23r_lb20"n="20">Gerechtigkeitsgefühl auf Erden zu Stande gekommen ist, hat herhalten müssen „der Verbrecher verdient Strafe, <hirend="underline">weil</hi> er
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb21"start="#a23r_lb21"n="21">hätte anders handeln können“ ist thatsächlich eine überaus spät erreichte, ja raffinirte Form des menschlichen Urtheilens
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb22"start="#a23r_lb22"n="22">und Schließens; wer sie in die Anfänge verlegt, vergreift sich mit groben Fingern an der Psychologie der älteren Mensch<pcforce="weak">-</pc>
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb23"start="#a23r_lb23"n="23">heit. Es ist die längste Zeit der menschlichen Geschichte hindurch durchaus <hirend="underline">nicht</hi> gestraft worden, <hirend="underline">weil</hi> man den Übelan<pcforce="weak">-</pc>
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb24"start="#a23r_lb24"n="24">stifter für seine That verantwortlich machte, also <hirend="underline">nicht</hi><metamarkxml:id="srcD_metamark_a23r_add_d2e245"function="insertion"><addplace="above"corresp="#a23r_add_d2e245">unter der Voraussetzung, daß nur der Schuldige zu strafen sei</add></metamark><delrend="hatching">zur</del><delrend="hatching">Vergebung einer Schuld</del>: – vielmehr, so wie jetzt noch
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb25"start="#a23r_lb25"n="25">Eltern ihre Kinder strafen, aus Zorn über einen erlittenen Schaden, <metamarkxml:id="srcD_metamark_a23r_add_d2e256"function="insertion"rend="inSpatium"><addplace="above"corresp="#a23r_add_d2e256">der sich am Schädiger ausläßt –</add></metamark> dieser Zorn aber in Schranken gehalten und mo<pcforce="weak">-</pc>
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb26"start="#a23r_lb26"n="26">difizirt durch <delrend="hatching"instant="true">jene</del> die Idee, daß jeder Schaden <metamarkxml:id="srcD_metamark_a23r_add_d2e267"function="insertion"rend="inSpatium"><addplace="above"corresp="#a23r_add_d2e267">irgend worin</add></metamark> sein <hirend="underline">Äquivalent</hi> habe und wirklich abgezahlt werden könne – sei es
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb27"start="#a23r_lb27"n="27">selbst durch einen Schmerz des Schädigers<delrend="overwritten"cause="#a23r_add_d2e279">.</del><addplace="superimposed"corresp="#a23r_add_d2e279">. –</add> Woher diese uralte, tiefgewurzelte, vielleicht jetzt nicht mehr ausrottbare
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb28"start="#a23r_lb28"n="28">Idee <metamarkxml:id="srcD_metamark_a23r_add_d2e284"function="insertion"rend="inSpatium"style="top:-0.125em;height:1.4375em;"><addplace="above"corresp="#a23r_add_d2e284"style="left:-2.65625em;"><delcorresp="#substDel3a_a23r"rend="hatching">der Äquivalenz von Schaden und Leid</del></add></metamark> ihre Macht genommen hat<addcorresp="#substAdd3a_a23r"place="inline">, </add><metamarkxml:id="srcD_metamark_substAdd3b_a23r"function="insertion"rend="beforePunctuation"><addplace="above"corresp="#substAdd3b_a23r">die <retrace>I</retrace>dee einer Äquivalenz von Schaden und <delrend="hatching">Leid?</del><addplace="inline"rend="insMExt"corresp="#a23r_add_d2e299">Schmerz?</add></add></metamark><delcorresp="#substDel3b_a23r"rend="hatching">?</del> Ich habe es bereits verrathen: in dem Vertragsverhältniß zwischen <hirend="underline">Gläubiger</hi> und
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb29"start="#a23r_lb29"n="29"><hirend="underline">Schuldner</hi>, das so alt ist als es überhaupt „Rechtssubjekte“ giebt und seinerseits wieder auf die Grundformen von
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb30"start="#a23r_lb30"n="30">Kauf, Verkauf, Tausch, Handel und Wandel zurückweist.
</zone></line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb32"start="#a23r_lb32"n="32">Die Vergegenwärtigung dieser Vertragsverhältnisse weckt allerdings, wie es nach dem <metamarkxml:id="srcD_metamark_a23r_add_d2e328"function="insertion"><addplace="above"corresp="#a23r_add_d2e328">Voraus-Bemerkten</add></metamark><delrend="hatching">vorangehenden Paragraphen</del>
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb33"start="#a23r_lb33"n="33">von vornherein zu erwarten steht, gegen die ältere <milestoneunit="page"edRef="#Ed"n="50"/>Menschheit, die sie schuf oder gestattete, mancherlei Verdacht
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb34"start="#a23r_lb34"n="34">und Widerstand. Hier gerade wird <hirend="underline">versprochen</hi>; hier gerade handelt es sich darum, dem, der verspricht, ein Gedächt<pcforce="weak">-</pc>
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb35"start="#a23r_lb35"n="35">niß zu <hirend="underline">machen</hi>; hier gerade, so darf man argwöhnen, wird eine Fundstätte für Hartes, Grausames, Peinliches sein. Der
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb36"start="#a23r_lb36"n="36">Schuldner, um Vertrauen für sein Versprechen der Zurückbezahlung einzuflößen, um eine Bürgschaft für den Ernst und
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb37"start="#a23r_lb37"n="37">die Heiligkeit seines Versprechens zu geben, um bei sich selbst die Zurechtbezahlung als Pflicht, Verpflichtung seinem
</line><linexml:id="srcD_line_a23r_lb38"start="#a23r_lb38"n="38">Gewissen einzuschärfen, verpfändet Kraft eines Vertrags dem Gläubiger für den Fall, daß er nicht zahlt, etwas, das <metamarkxml:id="srcD_metamark_a23r_add_d2e358"function="insertion"rend="inSpatium"><addplace="above"corresp="#a23r_add_d2e358">er</add></metamark> sonst